Entscheidungsstichwort (Thema)
Sanierungsgewinn, Sanierungsbedürftigkeit
Leitsatz (NV)
1. Eine durch den BFH geklärte Rechtsfrage ist regelmäßig nicht mehr klärungsbedürftig. Ihr kann mithin keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommen. Abweichend davon kann einer Rechtsfrage wieder eine grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn gewichtige neue rechtliche Gesichtspunkte in der Rechtsprechung oder im Schrifttum vorgetragen worden sind, die der BFH noch nicht geprüft hat.
2. Ob ein Zulassungsgrund nach §115 Abs. 2 FGO vorliegt, richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde. Unerheblich ist danach, ob diese im Zeitpunkt ihrer Einlegung begründet gewesen ist.
3. Der BFH hat zwischenzeitlich geklärt, daß der Erlaß von Schulden aus dem Bereich des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters nicht zu einem steuerfreien Sanierungsgewinn führt, wenn die Gesellschaft selbst im maßgebenden Zeitpunkt nicht sanierungsbedürftig war (BFH-Urteile vom 6. März 1997 IV R 47/95, FR 1997, 526, 528; vom 3. Juli 1997 IV R 31/96, INF 1997, 730).
Normenkette
EStG § 3 Nr. 66; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie war deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§132 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. a) Nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist die grundsätzliche Bedeutung der für die Beurteilung des Streitfalls maßgebenden Rechtsfrage in der Beschwerdeschrift innerhalb der Beschwerdefrist darzulegen. Dazu gehört ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus welchen Gründen im einzelnen die Klärung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsfortentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625, ständige Rechtsprechung).
Dazu gehört auch, insbesondere wenn sich der BFH bereits zu den Rechtsfragen geäußert hat, daß der Beschwerdeführer sich mit der dazu ergangenen Rechtsprechung und der im Schrifttum vertretenen Auffassung umfassend auseinandersetzt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 14. Oktober 1996 VIII B 100/95, BFH/NV 1997, 356; vom 2. Oktober 1996 VIII B 101/95, BFH/NV 1997, 354, ständige Rechtsprechung).
Eine durch den BFH geklärte Rechtsfrage ist regelmäßig nicht mehr klärungsbedürftig. Ihr kann mithin keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommen. Abweichend hiervon kann einer Rechtsfrage (wieder) eine grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn gewichtige neue rechtliche Gesichtspunkte in der Rechtsprechung oder in der Literatur vorgetragen worden sind, die der BFH noch nicht geprüft hat (vgl. BFH-Beschluß vom 21. Oktober 1996 VIII B 4/96, BFH/NV 1997, 359).
b) Ob ein Zulassungsgrund nach §115 Abs. 2 FGO vorliegt, richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde. Unerheblich ist, ob die Nichtzulassungsbeschwerde im Zeitpunkt ihrer Einlegung begründet war (vgl. BFH-Beschluß vom 18. März 1994 III B 543/90, BFHE 173, 506, BStBl II 1994, 473, 474; Ruban/Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §115 Rz. 68, m. w. N. zur ständigen Rechtsprechung).
c) Der BFH hat zwischenzeitlich in zwei Entscheidungen eindeutig geklärt, daß der Erlaß von Schulden aus dem Bereich des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters nicht zu einem steuerfreien Sanierungsgewinn führt, wenn die Gesellschaft nicht selbst sanierungsbedürftig ist (vgl. BFH-Urteile vom 6. März 1997 IV R 47/95, Finanz-Rundschau -- FR -- 1997, 526, 528; vom 3. Juli 1997 IV R 31/96, BStBl II 1997, 690, unter Aufhebung des Urteils des Finanzgerichts -- FG -- München vom 7. März 1996 11 K 430/93, Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1996, 688).
Nach §3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, daß Schulden zum Zwecke der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, von der Einkommensteuer befreit. Wird durch einen Schuldenerlaß nicht das Betriebsvermögen der Gesellschaft, sondern das Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters erhöht, so ist zwar auch dieser Gewinn bei der Gewinnermittlung für die Gesellschaft festzustellen. Jedoch fehlt es in diesem Fall an dem Tatbestandsmerkmal "zum Zwecke der Sanierung". Nach der ständigen Rechtsprechung sind unter einer Sanierung Maßnahmen zu verstehen, die geeignet sind, ein Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Deshalb setzt die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns u. a. voraus, daß das Unternehmen, dessen Schulden erlassen werden, sanierungsbedürftig ist (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1990 VIII R 39/87, BFHE 164, 404, BStBl II 1991, 784, m. w. N., ständige Rechtsprechung). In der Rechtsprechung ist wiederholt eine unternehmerbezogene Sanierung für den Fall bejaht worden, daß es dem persönlich haftenden Gesellschafter durch den Erlaß von Schulden ermöglicht werden sollte, das von der Personengesellschaft betriebene Unternehmen aufzugeben, ohne von fortbestehenden (Gesellschafts-)Schulden beeinträchtigt zu werden (vgl. BFH-Urteile vom 18. Dezember 1990 VIII R 40/86, BFHE 163, 200, BStBl II 1991, 232; BFHE 164, 404, BStBl II 1991, 784). Die Ausführungen betreffen indes die Voraussetzungen der Sanierungseignung. Hinsichtlich des Merkmals der Sanierungsbedürftigkeit hat der erkennende Senat bereits in der Entscheidung in BFHE 164, 404, BStBl II 1991, 784 auf die Verhältnisse des Unternehmens, also auf die der Gesellschaft, abgestellt. Die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns setzt, wie der IV. Senat des BFH nunmehr ausdrücklich bestätigt hat, voraus, daß das Unternehmen der Gesellschaft selbst sanierungsbedürftig ist. Deshalb führt der Erlaß von Schulden aus dem Bereich des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters nicht zu einem steuerfreien Sanierungsgewinn, wenn die Gesellschaft nicht selbst sanierungsbedürftig ist. Die Beschwerde trägt keine Gesichtspunkte vor, die eine erneute Überprüfung dieser Rechtsprechung erforderten.
2. a) Die Beschwerde legt auch die Klärungsbedürftigkeit der weiteren aufgeworfenen Rechtsfrage, ob durch den Beschluß des Großen Senats des BFH zum gewerblichen Grundstückshandel vom 3. Juli 1995 GrS 1/93 (BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617) und die darin ebenfalls in Bezug genommene Entscheidung des Großen Senats des BFH zum gewerbesteuerlichen Verlustabzug vom 3. Mai 1993 GrS 3/92 (BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616) möglicherweise ein neuer Unternehmensbegriff entwickelt worden sei, wonach nach Maßgabe der persönlichen Verhältnisse und damit der Gesamtheit der gewerblichen Beteiligungen eines Mitunternehmers ein Unternehmen des (Mit-) Unternehmers anzunehmen sei, nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO dar.
Mit diesem Vortrag wird keine im Interesse der Allgemeinheit liegende klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgezeigt, sondern allenfalls dargetan, daß das FG in dem angefochtenen Urteil den von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) den zitierten Entscheidungen des Großen Senats des BFH entnommenen neuen Unternehmensbegriff fehlerhaft ausgelegt und im Einzelfall unzutreffend angewendet habe.
Einer Rechtssache kommt jedoch nicht deshalb grundsätzliche Bedeutung zu, weil das angefochtene Urteil feststehende Rechtsgrundsätze auf den konkreten Sachverhalt fehlerhaft angewendet haben soll (vgl. BFH in BFH/NV 1997, 359; vom 29. Januar 1987 V B 33/85, BFHE 148, 560, BStBl II 1987, 316, 317, m. w. N., ständige Rechtsprechung; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., §115 FGO Rz. 36).
b) Die Beschwerde legt ebensowenig dar, daß in einem künftigen Revisionsverfahren in entscheidungserheblicher Weise die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns geklärt werden könnte. Dies ist indessen bei Zweifeln an der Klärungsfähigkeit, wie sie durch die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil zum maßgebenden Feststellungsverfahren begründet worden sind, geboten gewesen (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 18. Januar 1995 VIII B 41/94, BFH/NV 1995, 807).
Der BFH hat in den unter 1. zitierten Urteilen vom 6. März 1997 IV R 47/95 und vom 3. Juli 1997 IV R 31/96 klargestellt, daß die Frage, ob das jeweilige Einzelunternehmen des Klägers sanierungsbedürftig gewesen sei, jedenfalls nicht in dem die Gewinnfeststellung der KG betreffenden Verfahren zu entscheiden sei. Die vom Großen Senat des BFH in seinem Beschluß in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 zugelassene Einbeziehung der Veräußerung eigener Grundstücke eines Gesellschafters einer vermögensverwaltenden GbR, bei der isoliert noch kein gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen war, betrifft erkennbar Ausnahmefälle, in denen andernfalls eine sachlich zutreffende Besteuerung des Gesellschafters nicht möglich wäre, d. h. die Veräußerung der Grundstücke jeweils steuerfrei bliebe, obwohl in der Person eines Gesellschafters bei einer Zusammenschau sämtlicher ihm zuzurechnenden Aktivitäten auf dem Grundstücksmarkt keine bloße Grundstücksverwaltung, sondern bereits ein gewerblicher Grundstückshandel vorläge. Ein solcher Ausnahmefall liegt indessen bei einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, wie der Klägerin zu 1 (vgl. auch BFH-Urteil vom 11. Juli 1996 IV R 103/94, BFHE 181, 45, BStBl II 1997, 39 zur notwendigen Umqualifikation der Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft für einen betrieblich beteiligten Gesellschafter in gewerbliche Einkünfte im Rahmen der gesonderten Feststellung der Einkünfte dieser Gesellschaft) im Streitfall nicht vor.
Soweit der Erblasser, der Kläger an anderen Mitunternehmerschaften beteiligt gewesen ist, muß die Frage der Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns jeweils in den einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungen für diese Mitunternehmerschaften festgestellt werden. Sollte darüber hinaus, was das FG zu Recht offengelassen hat, ein gewerbliches Einzelunternehmen bestehen, in welchem die Beteiligungen an den Kapitalgesellschaften zusammengefaßt worden sind, so müßte auch insoweit hinsichtlich der anteiligen Sanierungsgewinne entweder in einer gesonderten Feststellung oder im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren entschieden werden.
Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nicht.
Fundstellen