Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe betr. einstweilige Anordnung

 

Leitsatz (NV)

Keine Prozeßkostenhilfe für einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung bei fehlendem Anordnungsanspruch und fehlendem Anordnungsgrund.

 

Normenkette

FGO §§ 142, 130, 114 Abs. 1 S. 2; ZPO § 114 S. 1

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) wendet sich mit seiner Beschwerde dagegen, daß das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein es abgelehnt hat,

a) eine einstweilige Anordnung dahingehend zu treffen, ,,daß die Vermögensteuerfestsetzung auf den 1. 1. 1977 vorläufig als nichtig behandelt wird",

b) ihm für dieses Verfahren Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und ihm zu seiner Vertretung einen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater als Bevollmächtigten beizuordnen.

Seinem Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hatte er keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt, sondern insoweit ,,auf die im Hauptsacheverfahren eingereichte Erklärung" vom 20. April 1986 verwiesen.

Das Streitverhältnis ist folgendes:

Das Finanzamt (FA) setzte durch Bescheid vom 3. Januar 1983 die Vermögensteuer für den Antragsteller und seine Ehefrau auf den 1. Januar 1977 auf 9 079 DM fest. Der Bescheid war adressiert an ,,Herrn . . ., Frau . . ., C-Straße 13 in B.

Am 30. Mai 1986 hat der Antragsteller Feststellungsklage erhoben und begehrt, festzustellen, daß der Vermögensteuerbescheid auf den 1. Januar 1977 mangels Bekanntgabe nichtig ist. Am 1. August 1986 hat der Antragsteller beantragt, unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 1. Oktober 1981 IV B 13/81 (BFHE 134, 223, BStBl II 1982, 133), eine einstweilige Anordnung dahingehend zu treffen, ,,daß die Vermögensteuerfestsetzung auf den 1. 1. 1977 vorläufig als nichtig behandelt wird". Eine solche Anordnung sei erforderlich, um wesentliche Nachteile abzuwenden und drohende Gewalt zu verhindern. Das FA habe auf dem Grundstück des Antragstellers eine Sicherungshypothek eintragen lassen und drohe weitere Beitreibungsmaßnahmen - also ggf. die Zwangsversteigerung des Grundstücks - an. Diese Maßnahmen könne der Antragsteller mangels finanzieller Mittel nicht durch Zahlung abwenden. Gleichzeitig hat der Antragsteller beantragt, ihm für dieses Antragsverfahren Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.

Das FG hat durch den gegen den Antragsteller und seine Ehefrau ergangenen Beschluß vom 12. November 1986 II 801/86 beide Anträge abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Die vorgetragenen Umstände reichten nicht aus, um den Vermögensteuerbescheid wegen fehlerhafter Bekanntgabe als nichtig anzusehen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Auf die gemeinschaftliche Beschwerde des Antragstellers und seiner Ehefrau hat das FG seinen Beschluß vom 12. November 1986 II 801/86 insoweit aufgehoben, als er die Ehefrau des Antragstellers betrifft (FG-Beschluß vom 15. Dezember 1986 II 801/86, II 1267/86). Im übrigen hat es der Beschwerde nicht abgeholfen. Anschließend hat es die Beschwerde dem BFH vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

Über die Beschwerde der Ehefrau des Antragstellers hat der BFH nicht zu entscheiden; sie hat sich durch Abhilfe erledigt (§ 130 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Das FG hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die beantragte einstweilige Anordnung zu treffen.

Der Antragsteller begehrt die einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (§ 114 Abs. 1 Satz 2 FGO): Das FG soll anordnen, daß das FA den Vermögensteuerbescheid vorläufig als nichtig behandelt, d. h. solange nicht aus ihm vollstreckt, bis endgültig geklärt ist, ob er rechtswirksam ist oder nicht.

Einen dahingehenden Anordnungsanspruch hat der Antragsteller nach den bisher erkennbaren Umständen nicht, und zwar aus den vom FG dargelegten Gründen.

Darüber hinaus fehlt es auch an einem Anordnungsgrund, d. h. an der Notwendigkeit, eine solche Anordnung zu treffen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern.

Zwar war das Grundstück des Antragstellers gemäß dem Antrag des FA vom 25. Juni 1986 mit zwei Sicherungshypotheken für das Land Schleswig-Holstein belastet worden, um die Forderungen des FA gegen den Antragsteller auf rückständige Vermögensteuer 1977 bis 1982 und Einkommensteuer 1981 (insgesamt 14 695 DM) zu sichern. Aber der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, daß das FA über diesen Sicherungszweck hinaus konkrete Vorbereitungshandlungen getroffen hat, um die Zwangsversteigerung des Grundstücks herbeizuführen (vgl. BFH-Beschluß vom 5. Juni 1985 II S 3/85, BFHE 143, 414, BStBl II 1985, 469, ergangen zu Art. 3 § 7 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3, 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit). Aus dem von ihm angeführten Schreiben des FA vom 25. Juni 1986 geht vielmehr hervor, daß das FA weitere Beitreibungsmaßnahmen vermeiden will und aus diesem Grunde den Antragsteller aufgefordert hat, einen geeigneten Tilgungsvorschlag zu machen.

Das FG hat es auch zu Recht abgelehnt, dem Antragsteller Prozeßkostenhilfe zu bewilligen für seinen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung in bezug auf die begehrte Feststellung der Nichtigkeit des Vermögensteuerbescheids 1977. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat aus den angeführten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 Abs. 1 FGO, § 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung).

 

Fundstellen

Haufe-Index 415202

BFH/NV 1988, 187

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