Leitsatz

In den Fällen des Formwechsels einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft darf die Kapitalgesellschaft das übergegangene Betriebsvermögen gem. § 25 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen (entgegen BMF, Schreiben vom 25.3.1998, BStBl I 1998, 268 Tz. 20.30)

 

Normenkette

§ 20 Abs. 2 Satz 1, § 25 Satz 1 UmwStG 1995, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG

 

Sachverhalt

Klägerin war eine GmbH i.L. mit abweichendem Wirtschaftsjahr vom 1.7. bis zum 30.6., die durch Vertrag vom 21.2.1996 rückwirkend zum 1.7.1995 im Weg einer formwechselnden Umwandlung aus einer KG (vgl. §§ 190 ff. UmwG) hervorgegangen ist. Bei der Erstellung der Eröffnungsbilanz zum Umwandlungsstichtag hatte sie den übernommenen Auftragsbestand mit dem Teilwert bilanziert und diesen zum 30.6.1996 abgeschrieben. Das FA folgte dem nicht. Es rechnete den abgeschriebenen Betrag im Streitjahr 1996 unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 25.3.1998 (BStBl I 1998, 268 Tz. 20.30) dem Gewinn hinzu.

Die Klage gegen die u.a. deswegen geänderten Steuerbescheide blieb in diesem Punkt erfolgreich.

 

Entscheidung

Der BFH hielt das FG-Urteil für richtig. Er hat wie das FG eine handelsbilanzielle Maßgeblichkeit für die umwandlungssteuerlich eingeräumten Wertansätze und das im UmwStG speziell eingeräumte Wahlrecht schlicht verneint.

 

Hinweis

Es handelt sich um eine Grundsatzentscheidung mit der Folge erheblicher Steuererleichterungen für Unternehmensfusionen:

1. Das Umwandlungssteuerrecht ermöglicht in vielfacher Weise ein (steuerliches) Wahlrecht, die übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert oder einem höheren (Zwischen- oder Teil-) Wert anzusetzen. Das betrifft u.a. die formwechselnde Umwandlung einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft gem. §§ 24, 25 UmwStG und umgekehrt diejenige einer Kapital- in eine Personengesellschaft gem. § 3 i.V.m. § 14 UmwStG sowie die übertragende (verschmelzende) Umwandlung gem. § 3 Satz 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG und Spaltungsfälle gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 UmwStG.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG müssen die steuerlichen Wahlrechte allerdings stets in Übereinstimmung mit dem handelsrechtlichen Jahresabschluss ausgeübt werden.

Die Frage, die sich seit langem stellte, war diejenige nach Reichweite der handelsbilanziellen Maßgeblichkeit auch für das (sondergesetzlich geregelte) steuerliche Umwandlungsrecht. Die Argumente wogten seit langem hin und her, wobei sich im Schrifttum ein eindeutiges Votum für das steuerliche Wahlrecht, hingegen in der Verwaltungspraxis (im BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 268 Tz. 20.30) ein Pro für die Maßgeblichkeit ausmachen ließ.

2. Nunmehr hat der BFH für die (Einzel-)Frage der formwechselnden Umwandlung entschieden und sich auf die Seite der Maßgeblichkeitsgegner geschlagen.

§ 25 Satz 1 UmwStG verweist auf § 20 Abs. 2 UmwStG, wonach der übernehmenden Gesellschaft die Möglichkeit eingeräumt wird, die übernommenen Wirtschaftsgüter mit Werten zwischen dem Buchwert und dem Teilwert anzusetzen. Die Verweisung ist vorbehaltlos und durchbricht ggf. entgegenstehende handelsrechtlich gebotene Wertansätze.

3. Dieses Verdikt ist zweifelsfrei. Es betrifft, wie erwähnt, nur den Formwechsel, erstreckt sich aber richtigerweise gleichermaßen auf die Fälle des umgekehrten Formwechsels, der übertragenden Umwandlung sowie der Spaltung. Denn sieht man von den Fällen ab, in denen die Voraussetzungen einer Zuschreibung (gem. § 280 HGB) vorliegen, ermöglicht es das Handelsrecht hier wie dort nicht, einen höheren als den Buchwertansatz zu wählen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 UmwG). Hier wie dort würde das steuerliche Wahlrecht bei Annahme einer Bindung an die Handelsbilanz deswegen leer laufen – ein Ergebnis, das weder dem Regelungswortlaut noch der Regelungsidee entspräche.

Deshalb hat zwischenzeitlich auch schon ein FG zugunsten der Steuerpflichtigen für eine Verschmelzung gem. § 11 UmwStG entschieden: Das FG Baden-Württemberg, Außensenat Stuttgart, im Urteil vom 4.3.2004, 6 K 103/99 (EFG 2004, 858). Die dagegen gerichtete Revision des FA I R 34/04. war letztlich wohl (nur) aus den unter 5. ausgeführten (anderen) Gründen erfolgreich.

4. Konsequenzen: Nachdem die Streitfrage geklärt und die damit einhergehenden Ungewissheiten beseitigt sind, könnten Umstrukturierungen beträchtlich erleichtert werden. Mittels der Höherbewertung lässt sich für das übernehmende Unternehmen ein höheres Abschreibungsvolumen erzielen und Verlustausgleichsvolumen schaffen.

Die Finanzverwaltung wird der Rechtsauffassung des BFH (wohl und zunächst?) folgen; das BMF wurde über den dem Urteil vorangegangenen Gerichtsbescheid extra ins Bild gesetzt, ein Verfahrensbeitritt blieb aber ebenso aus wie ein Antrag auf mündliche Verhandlung.

Abschließende Gewissheit besteht naturgemäß dennoch nicht: Der Kenner weiß, dass Gesetze bei unliebsamen Entscheidungen gerne und leicht geändert zu werden pflegen. Und gerade das UmwStG steht derzeit auf der Änderungsagenda des Gesetzgebers!

5. Unabhängig davon muss beachtet werden: W...

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