Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliche Änderung der Streitwertfestsetzung; Gegenvorstellung gegen rechtskräftigen Beschluß

 

Leitsatz (NV)

1. Die Streitwertfestsetzung kann auf Anregung der Beteiligten innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung zur Hauptsache geändert werden.

2. Gegenvorstellungen gegen rechtskräftige Entscheidungen sind nur dann statthaft, wenn das Recht auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt worden ist oder gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 GG) verstoßen worden ist oder wenn die Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist.

 

Normenkette

GG Art. 101 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1; GKG § 25 Abs. 2 Sätze 2-3

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) verwarf den Antrag des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) auf Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1989 bis 1992 durch Beschluß vom 10. August 1994 als unzulässig, da weder das Begehren noch die Beschwer schlüssig begründet worden seien. Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) ließ es nicht zu.

Der Antragsteller legte dennoch (persönlich) Beschwerde ein. Der erkennende Senat verwarf das Rechtsmittel durch Beschluß vom 24. Juli 1995 als unzulässig. Den Streitwert setzte er auf ... DM fest.

Gegen die Senatsentscheidung wendet sich der Antragsteller mit seinem Schreiben vom 16. August 1995. Darin führt er aus, er lege gegen den Beschluß sowie gegen die Streitwertfestsetzung "Beschwerde (Einspruch)" ein. Er, der Antragsteller, habe nicht nur wegen Aussetzung der Vollziehung "Klage" eingereicht, sondern auch wegen der unsauberen Arbeitsweise und der unzumutbaren Art und Weise, wie hier gearbeitet worden sei. Unterlagen seien nicht aufgetaucht, Wechsel seien unterschlagen worden.

 

Entscheidungsgründe

1. Der Senat wertet das Vorbringen des Antragstellers als Anregung, den im Senatsbeschluß vom 24. Juli 1995 festgesetzten Streitwert zu überprüfen. Das Gericht, das die Streitwertfestsetzung getroffen hat, kann diese von Amts wegen innerhalb von sechs Monaten ändern, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat (§ 25 Abs. 2 Sätze 2 und 3 des Gerichtskostengesetzes -- GKG --; Kühn/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 17. Aufl., Vor § 135 FGO Anm. 4 a). Einer Entscheidung über die Postulationsfähigkeit des Antragstellers für sein jetziges Begehren bedarf es daher nicht.

Die Überprüfung der Streitwertermittlung hat ergeben, daß der Anregung des Antragstellers, den Streitwert zu ändern, nicht gefolgt werden kann. Der Antragsteller hat vor dem FG begehrt, die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1989 bis 1992 auszusetzen. Die für diese Jahre festgesetzten Einkommensteuern belaufen sich auf insgesamt ... DM. In Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung von Steuerbescheiden sind grundsätzlich 10 v. H. des Betrages, um den in der Hauptsache gestritten wird, als Streitwert anzusetzen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., Vor § 135 Rz. 30, Stichwort "Aussetzung der Vollziehung" m. w. N.). Der Streitwert von ... DM ist somit zutreffend. Der Antragsteller hat keine Umstände vorgetragen, die die Festsetzung eines abweichenden Streitwerts rechtfertigen könnten.

2. Sollte in dem Schreiben des Antragstellers eine Gegenvorstellung gegen die Verwerfung der Beschwerde zu sehen sein, so wäre sie nicht statthaft. Der Beschluß des erkennenden Senats vom 24. Juli 1995 ist insoweit formell und materiell rechtskräftig geworden und weder abänderbar noch aufhebbar. Das Bundesverfassungsgericht hält ausnahmsweise eine Gegenvorstellung dann für statthaft, wenn das Recht auf Gehör (Art. 103 des Grundgesetzes -- GG --) verletzt oder gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) verstoßen worden ist oder wenn die Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist (BFH-Beschluß vom 21. Dezember 1990 V B 40/90, BFH/NV 1991, 612). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich, weil für die Streitwertfestsetzung Gerichtsgebühren nicht vorgesehen sind (vgl. BFH-Beschluß vom 17. Januar 1975 III 325/63, BFHE 114, 406, BStBl II 1975, 262; Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Rdnr. 10488/43).

 

Fundstellen

BFH/NV 1996, 246

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