Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Entscheidung über die Entstehung eines Verlustes; Streitwert bei Festsetzung der Einkommensteuer für das Verlustentstehungsjahr auf ohnedies null DM

 

Leitsatz (NV)

1. Darüber, ob überhaupt ein Verlust i. S. des § 10d EStG entstanden ist, wird im Verfahren für das Jahr entschieden, in dem sich ein solcher Verlust erstmals auswirkt.

2. Begehrt ein Kläger die Entscheidung gleichwohl für das Jahr der behaupteten Entstehung des Verlustes und hat das Finanzamt die Einkommensteuer für dieses Jahr unabhängig von den streitigen Einkünften bereits auf null DM festgesetzt, so ist der Streitwert auf 4 000 DM zu bestimmen.

 

Normenkette

EStG § 10d; FGO § 115 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; GKG § 13 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hatte die Einkommensteuerschuld des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) im Rahmen der allgemeinen Veranlagung für das Streitjahr 1976 auf null DM festgesetzt; das zu versteuernde Einkommen hatte sich dabei auf ./. 70 472 DM belaufen. Im Anschluß an eine beim Kläger durchgeführte Steuerfahndungsprüfung erließ das FA den angefochtenen Änderungsbescheid. Dieser wies neuerlich eine Einkommensteuerschuld von null DM aus; doch lag der Steuerfestsetzung nunmehr ein zu versteuerndes Einkommen von 276 DM zugrunde. Das FA hatte inbesondere angenommen, der Kläger habe im Streitjahr auch als Einzelunternehmer gewerbliche Einkünfte (in Höhe von 71 145 DM) erzielt.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage wegen fehlender Beschwer des Klägers als unzulässig ab.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Er macht geltend, ihm sei aufgrund der ursprünglichen Veranlagung für 1976 auch bereits ein Verlustabzug für 1975 gewährt worden. Die Feststellung der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte im angefochtenen (Änderungs-)Bescheid habe daher nach § 10d Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid 1975. Die Rechtslage im Streitfall sei mit jener im Fall des Beschlusses des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Mai 1983 I R 263/82 (BFHE 138, 409, BStBl II 1983, 602) zu § 47 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1977 vergleichbar.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Nach § 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet eine Revision, die - wie im Streitfall - nicht zugelassen oder zulassungsfrei ist, nur statt, wenn der Wert des Streitgegenstandes 10 000 DM übersteigt. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt; der Wert des Streitgegenstandes beträgt nur 4 000 DM.

1. Der für die Revisionssumme maßgebende Streitwert richtet sich grundsätzlich nach dem finanziellen Interesse, das den Anträgen des Revisionsklägers zugrunde liegt (s. hierzu z. B. die BFH-Entscheidungen vom 20. Juli 1982 VII B 154/81, BFHE 136, 195, BStBl II 1982, 705, und vom 24. November 1982 I R 195/82, BFHE 137, 390, BStBl II 1983, 331).

Bei der Bemessung dieses Interesses ist jedoch davon auszugehen, daß die Höhe eines Verlustabzugs oder Verlustrücktrags (anders als etwa nach § 10a Abs. 1 Satz 3 EStG oder nach § 180 der Abgabenordnung - AO 1977 -) nicht einheitlich (gesondert) festgestellt wird. Über die Höhe des Verlustes i. S. des § 10d EStG wird abschließend in dem Jahr entschieden, in dem sich der Verlust voll auswirkt (Urteile des BFH vom 12. Januar 1966 I R 184/63, BFHE 85, 161, BStBl III 1966, 270, und vom 8. Dezember 1982 VIII R 53/82, BFHE 139, 28, BStBl II 1983, 710). Gleiches gilt auch für die Entscheidung darüber, ob überhaupt ein Verlust in diesem Sinne entstanden ist. Insofern ist die Rechtslage bei der Einkommensteuer mit der der Körperschaftsteuer 1977 (s. hierzu das Urteil in BFHE 138, 409, BStBl II 1983, 602) nicht vergleichbar. Damit kommt der Frage, ob der Kläger im Streitjahr auch als Einzelunternehmer gewerbliche Einkünfte (in Höhe von 71 145 DM) erzielt hat, für die Streitwertbemessung keine Bedeutung zu.

Es kann aber auch nicht auf einen (im Streitjahr) unmittelbar im Streit befangenen Steuerbetrag (s. hierzu z. B. das Urteil in BFHE 137, 390, BStBl II 1983, 331) zurückgegriffen werden. Denn einen solchen Betrag gibt es im Streitfall nicht. Das FA hat die Steuer auch im angefochtenen (Änderungs-)Bescheid auf null DM festgesetzt.

2. Unter diesen Umständen hält es der Senat für geboten, in Anlehnung an § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes einen Streitwert von 4 000 DM anzunehmen (vgl. hierzu auch den BFH-Beschluß vom 4. Oktober 1984 VIII R 111/84, BFHE 142, 542, BStBl II 1985, 257).

 

Fundstellen

BFH/NV 1986, 159

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