Leitsatz

Weder die erstmalige Berufsausbildung i.S.d. § 12 Nr. 5 EStG noch die i.S.d. § 9 Abs. 6 EStG setzen ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz oder eine bestimmte Ausbildungsdauer voraus (Fortführung der Senatsrechtsprechung, Urteil vom 27.10.2011, VI R 52/10, BFHE 235, 444, BStBl II 2012, 825).

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6, § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 5, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

K, 1970 geboren, hatte schon 1992 bei einer Fluglinie erfolgreich eine sechsmonatige Ausbildung zur Flugbegleiterin absolviert. Im Streitjahr (2006) war sie als Flugzeugführerin nicht selbstständig tätig. Sie machte in ihrer ESt-Erklärung für 2006 ca. 19.000 EUR für ihre Ausbildung zur Verkehrsflugzeugführerin als Werbungkosten bei ihren Lohneinkünften geltend. Das FA berücksichtigte stattdessen nur Sonderausgaben (4.000 EUR, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Die Klage war erfolgreich (FG Köln, Urteil vom 12.12.2011, 7 K 3147/08, Haufe-Index 2886333, EFG 2012, 506). Das FG beurteilte die innerbetriebliche Ausbildung zur Flugbegleiterin als erstmalige Berufsausbildung i.S.d. § 12 Nr. 5 EStG, sodass die spätere Pilotenausbildung keine solche den Werbungskostenabzug ausschließende "erstmalige Berufsausbildung" oder "Erstausbildung" mehr war.

 

Entscheidung

Der BFH hatte ebenso wenig wie das FG Zweifel daran, dass der Beruf des Flugbegleiters regelmäßig als Vollerwerbstätigkeit ausgeübt werden kann und zur Erzielung von Einkünften befähigt.

 

Hinweis

Wie schon im Urteil zur Ausbildung eines Sanitäters (BFH, Urteil vom 27.10.2011, VI R 52/10, BFH/NV 2012, 323, BFH-PR 2012, 86) ging es auch hier um den Werbungskostenabzug im Bereich der Aus- und Fortbildungskosten und die damit entscheidende Frage, ob eine erstmalige Berufsausbildung i.S.v. § 12 Nr. 5 EStG und § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des Beitr­RLUmsG vorliegt.

1. Werbungskosten sind auch als vorab entstandene abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Das kann grundsätzlich auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen der Fall sein. Allerdings regelt nun § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG vom 7.12.2011 (BGBl I 2011, 2592), dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Ausbildung nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet; dies gilt rückwirkend (§ 52 Abs. 23d Satz 5) ab 2004. Dagegen ließ die Neuregelung den im Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG enthaltenen grundsätzlichen Vorrang des Werbungskostenabzugs gegenüber dem Sonderausgabenabzug unverändert.

2. Angesichts der ab 2004 rückwirkenden Anwendung hätte K keinen Werbungskostenabzug geltend machen können, wenn die Ausbildung zum Berufspiloten eine erstmalige Ausbildung gewesen wäre. Es kam also darauf an, dass Ks schon Jahre zuvor absolvierte Ausbildung zur Flugbegleiterin eine solche erste Ausbildung i.S.d. §§ 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG gewesen war. Der BFH hält an dem Urteil vom 27.10.2011 (vgl. BFH/PR 2012, 86) fest. Eine solche Berufsausbildung ist also die zu einem künftigen Beruf; entscheidend ist, ob die Ausbildung den Steuerpflichtigen befähigt, aus der angestrebten Tätigkeit Einkünfte zu erzielen.

3. Beachten Sie: Die Ausführungen des BFH lassen Rückschlüsse darauf zu, unter welchen Voraussetzungen jedenfalls von einer Ausbildung auszugehen ist. So stellte der BFH darauf ab, dass die Ausbildung planmäßig ausgestaltet war, am Ausbildungsziel und der dazu erforderlichen Qualifikation ausgerichtet war und sogar mit einer firmeninternen Prüfung schloss. Die Ausbildung dauerte 6 Monate, es gab diverse theoretische und praktische Schulungsmaßnahmen sowohl für den Service- als auch für den Sicherheitsbereich. Offenblieb hier allerdings, ob die §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG inhaltlich – insbesondere mit Blick auf das objektive Nettoprinzip sowie hinsichtlich der rückwirkenden Anwendung – verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.2.2013 – VI R 6/12

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