Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde gegen Versagung einer PKH

 

Leitsatz (NV)

1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe ist nicht bereits deshalb zurückzuweisen, weil der Antragsteller, dessen bereits im FG-Verfahren vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr genügend aussagekräftig ist, mit der Beschwerde nicht erneut eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat.

2. Das Gericht kann bei seiner Prüfung einer Bewilligung von PKH die Möglichkeit einer hinreichend erfolgversprechenden Beweisführung bei der beabsichtigten Rechtsverfolgung dann bereits für ganz unwahrscheinlich erachten, wenn das FA für den von ihm angenommenen und entscheidungserheblichen Sachverhalt konkrete Tatsachen und Schlußfolgerungen benennt, der betroffene Antragsteller darauf jedoch mit seiner Darstellung und der Angabe seiner Beweismittel nicht substantiiert eingeht, sondern ihn lediglich pauschal bestreitet.

 

Normenkette

FGO § 142; ZPO §§ 114, 117 Abs. 1 S. 2, Abs. 2

 

Tatbestand

I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) hat gegen die im Schätzungswege festgesetzte Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für 1990 und 1991 Klage erhoben und dafür die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) beantragt.

Der Festsetzung der genannten Steuern ging nach Angaben des Beklagten (Finanzamt -- FA --) in der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 1995 eine Mitteilung der Steuerfahndungsstelle voraus, wonach gegen den Antragsteller wegen des Verdachts, in den Jahren 1990 und 1991 mit größeren Mengen von Kokain gehandelt zu haben, ermittelt werde. Der Antragsteller sei zu dieser Zeit mit einer Wohnung in X polizeilich gemeldet gewesen, habe sich jedoch vorwiegend in einer anderen Wohnung in Y aufgehalten. In letzterer Wohnung sei im Rahmen der genannten Ermittlungen bei einer Durchsuchung ein Bargeldbetrag in Höhe von 125 610 DM sichergestellt worden.

Da der Antragsteller bisher nicht veranlagt worden sei und trotz Aufforderung durch das FA keine Steuererklärung abgegeben habe, seien unter Zugrundelegung des aktenkundigen Kontrollmaterials die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden. Dabei seien die aufgefundenen Geldbeträge dem Kokainhandel des Antragstellers in den Jahren 1990 und 1991 zugerechnet und unter Hochrechnung der Lebenshaltungskosten für jedes Jahr Umsätze in Höhe von 163 071 DM und Gewinne in Höhe von je 121 537 DM geschätzt worden. Aus der Einkommensteuerakte ergibt sich folgende für die Jahre 1990 und 1991 gleichlautende Berechnung der Besteuerungsgrundlage:

Gewinn aus Kokainhandel 62 805 DM

+ Lebenshaltung 12 000 DM

+ Scheinwohnung 12 000 DM

86 805 DM

+ 40 v. H. Unsicherheitszuschlag 34 722 DM

Gewinn 121 527 DM

Gewerbesteuer 121 000 DM

Umsatz 163 071 DM

Während des Einspruchsverfahrens sei die Verurteilung des Antragstellers durch das Landgericht (LG) vom ... bekannt geworden. Den Urteilsgründen zufolge habe der Antragsteller Ende Mai 1990 für ihm nicht näher bekannte Auftraggeber Kokain im Wert von 120 000 DM besorgt und transportiert und dafür 6 000 DM erhalten. Im Jahr 1991 habe der Antragsteller für die Anschaffung und den Transport von Kokain im Werte von 200 000 DM 12 000 DM erhalten. Im ersten Falle habe sich der Antragsteller für die Anschaffung des Kokains einen Teilbetrag von 20 000 DM von einem Dritten geliehen. Hinsichtlich der beiden Taten sei der Antragsteller geständig gewesen. Weiterhin sei vom LG festgestellt worden, daß der Antragsteller seit ... als selbständiger ... gearbeitet habe und daraus ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 2 000 DM erzielt habe. Ferner habe der Antragsteller in den Streitjahren selbst 1 bis 2 g Kokain täglich konsumiert, weshalb das LG eine verminderte Schuldfähigkeit nicht habe ausschließen können.

Im Juni 1994 reichte der Antragsteller Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1990 und 1991 nach. Darin gab er für das Jahr 1990 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 4 500 DM (6 000 DM Betriebseinnahmen aus Kurierdiensten abzüglich 25 v. H. pauschale Betriebsausgaben) und für das Jahr 1991 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9 000 DM (12 000 DM Betriebseinnahmen aus Kurierdiensten abzüglich 25 v. H. pauschale Betriebsausgaben) sowie einen Bruttoarbeitslohn lt. beigefügter Lohnsteuerkarte in Höhe von 8 800 DM an. Bezüglich des sichergestellten Geldbetrages in Höhe von 125 610 DM erklärte der Antragsteller dabei, daß 10 000 DM seiner Lebensgefährtin gehört hätten, 50 000 DM aus einem Darlehen stammten und weitere 32 000 DM für Freunde aufbewahrt worden seien. Von dem übrigen Geldbetrag seien 15 000 DM Ersparnisse gewesen und 18 000 DM Einnahmen aus den genannten Drogengeschäften.

Im Mai 1995 erließ das FA einen Einkommensteuer-Änderungsbescheid für 1991, in dem noch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Steuerabzugsbeträge berücksichtigt wurden.

Das FA wies die Einsprüche des Antragstellers gegen die Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuerbescheide für 1990 und 1991 als unbegründet ab. Dazu führte es im wesentlichen aus: Die vorgenommene Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für die Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer 1990 und 1991 sei angemessen. Der Antragsteller müsse wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflichten ggf. hinnehmen, wenn die jeder Schätzung zugrundeliegende Unsicherheit sich zu seinem Nachteil auswirken sollte. Der Antragsteller habe seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, daß er Steuererklärungen eingereicht habe, die offensichtlich unvollständig und daher nicht wahrheitsgemäß seien. Neben geringen Lohneinkünften in 1991 seien lediglich die Einnahmen aus dem Kokainhandel erklärt worden, die dem Antragsteller strafrechtlich nachgewiesen worden seien. Die Unvollständigkeit der Erklärungen zeige sich daran, daß die erklärten Einkünfte im Verhältnis zu den beim Antragsteller aufgefundenen Geldbeträgen und den zu unterstellenden Lebenshaltungskosten zu gering seien. Auch habe der Antragsteller widersprüchliche Angaben über den Verbleib der nachgewiesenen Einnahmen in Höhe von 18 000 DM aus dem Kokainhandel gemacht. Aufgrund der Kokainabhängigkeit des Antragstellers und der damit verbundenen hohen Kosten sei jedoch mit Sicherheit davon auszugehen, daß die Einkünfte aus dem Kokainhandel im Jahr 1993 nicht mehr vorhanden gewesen seien, sondern zur Bestreitung des Lebensunterhalts gedient hätten. Deshalb sei die Erläuterung des Antragstellers über die Herkunft des sichergestellten Geldbetrags in Höhe von 125 610 DM unvollständig, da ein Teilbetrag in Höhe von etwa 18 000 DM nicht erläutert worden sei. Auch seien die Erklärungen bezüglich der übrigen Teilbeträge nicht glaubhaft. Insbesondere sei nicht schlüssig dargelegt, wie der Antragsteller bei den von ihm erklärten geringen Einkünften einen Betrag von etwa 15 000 DM habe ansparen können, zumal er neben den üblichen Lebenshaltungskosten seinen eigenen Kokainkonsum und die Wohnung in X zu finanzieren gehabt habe. Die Behauptung, über 32 000 DM für Freunde aufbewahrt zu haben, widerspreche zudem der Lebenserfahrung. Hinzu komme, daß die Angabe des Antragstellers, wonach ihm in den Jahren 1990 und 1991 monatlich etwa 2 060 DM zur Verfügung gestanden hätten, nicht schlüssig sei. Der Antragsteller habe auch trotz Aufforderung keine Angaben darüber gemacht, woher er die Mittel für den Ankauf des Kokains gehabt habe. Es widerspreche der Lebenserfahrung, daß ihn seine Auftraggeber, die er nach eigenen Angaben nicht gekannt habe, Beträge in Höhe von 100 000 DM bzw. 200 000 DM vorab zur Verfügung gestellt hätten. Weiter habe der Antragsteller beträchtliche Mittel zur Finanzierung seines eigenen Kokainbedarfs, deren Herkunft aus den eingereichten Erklärungen nicht nachvollziehbar sei, benötigt. Bei einem täglichen Eigenbedarf von 1 bis 2 g Kokain habe er jährlich einen Betrag von über 40 000 DM aufwenden müssen. Schließlich habe der Antragsteller trotz Nachfrage des FA keine Angaben über seine Einnahmen aus selbständiger Arbeit gemacht.

Der Umstand, daß der Antragsteller die Herkunft der sichergestellten Geldbeträge nicht zufriedenstellend erklärt habe, sowie der weitere Umstand, daß dem Antragsteller zur Bestreitung seines Lebensunterhalts und zur Abwicklung seines Kokainhandels mit hoher Wahrscheinlichkeit entsprechende Beträge zur Verfügung gestanden haben müssen, ließen darauf schließen, daß dem Antragsteller in den Jahren 1990 und 1991 erheblich höhere Einnahmen zugeflossen seien, als in den eingereichten Steuererklärungen angegeben worden sei. Das FA sei daher berechtigt gewesen, die Besteuerungsgrundlagen nach §162 der Abgabenordnung (AO 1977) zu schätzen, obwohl Steuererklärungen vorlagen.

Für die dagegen erhobene Klage beantragte der Antragsteller unter Beifügung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 6. August 1995 die Bewilligung von PKH. Zur Begründung verwies er auf die Einspruchsentscheidung des FA vom 6. Juni 1995.

Das Finanzgericht (FG) wies den Antrag als unbegründet ab, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg böte.

Mit der Beschwerde gegen den Beschluß des FG, der das FG nicht abgeholfen hat, macht der Antragsteller geltend, daß die angefochtenen Steuerbescheide ausschließlich auf Schätzungen beruhten und erheblich von den abgegebenen Steuererklärungen, auf deren Wahrheitsgehalt wiederholt hingewiesen worden sei, abwichen. Deshalb bestünde für seine Sachdarstellung eine gewisse Wahrscheinlichkeit und für die Klage eine hinreichende Erfolgsaussicht.

Das FA habe im bisherigen Verfahren nicht in Erwägung gezogen, daß die in der Wohnung der Lebensgefährtin des Antragstellers aufgefundenen Gelder in Höhe von 126 110 DM fremde Geldbeträge sein könnten, die ihm, dem Antragsteller, nicht gehörten. So habe seine Lebensgefährtin, wie sie in der Anlage eidesstattlich versichere, in ihrer Wohnung eigene Ersparnisse in Höhe von 10 150 DM aufbewahrt. Weiter haben er und seine Lebensgefährtin mehrere Geldbeträge in Höhe von insgesamt 32 190 DM für mehrere Bekannte aufbewahrt. Dies werde eidesstattlich in der beigefügten Anlage versichert. Weiter sei von den eigenen Ersparnissen ein Betrag von 14 750 DM in der Wohnung der Lebensgefährtin aufbewahrt worden (unter Hinweis auf die eidesstattliche Versicherung der Lebensgefährtin und des Antragstellers). Für die Finanzierung einer im März 1993 geplanten Veranstaltung sei ein Betrag von 50 000 DM als Darlehen aufgenommen worden. Als Beweis diene der Darlehensvertrag sowie ein Schreiben des Darlehensgebers wegen Rückforderung der Darlehenssumme. Zur Durchführung der Veranstaltung sollten noch eigene Gelder in Höhe von 19 200 DM aus eigenen Ersparnissen hinzugefügt werden. Dies werde -- in der Anlage -- eidesstattlich versichert. Der beschlagnahmte Geldbetrag in Höhe von 126 110 DM, der sich aus eigenen Ersparnissen und Fremdgeldern zusammensetze, könne in diesem Umfang daher nicht zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen herangezogen werden.

Der Antragsteller beantragt, dem Antrag auf Bewilligung von PKH stattzugeben.

Das FA beantragt, die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf PKH zurückzuweisen.

Das FA führt dazu im wesentlichen aus, der Antragsteller habe zur Begründung seiner Klage im wesentlichen nur die Richtigkeit seiner Steuererklärungen beteuert und sei nicht auf die wesentlichen Gründe der Einspruchsentscheidung eingegangen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Dem Antragsteller ist keine PKH zu gewähren, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

1. Nach §142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. §114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ist PKH zu bewilligen, wenn der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn ferner die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt eines Antragstellers aufgrund dessen Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei lediglich summarischer Prüfung für den Eintritt des angestrebten Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86, BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217; vom 15. September 1992 VII B 62/92, BFH/NV 1994, 149, und vom 25. Januar 1996 III B 130/94, BFH/NV 1996, 779).

Aus der Regelung in §117 Abs. 1 Satz 2 ZPO, nach der ein Antragsteller in dem Antrag auf PKH das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen hat, ist zu entnehmen, daß ein Antragsteller die hinreichende Erfolgsaussicht anhand konkret zu bezeichnender und darzulegender Tatsachen schlüssig und substantiiert aufzuzeigen hat. Das Gericht muß aus den Angaben eines Antragstellers erkennen können, ob und in welchem Umfang die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (BFH in BFH/NV 1994, 149). Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung nicht überspannt werden. Das PKH-Verfahren soll sicherstellen, daß der grundrechtlich gewährte Rechtsschutz für jedermann zugänglich ist. Deshalb darf die Entscheidung im Klageverfahren nicht vorweggenommen werden und darf bei Abwägung der für und wider einen Erfolg im Klageverfahren sprechenden Umstände im Rahmen des PKH-Verfahrens keine abschließende Prüfung vorgenommen werden (BFH-Beschlüsse vom 25. März 1986 III B 5--6/86, BFHE 146, 223, BStBl II 1986, 526, und in BFH/NV 1996, 779).

Die Erfolgsaussichten sind danach in der Regel dann als hinreichend anzusehen, wenn die Gründe für und gegen einen Erfolg zumindest als gleichwertig zu bewerten sind, so daß im Ergebnis auch für den jeweiligen Antragsteller eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestehen kann (BFH- Beschluß in BFH/NV 1994, 149). Jedoch kann das Gericht die Möglichkeit einer hinreichend erfolgversprechenden Beweisführung dann bereits für ganz unwahrscheinlich erachten, wenn das FA für den von ihm angenommenen und entscheidungserheblichen Sachverhalt konkrete Tatsachen und Schlußfolgerungen benennt, der betroffene Antragsteller darauf jedoch mit seiner Darstellung und der Angabe seiner Beweismittel nicht substantiiert eingeht, sondern ihn lediglich pauschal bestreitet (vgl. etwa BFH-Beschlüsse vom 7. April 1989 VI B 70/88, BFH/NV 1989, 662, und in BFH/NV 1994, 149).

Ein Antragsteller von PKH ist allerdings nicht daran gehindert, eine Sachverhaltsdarstellung und einen entsprechenden Beweisantritt erstmals im Beschwerdeverfahren vorzubringen, wenn seine Klage noch beim FG anhängig ist und deshalb bis zu dessen Entscheidung neues tatsächliches Vorbringen sowohl für das Klageverfahren als auch für das Verfahren über die Bewilligung der PKH berücksichtigt werden muß (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1994, 149, m. w. N.).

2. Das Vorbringen des Antragstellers in seiner Beschwerdeschrift genügt den dargelegten Anforderungen nicht.

Indes ist die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von PKH durch das FG nicht bereits deshalb zurückzuweisen, weil der Antragsteller, dessen vorliegende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aus dem Jahr 1995 stammt und deshalb für den gegenwärtigen Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr genügend aussagekräftig erscheint, nicht mit seiner Beschwerde erneut eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat (vgl. BFH-Beschluß vom 8. Mai 1996 V B 32/95, BFH/NV 1996, 941).

3. Die Rechtmäßigkeit der Höhe der vom FA vorgenommenen Gewinn- und Umsatzschätzung für die Streitjahre 1990 und 1991 wird jedoch zumindest im Ergebnis durch die bisherige Sachdarstellung und die dafür angebotene Beweisführung des Antragstellers nicht ernstlich in Frage gestellt.

Nach §162 Abs. 1 AO 1977 hat die Finanzbehörde, soweit sie die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Nach Absatz 2 der Regelung ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides Statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach §90 Abs. 2 AO 1977 verletzt. Verletzt daher ein Steuerpflichtiger die ihm auferlegte allgemeine oder besondere Mitwirkungs-, Informations- oder Nachweispflicht, mindern sich entsprechend die verfahrensrechtliche Sachaufklärungspflicht der Finanzbehörde und das erforderliche Beweismaß für die einer Besteuerung zugrunde zu legende Sachverhaltsfeststellung. Dabei sind insbesondere der Grad der Pflichtverletzung, eine gesteigerte Mitverantwortung bei außergewöhnlichen Sachverhaltsgestaltungen sowie vor allem die Beweisnähe des Steuerpflichtigen bei der von ihm beherrschten Informations- und Tätigkeitssphäre zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462; Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 6. Aufl., §162 Anm. 1).

Zwar mag die Gewinn- und Umsatzschätzung des FA für die Streitjahre 1990 und 1991, bei der das FA u. a. die am überwiegenden Aufenthaltsort des Antragstellers bei Ermittlungen aufgefundene Bargeldsumme in Höhe von 125 610 DM anteilig für jedes Jahr als Gewinn angesetzt hat sowie dazu einen nicht unerheblichen Unsicherheitszuschlag von 40 v. H. hinzugerechnet hat, zunächst Anlaß zu Zweifeln geben. Denn die -- vermutlich erst im Jahr 1993 -- sichergestellte Bargeldsumme läßt nicht ohne weiteres Schlüsse auf die Höhe der Einkünfte des Antragstellers in den Jahren 1990 und 1991 zu. Jedoch geht das FA in seiner Einspruchsentscheidung unter Zugrundelegung der Feststellungen des gegen den Antragsteller ergangenen Strafurteils des LG vor allem davon aus, daß der Antragsteller für sein Handeltreiben mit Kokain im Jahr 1990 bisher nicht erklärte Mittel in Höhe von 100 000 DM und im Jahr 1991 in Höhe von 200 000 DM zur Verfügung gehabt haben müsse. Zudem müßten dem Antragsteller, der nach Aussage des Urteils des LG selbst täglich Kokain konsumierte, nach den Berechnungen des FA dafür jährlich Kosten von etwa 40 000 DM entstanden sein. Weiter geht das FA davon aus, daß der Antragsteller in seinen Einkommensteuererklärungen nicht angegebene Einkünfte aus seiner im Strafverfahren mitgeteilten Tätigkeit als selbständiger ... gehabt habe.

Diesem vom FA angenommenen entscheidungserheblichen, konkret begründeten und der aufrechterhaltenen Schätzung zugrunde gelegten Sachverhalt ist der Antragsteller bisher nicht mit einer substantiierten Darstellung seiner Einkommensverhältnisse in den Streitjahren entgegengetreten. Die nachgereichten Einkommensteuererklärungen sowie die Angabe des Antragstellers, wonach ihm in den Jahren 1990 und 1991 monatlich lediglich etwa 2 060 DM zur Verfügung gestanden hätten, erscheinen im Hinblick auf die im wesentlichen nicht angegriffenen Feststellungen des FA zumindest unvollständig. Den vom FA seiner Schätzung zugrunde gelegten Sachverhalt vermag der Antragsteller deshalb mit seiner Darlegung der Umstände und den angebotenen Beweismitteln nicht mit hinreichender Erfolgsaussicht entgegenzutreten. Der Antragsteller hat insbesondere nicht dargelegt, mit welchen Mitteln und in welcher Höhe er die Anschaffung des gehandelten bzw. des von ihm selbst konsumierten Kokains finanzieren konnte. Es fehlt weiter an Angaben, womit er seinen sonstigen Lebensunterhalt bestreiten und die Miete für seine Wohnung in X bezahlen konnte. Schließlich hat der Antragsteller in seinen Einkommensteuererklärungen auch nicht seine im Strafverfahren mitgeteilten Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt. Die mit der Beschwerdeschrift vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen über Herkunft und Eigentumsverhältnisse an der -- wohl im Jahr 1993 -- sichergestellten Bargeldsumme in Höhe von 125 610 DM erscheinen -- unabhängig von einer dem Hauptsacheverfahren vorbehaltenen Beweiswürdigung -- nicht geeignet, die vom FA unter Zugrundelegung des in dem Strafurteil festgestellten Sachverhalts vorgenommene Gewinn- und Umsatzschätzung der Höhe nach ernstlich anzugreifen. Denn damit werden keine den entscheidungserheblichen Tatsachen entgegenstehende Umstände vorgetragen und hierfür Beweis angeboten. Der lediglich pauschale Hinweis auf den Wahrheitsgehalt der abgegebenen Einkommensteuererklärungen ermöglicht keine vertretbare, gegen die zumindest nachvollziehbare Schätzung des FA gerichtete Beweisführung.

4. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller (vgl. BFH-Beschluß vom 18. Oktober 1988 VII E 9--10/88, BFHE 154, 454, BStBl II 1989, 47).

 

Fundstellen

Haufe-Index 67438

BFH/NV 1998, 1122

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