1.1 Feste Einrichtungen und Anlagen

§ 12 AO definiert den Begriff der Betriebsstätte (Satz 1) und bringt darüber hinaus eine beispielhafte Aufzählung von Einrichtungen oder Anlagen, die "insbesondere" als Betriebsstätten anzusehen sind (Satz 2).

Betriebsstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient.[1]

Geschäftseinrichtung ist jeder körperliche Gegenstand und jede Zusammenfassung körperlicher Gegenstände, die geeignet sind, der Tätigkeit des Unternehmens zu dienen.[2]

Eine Betriebsstätte i. S. d. § 12 Satz 1 AO erfordert eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Räumlichkeiten eigene Betriebsstätten i. S. d. § 12 Satz 1 AO sein, wenn es sich hierbei um solche einer zwischengeschalteten Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft handelt und hieran kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht.[3] Dies gilt jedoch nur dann, wenn die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt wird (z. B. Identität der Leitungsorgane, ständige nachhaltige Überwachung in den Räumlichkeiten des Auftragsnehmers).

Ohne eine gewisse räumliche und zeitliche "Verwurzelung" des Unternehmens vor Ort fehlt es an dem für die Betriebsstättenbegründung erforderlichen Dienen der Geschäftseinrichtung oder Anlage für eigene unternehmerische Zwecke i. S. des § 12 Satz 1 AO. Allein die Übertragung auch umfassender Aufgaben ohne gleichzeitige eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort macht die Betriebsstätte des Auftragnehmers nicht zur Betriebsstätte des Auftraggebers.[4]

Der Betriebsstättenbegriff hat die Funktion, unternehmerische Tätigkeiten und Betriebsvermögen örtlich zuzuordnen, damit die Besteuerungstatbestände und das Besteuerungsverfahren an diese Zuordnung anknüpfen können. Besondere bauliche Vorrichtungen sind nicht erforderlich, d. h. auch ein einfacher Lagerplatz, Plakatsäulen, Spielautomaten, Abstellkammern für Betriebsgegenstände oder auch einzelne Räume der Wohnung, z. B. bei einem von zu Hause aus tätigen Handelsvertreter, können Betriebsstätten sein. Bei Betriebsstätten ohne maßgebliche Personalfunktion (z. B. Wind- oder Solarkraftanlagen) ist eine nutzungsbezogene Zuordnung von materiellen Wirtschaftsgütern nicht ausgeschlossen.[5] Dagegen begründet die gewerbliche Vermietung einer im Ausland belegenen Immobilie dort keine Betriebsstätte des Steuerpflichtigen, es sei denn, der Steuerpflichtige übt an oder in dem vermieteten Objekt eine eigene gewerbliche Tätigkeit mit einer gewissen Nachhaltigkeit aus.[6]

Die Betriebsstätte muss nicht zwingend zum Betriebsvermögen gehören. Einrichtungen zur Messung von Lärmemissionen stellen eine Betriebsstätte eines Verkehrsflughafens dar[7], ebenso Gleisanlagen, Untertageanlagen von Bergbaubetrieben und Versorgungsleitungen. Die Betriebsstätte muss nicht zwingend sichtbar sein.[8] Auch die in den Niederlanden belegenen Bewirtschaftungsflächen eines in Deutschland ansässigen Landwirts können als Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO anzusehen sein.[9]

1.2 Verfügungsmacht

Geschäftseinrichtungen oder Anlagen i. S. d. § 12 Nr. 1 AO werden nur dann zu einer Betriebsstätte des Unternehmers, wenn dieser eine nicht nur vorübergehende tatsächliche Verfügungsmacht über die von ihm genutzte Einrichtung oder Anlage hat und diese für eine gewisse Dauer, aber nicht notwendigerweise ununterbrochen zu Unternehmenszwecken nutzt. Dabei genügt eine Nutzung in der Rechtsposition eines Mieters oder Pächters, Eigentum ist nicht erforderlich. Die bloße Berechtigung, einen Raum zu nutzen, führt dagegen noch nicht zur Annahme einer Betriebsstätte. Vielmehr müssen neben der zeitlichen Komponente weitere Umstände auf eine örtliche Verfestigung der Tätigkeit schließen lassen.

Für die Begründung einer Betriebsstätte ist letztlich entscheidend, ob eine unternehmerische Tätigkeit in einer Geschäftseinrichtung oder Anlage mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird und sich in der Bindung eine gewisse Verwurzelung des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit ausdrückt.[1] Dementsprechend stellt der Kehrbezirk eines Bezirksschornsteinfegermeisters keine Betri...

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