Leitsatz

Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die zumutbare Belastung bei getrennter Veranlagung von Ehegatten vom Gesamtbetrag der Einkünfte beider Ehegatten berechnet wird.

 

Normenkette

§ 26a Abs. 2 S. 1, § 33 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EStG, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Der in Gütertrennung lebende verheiratete Kläger machte außergewöhnliche Belastungen von 16 148 DM (2001) und 6 954 EUR (2002) geltend. Das FA veranlagte den Kläger und dessen Ehefrau jeweils antragsgemäß getrennt zur ESt. Den Gesamtbetrag der Einkünfte des Klägers ermittelte es dabei für 2001 mit 90 301 DM, legte allerdings der Berechnung der zumutbaren Belastung den Gesamtbetrag der Einkünfte beider Ehegatten von 177 578 DM zugrunde. Ebenso verfuhr es für 2002 bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte beider Ehegatten von 83 734 EUR. Das FA ermittelte jeweils die zumutbare Belastung des Klägers nach dem Prozentsatz, der für die dem Splitting-Verfahren unterliegenden Steuerpflichtigen in § 33 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG vorgesehen ist.

Das FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.09.2007, 6 K 83/07, Haufe-Index 1954570, EFG 2008, 792) entsprach dem Anliegen des Klägers, die zumutbare Belastung nur aus dessen Gesamtbetrag der Einkünfte zu errechnen und den Gesamtbetrag der Einkünfte der getrennt veranlagten Ehefrau außer Betracht zu lassen.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage mit den unter Praxishinweisen dargestellten Erwägungen ab.

 

Hinweis

1. Die außergewöhnlichen Belastungen werfen bei getrennter Veranlagung zwei Fragen auf, nämlich (1.) die – hier streitige – Frage, mittels welcher Rechengrößen der Abzugsbetrag insgesamt einschließlich der den Abzugsbetrag wiederum mindernden zumutbaren Belastung zu ermitteln ist und (2.) in welcher Weise der so ermittelte Abzugsbetrag beim einen oder anderen Ehegatten zum Abzug gelangt. Beide Fragen beantwortet § 26a Abs. 2 S. 1 EStG: bei getrennter Veranlagung sind außergewöhnliche Belastungen "i.H.d. bei einer Zusammenveranlagung in Betracht kommenden Betrags"jeweils zur Hälfte zu berücksichtigen, falls keine andere Aufteilung beantragt ist.

Deshalb entschied hier der BFH, die zumutbare Belastung wie bei einer Zusammenveranlagung zu ermitteln, also mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte beider Ehegatten und folgerichtig auch mit dem bei einer Zusammenveranlagung geltenden Prozentsatz nach § 33 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG.

2. Eine andere Auslegung hielt der BFH auch nicht von Verfassungs wegen geboten. Eine mögliche punktuelle Benachteiligung gegenüber nicht ehelichen Lebensgemeinschaften sei hinzunehmen, weil die Regelung insgesamt keine Schlechterstellung von Eheleuten bewirkt. Zusammenlebende Eheleute bilden auch bei getrennter Veranlagung eine Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich jeweils zur Hälfte teilhat.

Das EStG betrachtet Eheleute nicht als Einzelne; so ist etwa bei der Berechnung der zumutbaren Belastung Alleinstehender stets ein geringerer Prozentsatz zugrunde zu legen und Ehegatten können nach § 26a Abs. 2 S. 1 EStG eine andere als die hälftige Aufteilung der abziehbaren Aufwendungen wählen.

Aus Art. 6 Abs. 1 GG folgt keine Verpflichtung für den Gesetzgeber, Steuerpflichtige vor den Folgen ihrer selbst gewählten, möglicherweise weniger vorteilhaften Gestaltungsformen zu bewahren. Wählen Ehegatten eine Veranlagungsform, die der von Alleinstehenden nahe kommt, ohne die Vorstellung von der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft aufzugeben, verstoßen die sich daraus ergebenden einkommensteuerrechtlichen Folgen nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG (BFH, Urteil vom 21.09.2006, VI R 80/04, BFH/NV 2006, 2361, BFH/PR 2007, 89).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.03.2009 – VI R 59/08

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