Die Ausübung eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen wurde zuletzt durch eine Neuerung in den ErbStR mehrfach diskutiert. Sofern die Betriebsaufspaltung aufgrund einer jeweils unmittelbaren Beteiligung an dem Betriebs- bzw. Besitzunternehmen vorliegt, bestehen an der Ausübung des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens keine Zweifel. In doppel- bzw. mehrstöckigen Gesellschaftsstrukturen ist die aktuelle Rechtslage ungewiss.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung richtet sich das Vorliegen eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen nach ertragsteuerlichen Grundsätzen (R E 13b.14 Abs. 1 Satz 4 ErbStR 2019), so dass die obigen Ausführungen uneingeschränkt maßgeblich sein sollten.

In der aktualisierten Fassung der ErbStR (R E 13b.14 ErbStR 2019) scheint die Finanzverwaltung jedoch hinsichtlich des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens im Besitz- und Betriebsunternehmen zusätzlich ein "Unmittelbarkeitserfordernis" zu fordern, damit kein Verwaltungsvermögen angenommen wird (R E 13b.14 Abs. 1 Satz 6 ErbStR 2019). Insofern stellt sich die Frage, ob für erbschaftsteuerliche Zwecke ein eigener erbschaftsteuerlicher Betriebsaufspaltungsbegriff besteht. Es ist festzuhalten, dass die Finanzverwaltung damit die Voraussetzungen an die Betriebsaufspaltung letztlich enger definiert als bei den ertragsteuerlichen Anforderungen (vgl. H E 15.7 Abs. 6 EStH "Mittelbare Beteiligung").

In der Fachliteratur werden hinsichtlich der Anforderungen an die "Betriebsaufspaltungskonstellation" verschiedene Auffassungen vertreten. Geck scheint der Ansicht der Finanzverwaltung zu folgen und ebenfalls eine unmittelbare Beteiligung für notwendig zu erachten (Geck in Kapp/Ebeling, Stand: 5/2021, § 13b ErbStG Rz. 97). Beispielhaft halten Hannes/Holtz und Wachter auch bei Vorliegen einer nur mittelbaren Beteiligung einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen für gegeben (Holtz in Meincke/Hannes, 17. Aufl. 2018, § 13b ErbStG Rz. 51; Wachter in Fischer/Pahlke, Stand: 3.5.2020, § 13b ErbStG Rz. 381).

Bedauerlicherweise hat der Zweite Senat des BFH in drei Entscheidungen die Klärung dieser Rechtsfrage bewusst offengelassen (BFH v. 16.3.2021 – II R 3/19, ErbStB 2021, 295 [Knittel]; BFH v. 23.2.2021 – II R 26/18, ErbStB 2021, 265 [Halaczinsky]; BFH v. 2.12.2020 – II R 22/18, ErbStB 2021, 233 [Kirschstein]), da zwar Betriebsaufspaltungskonstellationen betrachtet wurden, aber nach dem jeweiligen Sachverhalt diese Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich war. Insofern bleibt abzuwarten, wie sich der "Erbschaftsteuersenat" bei zukünftigen Sachverhalten positionieren wird.

Nach unserer Einschätzung lässt der Gesetzeswortlaut zwar sowohl eine weite als auch enge Auslegung der Voraussetzungen zu, gleichwohl dürfte sich die Unterscheidung zwischen ertrag- und erbschaftsteuerlicher Sicht nicht erschließen. Insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Rspr.-Änderung des Vierten Senats des BFH zum Vorliegen der personellen Verflechtung bei mittelbarer Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an der Besitz-Personengesellschaft (BFH v. 16.9.2021 – IV R 7/18, BFH/NV 2022, 377 = EStB 2022, 80 [Schimmele]) lässt sich ein "Unmittelbarkeitserfordernis" kaum rechtfertigen. Gründe, die gegen eine Adaption dieser Sichtweise für erbschaftsteuerliche Zwecke sprechen, sind nach unserer Einschätzung nicht gegeben und lassen sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck der erbschaftsteuerlichen Privilegierung für betrieblich genutzte Grundstücke i.R.v. von Betriebsaufspaltungen gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. a ErbStG herleiten.

Beraterhinweis Vor einer geplanten Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sollte bei doppel- bzw. mehrstöckigen Gesellschaftsstrukturen überlegt werden, ob das Grundstück in die Obergesellschaft übertragen oder direkt an diese überlassen werden kann. Bei diesen Lösungsansätzen sind insb. auch grunderwerb- und ertragsteuerliche Folgen zu prüfen und ggf. durch eine verbindliche Auskunft abzusichern.

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