Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Einkünfte

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Entschädigung i. S. des § 24 Nr. 1 EStG unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich nur dann gemäß § 34 Abs. 1 EStG dem ermäßigten Steuersatz, wenn sie dem Steuerpflichtigen zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zufließt.

2. Diese Rechtsprechung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

EStG § 24 Abs. 1, § 34 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind miteinander verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger erzielte als Geschäftsführer einer GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen ihm und seiner Arbeitgeberin vom 18. September 1980, durch den der Anstellungsvertrag einvernehmlich zum 30. September 1980 aufgehoben wurde, erhielt der Kläger eine "Karenzentschädigung" in Höhe von 360 000 DM (15 000 DM monatlich) und eine "Kündigungsabfindung" in Höhe von 640 000 DM. Der Gesamtbetrag von 1 Mio. DM wurde -- wie in der Vereinbarung vorgesehen -- in vier Raten von jeweils 250 000 DM am 31. Januar 1981 und am 30. September 1981 sowie am 31. März 1982 und am 30. September 1982 gezahlt.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) lehnte die für die Streitjahre (1981 und 1982) insoweit beantragte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab und gewährte lediglich für das Jahr 1981 einen Freibetrag in Höhe von 24 000 DM nach § 3 Nr. 9 EStG. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Finanz gerichts (FG) machen die Kläger grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) geltend.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist zu verwerfen, da die Beschwerdebegründung nicht den gesetz lichen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts betrifft. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605). Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muß diese grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Beschwerdeschrift dargelegt werden. Dazu ist erforderlich, daß der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, und vom 17. Februar 1994 XI B 92/93, BFH/NV 1994, 810). Hat der BFH bereits früher über die streitige Rechtsfrage entschieden, so ist darzulegen, weshalb der Beschwerdeführer gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu der Frage im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung für erforderlich hält. In einem solchen Fall ist die grundsätzliche Bedeutung nur schlüssig dargetan, wenn die Beschwerdebegründung eine eingehende Auseinandersetzung mit dem betreffenden Rechtsproblem enthält (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 27. Mai 1988 V B 82/86, BFH/NV 1989, 179, und vom 27. September 1991 III B 16/91, BFH/NV 1993, 116; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rz. 62).

2. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

a) Die Kläger gehen selbst -- zutreffend -- davon aus, daß der BFH die von ihnen als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage, "ob die Annahme von außerordentlichen Einkünften (zunächst einmal abgesehen von Ausnahmefällen) voraussetzt, daß die Entschädigung in einem Veranlagungszeitraum zufließt", in ständiger Rechtsprechung bejaht hat (vgl. Urteile vom 18. September 1991 XI R 9/90, BFH/NV 1992, 102; vom 2. September 1992 XI R 63/89, BFHE 171, 416, BStBl II 1993, 831; vom 21. April 1993 XI R 67/92, BFH/NV 1994, 224, und vom 28. Juli 1993 XI R 74/92, BFH/NV 1994, 368, jeweils m. w. N.). Es reicht zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der vorliegenden Streitsache nicht aus, daß die Kläger diese Rechtsfrage -- ohne Heranziehung von Literatur, Verwaltungsauffassungen oder finanzgerichtlicher Rechtsprechung -- als "bisher nicht überzeugend gelöst" und die Gesetzesinterpretation des BFH als "gewiß nicht zwingend" bezeichnen.

Zwar haben die Kläger in diesem Zusammenhang auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 14. Januar 1986 1 BvR 209, 221/79 (BVerfGE 71, 354, BStBl II 1986, 376) hingewiesen. Verfahrensgegenstand dieser Entscheidung war aber (lediglich) die Frage, ob es mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar war, daß die Steuerbegünstigung für Einkünfte aus wissenschaftlicher, künstlerischer und schriftstellerischer Nebentätigkeit nur solchen Selbständigen gewährt wurde, die hauptberuflich einen sog. Katalog-Beruf i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Ärzte, Rechtsanwälte u. a.) ausübten. Daraus ergibt sich für die von den Klägern bezeichnete Rechtsfrage nichts.

b) Sofern die Kläger ferner als rechtsgrundsätzlich bedeutsam die Frage bezeichnen, ob die bezeichnete Rechtsprechung des BFH mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu vereinbaren ist, ist ein Klärungsbedarf für ein Revisionsverfahren (ebenfalls) nicht dargelegt.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der BFH in ständiger Rechtsprechung und in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Literatur eine Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 1 EStG nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck dieser Bestimmung als Tarifvorschrift davon abhängig macht, daß der Entschädigungsbetrag zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum dem Steuerpflichtigen zufließt (vgl. BVerfG-Beschluß vom 10. Dezember 1985 1 BvR 1017/85, Steuerrechtsprechung in Karteiform -- StRK --, Einkommensteuergesetz, § 34 Abs. 2, Rechtsspruch 6).Ü

berdies hat der Senat wiederholt dargelegt, daß die Begrenzung der Begünstigung des § 34 Abs. 1 EStG auf solche Teilbeträge, die nach der ursprünglich getroffenen Vereinbarung in einem Einmalbetrag ausgezahlt werden sollten, sachlich gerechtfertigt sei. Nur bei diesen Beträgen handle es sich der Sache nach um eine zusammengeballte auf einen Veranlagungszeitraum entfallende Entschädigung. Seien dagegen -- wie im Streitfall -- von vornherein Zahlungen vereinbart, die sich über mehrere Veranlagungszeiträume erstreckten, so seien diese Zahlungen ihrer Natur nach laufende Vorgänge, die nicht durch die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes begünstigt werden sollten (vgl. z. B. Senatsurteil in BFH/NV 1994, 368 m. w. N.).

Neue, bisher ungeprüfte Argumente haben die Kläger demgegenüber nicht vorgetragen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420423

BFH/NV 1995, 670

BFH/NV 1995, 671

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