Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Anordnung gegenüber Steuerberater zur Bevollmächtigtenbestellung
Leitsatz (NV)
Erhebt ein Steuerberater in eigener Sache Klage beim FG, ohne wegen nachhaltiger Erkrankung prozessual mitwirken zu können, so darf ihm das FG aufgeben, einen Bevollmächtigten zu bestellen oder einen Beistand hinzuzuziehen (Anschluß an BFH-Beschluß vom 12. 2. 1986 IV B 54/85, BFH / NV 1986, 616).
Normenkette
FGO § 62 Abs. 1 S. 2, Abs. 2; StBerG §§ 3, 4 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Steuerberater. Er hat bei dem Finanzgericht (FG) am 6. März 1984 Klage wegen der Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 1977 bis 1978 erhoben, zunächst ohne diese - trotz Fristsetzung - zu begründen. Auf die Stellungnahme des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt - FA -) zur Klage hat der Kläger erwidert, er sei, wie sich aus einem privatärztlichen Attest ergebe, zur Zeit nicht verhandlungsfähig. Aufforderungen des FG zur Vorlage eines amtsärztlichen Attestes hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit hat der Kläger nicht entsprochen. Nachdem das FA den Einkommensteuerbescheid 1978 zum Teil antragsgemäß geändert hatte, hat der Kläger auf die Anfrage des FG, ob die Klage insoweit aufrechterhalten oder zurückgenommen oder der Antrag nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestellt werde, und dem Hinweis, daß möglicherweise ein Bevollmächtigter gemäß § 62 FGO bestellt werden müsse, nicht reagiert. Darauf beschloß das FG am 21. Dezember 1987, dem Kläger gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO aufzugeben, einen Bevollmächtigten zu bestellen oder einen Beistand hinzuzuziehen. Zur Begründung seiner Anordnung führte das FG aus, der Kläger sei arbeitsunfähig krank und nicht in der Lage, sich irgendwelchen Belastungen auszusetzen. Da unter diesen Umständen die einwandfreie und sachgerechte Abwicklung des Klageverfahrens nicht gewährleistet sei (Hinweis auf Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. März 1967 VI 107 bis 108/64, VI 306-308/65, BFHE 88, 24, BStBl III 1967, 258), halte das FG die Bestellung des Bevollmächtigten oder Hinzuziehung des Beistandes für geboten.
Mit der hiergegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, bringt der Kläger vor, es bestehe kein Grund dafür, einen Bevollmächtigten zu benennen. Die Begründung des FG sei rechtlich nicht fundiert.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.
Der Kläger erfüllt als Steuerberater die Voraussetzungen zur Einlegung von Rechtsmitteln nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs. Solange der angefochtene Beschluß nicht rechtskräftig geworden ist, bleibt auch die Postulationsfähigkeit des Klägers hiervon unberührt (BFH-Beschluß vom 12. Februar 1986 IV B 54/85, BFH /NV 1986, 616). Da ein Begründungszwang für die Beschwerde in § 129 FGO nicht vorgesehen ist, steht auch die knappe Begründung der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen (vgl. Senatsbeschluß vom 16. Oktober 1984 IX B 49 /84, BFHE 142, 355, BStBl II 1985, 215).
Der Beschluß des FG ist jedoch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Über die Beschlußfassung nach § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO hat das FG nach seinem Ermessen zu entscheiden. Ein Ermessensfehler ist hier nicht erkennbar. Die Anordnung zur Bestellung eines Bevollmächtigten oder Hinzuziehung eines Beistandes gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO ist, wie das FG zutreffend ausführt, u. a. dann angezeigt, wenn der Beteiligte selbst die Streitsache nicht so vertreten kann, daß eine sachgerechte Abwicklung des Verfahrens gewährleistet erscheint. Nach ständiger Rechtsprechung kommt als Grund für das Unvermögen des Beteiligten insbesondere dessen nachhaltige Erkrankung in Betracht, die ihn für längere Zeit an der prozessualen Mitwirkung hindert (Beschluß in BFH / NV 1986, 616, m. w. N.).
So liegt der Fall auch hier, wie sich am bisherigen Ablauf des Verfahrens gezeigt hat, in dem sich der Kläger zur ihm obliegenden Mitwirkung seit mehreren Jahren unter Berufung auf seine anhaltende Krankheit außerstande erklärt hat.
Der Anordnung des FG stand auch nicht die Regelung des § 62 Abs. 2 FGO entgegen, wonach Bevollmächtigte oder Beistände, die zu den Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe i. S. von §§ 3 und 4 Nr. 1 und 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) gehören, im finanzgerichtlichen Verfahren nicht zurückgewiesen werden können. Denn diese Vorschrift betrifft nur die Prozeßführung für andere, nicht aber in eigener Sache; sie soll vor allem die ungestörte Berufsausübung der in §§ 3 und 4 Nr. 1 und 2 StBerG genannten Personen gewährleisten. Betreiben Angehörige dieses Personenkreises selbst ein gerichtliches Verfahren, kommt der Zweck des § 62 Abs. 2 FGO, die Partei und das Gericht vor unsachgemäßer Vertretung zu schützen, nicht zum Tragen (vgl. Beschluß in BFH /NV 1986, 616; a. A. Gräber / Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 62 Anm. 45).
Fundstellen
Haufe-Index 416378 |
BFH/NV 1989, 796 |