Rz. 126

Nach § 247 Abs. 1 HGB sind auf der Passivseite nur das EK, das FK und der passive RAP als Untergliederung genannt. Dennoch ist es üblich, im Anschluss an das EK bestimmte Positionen zu ergänzen, die formell nicht die Eigenschaften des EK erfüllen.[1] Diese Posten werden auch Quasi-EK oder Eigenkapitalsurrogat genannt.[2]

[1] Vgl. Küting/Kessler, BB 1994, S. 2104.
[2] Vgl. Müller, FS Budde, 1995, S. 445 ff.

4.2.1 Einlagen zu Kapitalerhöhungen

 

Rz. 127

Bei Einlagen zu Kapitalerhöhungen handelt es sich um Einzahlungen von Gesellschaftern, die im Hinblick auf eine anstehende Kapitalerhöhung geleistet werden. Die Erfassung von Einlagen zur Kapitalerhöhung als EK ist gem. § 189 AktG und § 54 Abs. 3 GmbHG erst möglich, wenn im HR die Durchführung der Kapitalerhöhung eingetragen wurde. Bis zum HR-Eintrag begründen diese Beträge noch Gläubigerrechte, sie werden aber später der EK-Stärkung dienen (§ 272 Rz 29 ff.). In Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses erfolgt ein Ausweis im oder nach dem EK. Selten ist ein Ausweis als FK; Einlagen sind in den Sonderposten "Zur Durchführung der beschlossenen Kapitalerhöhung geleistete Zahlungen" nach dem EK auszuweisen, wenn die Kapitalerhöhung vor dem Bilanzstichtag beschlossen wurde und die Zahlungen erfolgten, die Eintragung aber noch nicht durchgeführt wurde.[1] Die geleisteten Einlagen werden mit selbiger Postenbezeichnung im EK nach dem gezeichneten Kapital ausgewiesen, wenn die Eintragung der Erhöhung im HR zwischen dem Bilanzstichtag und der Aufstellung des Jahresabschlusses erfolgt. Gesellschafterzahlungen, die die Rücklagen erhöhen, sind bei den Kapitalrücklagen zu berücksichtigen.[2]

[1] Vgl. Bacmeister, WPg 1994, S. 453.
[2] Vgl. Reiner, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 266 HGB Rn 96.

4.2.2 Genussrechte

 

Rz. 128

Genussrechte gewähren keine mitgliedschaftlichen Berechtigungen, sondern schuldrechtliche Ansprüche.[1] Wenn Genussrechte ausgegeben werden und dem Unt als Gegenleistung Mittel zufließen, sind diese bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen als Genussrechtskapital dem EK zuzuordnen.[2] Folgende Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt werden, um eine Gleichstellung von Genussrechten mit dem EK zu erreichen:[3]

  • Es gibt eine erfolgsabhängige Vergütung für das überlassene Kapital.
  • Nach der Aufzehrung der Rücklagen nimmt das Genussscheinkapital wie das gezeichnete Kapital an den Bilanzverlusten teil.
  • Der Rückzahlungsanspruch rangiert im Insolvenzfall hinter den anderen Gläubigern. Sie werden also erst nach den Gläubigern aus der Insolvenzmasse befriedigt (Nachrangigkeit).
  • Das Genussscheinkapital steht dem Unt längerfristig[4] zur Verfügung. Eine Auszahlung nach einer mehrjährigen Kündigungsfrist ist nicht möglich, sondern nur die Umwandlung in haftendes Kapital.
 

Rz. 129

Genussrechte sind bei Erfüllung der Voraussetzungen gesondert innerhalb des EK auszuweisen. Da es die Funktion von Haftungskapital übernimmt, ist grds. ein Ausweis nach dem "Gezeichnetem Kapitel" zu empfehlen. Wenn das Genussrechtskapital ein Agio enthält, wird ein Ausweis nach den Gewinnrücklagen vorgeschlagen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist ein getrennter Ausweis von Agio und Genussrechtskapital innerhalb des EK zu empfehlen,[5] ein Davon-Vermerk oder ein gesonderter Unterposten (§ 265 Abs. 5 HGB) bei der Kapitalrücklage erscheint zulässig. Resultiert aus der Emission ein Disagio (§ 250 Rz 19 ff.), ist der Nennbetrag des gesondert auszuweisenden Genussrechtskapitals entsprechend zu kürzen.[6]

Art und Anzahl der ausgegebenen und der neu entstandenen Genussrechte sind im Anhang anzugeben (§ 160 Abs. 1 Nr. 6 AktG).

[1] Vgl. BGH, Urteil v. 5.10.1992, II ZR 172/91, BGHZ 119 S. 309 – Klöckner; FG Karlsruhe, Urteil v. 3.12.2004, 10 K 225/01, EFG 2005 S. 530 – Global Futures Fund I Ltd.; Ziebe, BB 1984, S. 2211 f.; Sontheimer, BB, Beilage 19/1984, S. 1 f.
[2] Vgl. Küting/Dürr, DStR 2005, S. 950 f.; IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023, Kap. F Rz 1335.
[3] Vgl. IDW HFA 1/1994, WPg, 1994, S. 420; Dusemond/Heusinger-Lange/Knop, in Küting/Weber, HdR-E, § 266 HGB Rz 171, Stand: 12/2021; Hultsch/Roß/Drögemüller, BB 2007, S. 820 f.; Emmerich/Naumann, WPg 1994, S. 678 ff.
[4] Vgl. zum Kriterium "längerfristig" z. B. Wengel, DStR 2001, S. 1319 ff.
[5] Vgl. Emmerich/Naumann, WPg 1994, S. 685.
[6] Vgl. Marx/Dallmann, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 266 HGB Rz 184 f., Stand: 7/2022.

4.2.3 Einlagen stiller Gesellschafter

 

Rz. 130

Für den Ausweis von Einlagen stiller Gesellschafter gibt es keine expliziten Regelungen. Da die Regelungen der §§ 230ff. HGB zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten und Typen von stillen Gesellschaften und dementsprechend unterschiedliche Ausweisvorschläge enthalten, wird es für zulässig erachtet, die Einlagen stiller Gesellschafter anhand der gleichen Kriterien wie bei den Genussrechten[1] (Rz 128) gesondert unmittelbar nach dem EK bzw. nach dem gezeichneten Kapital als separater Posten "Kapital des stillen Gesellschafters" auszuweisen. Bei typischen stillen Gesellschaften gem. §§ 230ff. HGB (ausschl. Beteiligung am Ergeb...

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