Leitsatz

1. Die einseitige Hauptsacheerledigung kann auch im Revisionsverfahren erklärt werden.

2. Das Bestehen einer berufseröffnenden Prüfung – hier: Steuerberaterprüfung – im zweiten Anlauf führt zur Erledigung einer gegen die vorherige negative Prüfungsentscheidung gerichteten Anfechtungsklage, wenn der Prüfungskandidat das Anfechtungsbegehren von vornherein erkennbar nur auf die Kassation der negativen Prüfungsentscheidung beschränkt hat und es ihm nicht um die Beseitigung des ihm aufgrund des Bescheids anhaftenden Makels eines Repetenten ging (Abgrenzung zu der Senatsentscheidung vom 22.3.1977, VII R 26/76, BFHE 122, 11, BStBl II 1977, 611, und zu den BVerwG-Urteilen vom 12.4.1991, 7 C 36.90, NVwZ 1992, 56; vom 30.6.1972, VII C 22.71, BVerwGE 40, 205, und vom 13.10.1972, VII C 17.71, BVerwGE 41, 34).

 

Normenkette

§ 138 Abs. 1 FGO

 

Sachverhalt

Ein Prüfling hatte im schriftlichen Teil der Steuerberaterprüfung schlechte Leistungen erbracht. Ihm wurde deshalb mitgeteilt, dass er die Prüfung nicht bestanden habe. An der mündlichen Prüfung durfte er also gar nicht erst teilnehmen. Das FG hob diese Entscheidung indes auf. Die Prüfungsbehörde legte gegen das Urteil Revision ein.

Während des Revisionsverfahrens bestand der Kläger im nächsten Prüfungstermin die Prüfung. Er erklärte daraufhin die Hauptsache für erledigt. Die Prüfungsbehörde widersprach der Erledigungserklärung und begehrte die Aufhebung des FG-Urteils und Abweisung der Klage.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision zurückgewiesen. Denn der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt. Der im Revisionsverfahren sinngemäß vom Kläger gestellte Klageantrag, bei Widerspruch der Behörde gegen seine Erledigungserklärung die streitige Erledigung festzustellen, sei mithin begründet.

Der Kläger habe nämlich von vornherein nur das Ziel verfolgt, eine Überprüfung der Prüfungsentscheidung für den Fall zu erreichen, dass er die Wiederholungsprüfung nicht bestehen sollte. Gegen den Makel des Wiederholers habe sich der Kläger mit seiner Klage nicht gewehrt. In einem solchen Fall sei der Rechtsstreit erledigt, nachdem die Prüfung bestanden worden ist.

 

Hinweis

1. Erklärt ein Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und schließt sich der Beklagte dieser Erklärung an, ist der Rechtsstreit erledigt und nur noch über die Kosten zu entscheiden. Schließt er sich nicht an, ist der Rechtsstreit als Streit über die Erledigung fortzuführen; dem Kläger wird also gleichsam hilfsweise, wenn der Beklagte widerspricht, der Antrag in den Mund gelegt, festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Hat der Kläger damit Recht, ist die Erledigung festzustellen und sind dem widersprechenden Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, und zwar unabhängig davon, ob der ursprünglich gestellte Klageantrag, z.B. die zunächst erhobene Anfechtungsklage, begründet war. Ist die Hauptsache nicht erledigt, ist die (Feststellungs-)Klage als unbegründet abzuweisen und sind folglich dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, ebenfalls unabhängig davon, ob die Klage ursprünglich begründet war.

2. Die einseitige (streitige) Erledigungserklärung ist auch im Revisionsverfahren zulässig, wenn im Revisionsverfahren Erledigung eintritt. Ist sie begründet, muss der Widersprechende ebenfalls die Kosten des (gesamten) Verfahrens tragen, obwohl möglicherweise die angegriffene Entscheidung des FG unrichtig war.

3. Eine einseitige Erledigungserklärung ist begründet und führt zur Feststellung der Erledigung, wenn objektiv ein erledigendes Ereignis eingetreten ist. Anderenfalls ist es nämlich im Grund so, dass sich der Kläger mit seiner Erklärung aus dem Rechtsstreit schleichen will, etwa weil er das Interesse an diesem verloren hat oder sein Unterliegen vorauszusehen meint. Eine solche Flucht aus dem Rechtsstreit kann ihm selbstverständlich nicht gestattet werden. Das Vorliegen eines objektiv erledigenden ist daher sorgfältig zu prüfen.

4. Ein Ereignis "erledigt" einen Rechtsstreit nur, wenn es ihn gegenstandslos macht, das Klageziel also objektiv unerreichbar wird. Ob bei einem bestimmten Ereignis Erledigung eintritt, hängt folglich vom Klagegegenstand ab.

5.Bei schlechten Leistungen im schriftlichen Teil der Steuerberaterprüfung wird das Nichtbestehen der Prüfung festgestellt. Der Prüfling darf die Prüfung nur fortsetzen, wenn er im Schriftlichen höchstens die Note 4,5 erzielt hat. Ist er mit der von der Prüfungsbehörde festgesetzten (Durchschnitts-)Note von schlechter als 4,5 für seine schriftlichen Leistungen nicht einverstanden, muss er Anfechtungsklage erheben, wenn er Verfahrensfehler rügen (Ziel: Wiederholung der schriftlichen Prüfung) oder eine neue, zweite Bewertung seiner Klausuren erreichen will.

Das Gleiche wird er tun, wenn er der Meinung ist, seine schriftlichen Leistungen seien mit 4,5 oder besser zu bewerten. Denn hat die Anfechtungsklage Erfolg, wird der vorgenannte Prüfungsbescheid, der den Ausschluss von der weiteren Prüfung zur Folge hat, aufgehoben. Damit is...

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