Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Zulassung der Revision bei Einbringung eines Unternehmens in eine Gesellschaft unter Zurückbehaltung des Betriebsgrundstücks

 

Leitsatz (NV)

Mit der Frage, ob in der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Gesellschaft unter Zurückbehaltung des Betriebsgrundstücks eine Entnahme des Grundstücks zu sehen ist, wenn es der Gesellschaft ohne besonderes Entgelt zur Nutzung überlassen wird, ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch nicht ausreichend dargelegt.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3; UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 15a

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Konkursverwalter über das Vermögen des Kaufmanns K.

K war Inhaber des Einzelunternehmens K ... (Einzelunternehmen) und Eigentümer eines betrieblich genutzten bebauten Grundstücks. Gegenstand des Unternehmens waren die Herstellung und der Vertrieb von Baumaschinen und -geräten, die Stahl- und Blechbearbeitung sowie der Stahlbau.

1984 gründeten K und ein Herr R die K Verwaltungs-GmbH (GmbH). Nach der Sachverhaltsdarstellung des Finanzgerichts (FG) trat diese am 18. September 1984 als persönlich haftende Gesellschafterin in das Einzelunternehmen ein; an der dadurch entstandenen Gesellschaft (lt. FG zunächst Offene Handelsgesellschaft und dann Kommanditgesellschaft K ... GmbH & Co. KG -- KG --) beteiligte sich K als Kommanditist mit einem Kapital von ... DM. Die KG führte das Einzelunternehmen weiter. Vereinbarungen bezüglich des im Eigentum von K verbliebenen Betriebsgrundstücks wurden nicht getroffen.

1985 übertrugen die GmbH-Gesellschafter ihre GmbH-Anteile in Höhe von insgesamt ... DM auf die KG; gleichzeitig wurde der Gesellschaftsvertrag der KG neu gefaßt.

Am 21. Juli 1986 schlossen K und die KG auf Druck von deren Banken einen notariellen Vertrag, durch den K seinen im Vertrag näher bezeichneten Grundbesitz der KG gegen Übernahme der Grundstücksbelastungen übereignete. Die KG verpflichtete sich, die aus den Grundstücksbelastungen resultierenden Forderungen nebst Zinsen und sonstigen Nebenleistungen einschließlich rückständiger Beträge als Mitschuldner neben dem Veräußerer K zu übernehmen; gleichzeitig wurde festgestellt, daß der Grundstückserwerber bereits seit dem 18. September 1984 sämtliche Zins- und Tilgungsleistungen für die Grundpfandrechte erbracht habe, und vereinbart, daß zu diesem Zeitpunkt auch Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten auf die KG übergegangen seien. Bei der Veranlagung von K zur Umsatzsteuer für 1984 ging der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) unter Berücksichtigung der ihm vorliegenden Verträge davon aus, daß K die Baulichkeiten auf dem Betriebsgrundstück mit Wirkung zum 18. September 1984 steuerfrei veräußert habe, so daß die in den Vorjahren geltend gemachten Vorsteuern auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten nach §15 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) in Höhe von ... DM berichtigt werden müßten (Umsatzsteuerbescheid für 1984 vom 4. Januar 1988).

Während des Einspruchsverfahrens gegen diesen Umsatzsteuerbescheid wurde über das Vermögen von K das Konkursverfahren eröffnet. Das FA meldete daraufhin eine Umsatzsteuerforderung für 1984 in Höhe von insgesamt ... DM ( ... DM + ... DM) zur Konkurstabelle an. Nachdem der als Konkursverwalter eingesetzte Kläger hiergegen Widerspruch erhoben hatte, erließ das FA einen entsprechenden Feststellungsbescheid, den es auf §251 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) und §146 der Konkursordnung (KO) stützte (Feststellungsbescheid vom 26. Oktober 1988).

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage gegen den Feststellungsbescheid hatte keinen Erfolg.

Das FG meinte, K habe das Grundstück im Jahre 1984 zwar noch nicht an die KG veräußert, sondern ihr nur unentgeltlich zur Nutzung überlassen; hierin liege jedoch eine steuerfreie Entnahme des Grundstücks aus dem Einzelunternehmen, so daß die Vorsteuerberichtigung nach §15 a UStG 1980 aus diesem Grunde gerechtfertigt sei.

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt, die er auf grundsätzliche Bedeutung und Divergenz stützt.

Der Kläger meint, die Vorentscheidung weiche von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. November 1995 XI R 63/94 (BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114) ab; dort werde die Einbringung von Wirtschaftsgütern in eine Personengesellschaft im Wege der Sachgründung als steuerbare entgeltliche Leistung qualifiziert; im Streitfall verneine die Vorentscheidung eine entgeltliche Leistung. Die Annahme eines Entnahmeverbrauchs führe zu einer systemwidrigen Belastung eines Unternehmers, da der übernehmenden Personengesellschaft ein Vorsteuerabzug versagt bliebe; diese Rechtsfrage habe grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung sei auch insoweit gegeben, als die Vorentscheidung von einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) ... abweiche, das die Klage der KG gegen den jetzigen Kläger (Konkursverwalter über das Vermögen von K) auf Erteilung einer Verkaufsrechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer abgewiesen habe; das OLG habe einen Leistungsaustausch zwischen Gesellschafter und Gesellschaft verneint, da eine Eigentumsübertragung des Grundstücks nicht vorliege; vielmehr qualifiziere das OLG den Umsatz mangels Entgeltlichkeit als nicht steuerbar.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach §115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder das Urteil von einer Entscheidung des BFH abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, bezeichnet werden (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Beschwerde muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils begründet werden (§115 Abs. 3 Satz 1 FGO).

2. Eine Abweichung i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt nur dann vor, wenn das FG in einer bestimmten Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH und das angefochtene Urteil auf dieser Divergenz beruht. Bei den abweichenden Rechtsauffassungen muß es sich um tragende Gründe der Entscheidungen handeln.

Eine derartige Abweichung der Vorentscheidung von dem Urteil des BFH in BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114 liegt nicht vor. Die Vorentscheidung enthält nicht den Rechtssatz, daß die Einbringung von Wirtschaftsgütern in eine Personengesellschaft im Wege der Sachgründung keine steuerbare entgeltliche Leistung sei; sie verneint lediglich im Streitfall eine derartige Einbringung des Betriebsgrundstücks, da K das Grundstück der KG zunächst nur zur Nutzung überlassen habe.

3. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt deshalb nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Rechtsfrage in Betracht. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich bereits ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt oder durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Rechtsfrage durch den BFH erforderlich machen (vgl. BFH-Beschluß vom 17. September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196).

Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in einer der Vorschrift des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.

Die Auffassung des Klägers, die Annahme eines Entnahmeverbrauchs führe zu einer systemwidrigen Belastung eines Unternehmers, da der übernehmenden Personengesellschaft ein Vorsteuerabzug versagt bliebe, ist eine Rechtsmeinung des Klägers; die Darlegung einer Rechtsfrage im obengenannten Sinne kann hierin nicht gesehen werden. Auch die weiteren Ausführungen des Klägers zur Geschäftsveräußerung im Ganzen enthalten keine derartige Rechtsfrage.

Der Kläger hat nicht ausdrücklich und deutlich die Frage aufgeworfen, ob in der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Gesellschaft unter Zurückbehaltung des Betriebsgrundstücks eine Entnahme des Grundstücks zu sehen ist, wenn es der Gesellschaft ohne besonderes Entgelt zur Nutzung überlassen wird. Selbst wenn er diese Frage konkludent aufgeworfen haben sollte, fehlt jedenfalls die Darlegung, daß diese Frage noch nicht geklärt ist und einer Entscheidung durch den BFH zugeführt werden muß.

Soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache mit einer Abweichung der Vorentscheidung von dem genannten Urteil des OLG ... begründet, bleibt unklar, in welchem Rechtssatz die beiden Entscheidungen voneinander abweichen sollen. Die Benennung dieses Rechtssatzes wäre aber notwendig gewesen, um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen (vgl. BFH-Beschluß vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987).

4. Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66876

BFH/NV 1998, 177

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