Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Wiedereinsetzung bei unvollständiger Anschrift

 

Leitsatz (NV)

Eine Verzögerung bei der Zustellung eines an das FG Baden-Württemberg, Karlsruhe (ohne Angabe der Straße und Hausnummer) gerichteten Briefes ist nicht der Bundespost, sondern dem Absender anzulasten. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt deshalb nicht in Betracht.

 

Normenkette

FGO § 56

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Durch das in der Beschlußformel näher bezeichnete Urteil hat das Finanzgericht (FG) eine Klage der Kläger und Revisionskläger (Kläger) teilweise als unbegründet abgewiesen. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 20. November 1986 zugestellt worden. Hiergegen haben diese im Namen der Kläger durch Schreiben vom 18. Dezember 1986 beim FG Revision eingelegt. Die Revision ist ausweislich des Eingangsstempels des FG dort am 23. Dezember 1986 eingegangen. In der nachfolgenden Revisionsbegründung, die ebenfalls beim FG, und zwar am 8. Januar 1987, eingegangen ist, beantragen sie eine Abänderung des finanzgerichtlichen Urteils dahin, daß eine bestimmte Steuerminderung berücksichtigt wird.

Auf den Hinweis des Vorsitzenden des zuständigen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. Februar 1987, zugestellt am 17. Februar 1987, daß die Revision verspätet, nämlich statt am 22. Dezember 1986 erst einen Tag danach, beim FG eingegangen ist, beantragen die Prozeßbevollmächtigten der Kläger unter dem 27. Februar 1987, beim BFH eingegangen am 2. März 1987, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und gleichzeitig die ,,Zulassung der Revision" nach § 116 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Den Wiedereinsetzungsantrag begründet einer der die Kläger vertretenden Rechtsanwälte damit, daß er persönlich am 20. Dezember 1986 im Hause des FG in der Grenadierstraße 5 in Karlsruhe den Brief in den dort befindlichen Briefkasten eingeworfen habe. Nachdem er zwischenzeitlich Akteneinsicht genommen hatte und dabei festgestellt haben muß, daß der fragliche Briefumschlag über die Revisionseinlegung per Post an das FG gesandt worden ist und den Poststempel von . . . vom 18. Dezember 1986 trägt, änderte er mit Schriftsatz vom 5. März 1987, eingegangen beim BFH am 6. März 1987, seine zuvor abgegebene Darstellung dahin, daß es sich bei dem eingeworfenen Schriftstück um ein solches in einer anderen Rechtssache gehandelt habe, ihn aber gleichwohl an dem verspäteten Eingang der Revision keine Schuld treffe, da die Verspätung auf eine Verzögerung der Bundespost zurückzuführen sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig, und zwar schon deshalb, weil nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) eine solche abweichend von § 115 Abs. 1 FGO nur stattfindet, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der BFH die Revision zugelassen hat. Das ist hier nicht geschehen. Wesentliche Mängel des Verfahrens i.S. des § 116 Abs. 1 FGO, die zu einer zulassungsfreien Revision führen würden, haben die Kläger nicht gerügt.

Eine Zulässigkeit des Rechtsmittels würde sich auch dann nicht ergeben, wenn man den Antrag der Kläger - der im übrigen verspätet gestellt worden ist - auf Zulassung der Revision im Wege der Umdeutung von Anfang an berücksichtigen würde. Denn schon der erste Schriftsatz vom 18. Dezember 1986 ist verspätet eingegangen.

Wie bereits erwähnt, ist die Vorentscheidung den Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 20. November 1986 zugestellt worden. Da die Revisionsfrist nach § 120 FGO ebenso wie die über die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision nach § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO einen Monat beträgt, hätte angesichts der Tatsache, daß der 20. Dezember 1986 ein Samstag und der darauffolgende Tag des Jahres 1986 ein Sonntag gewesen sind, die Revision spätestens bis zum 22. Dezember 1986 beim FG eingehen müssen (vgl. § 54 FGO i.V.m. §§ 221 ff. der Zivilprozeßordnung und §§ 186 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches).

Die erst am 23. Dezember 1986 beim FG eingegangene Rechtsmittelschrift ist somit verspätet. Wegen der verspäteten Rechtsmitteleinlegung kann den Klägern auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO gewährt werden. Denn die Kläger haben nicht glaubhaft gemacht, daß sie bzw. ihre Prozeßbevollmächtigten an der Fristversäumung kein Verschulden trifft. Die mit der Bundespost in einem Fensterkuvert übersandte Rechtsmittelschrift trägt als Anschrift ,,Finanzgericht Baden-Württemberg, 7500 Karlsruhe". Es fehlte somit auf dem Brief die Angabe der Straße und der Hausnummer, in der das FG Baden-Württemberg in Karlsruhe belegen ist. Es liegt auf der Hand, daß angesichts der Tatsache, daß in Karslruhe eine Reihe von oberen Bundesgerichten und weitere obere Landesgerichte ihren Sitz haben, bei der Zustellung eines dergestalt unvollständig adressierten Briefes Verzögerungen eintreten können, die dann aber nicht der Bundespost, sondern dem absendenden Rechtsanwalt der Kläger anzulasten sind (vgl. hierzu die Entscheidung des BFH vom 19. Dezember 1985 VIII R 3/85, BFH/NV 1987, 648, mit Hinweisen auf die weitere Rechtsprechung).

 

Fundstellen

Haufe-Index 415475

BFH/NV 1988, 381

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