FinMin Baden-Württemberg, 30.11.1989, S 4521 A - 10/83

I. Bei Erwerbsvorgängen im Rahmen sog. Bauherrenmodelle umfaßt die grundsteuerliche Gegenleistung alle Aufwendungen, die der Erwerber des Objekts in dem zwischen den Beteiligten des Vertragsbündels vereinbarten Zustand (z. B. auch für nachträglich vereinbarte Sonderwünsche oder Modernisierungen) aufbringen muß (BFH, Urteil vom 19. 7. 1989, BStBl. 1989 II, 685). Bei den in den Verträgen genannten Leistungen und Leistungsteilen ist dabei jeweils zu prüfen, ob es sich nur um die Offenlegung von Kalkulationsbestandteilen handelt, oder ob ein eigenständiger Leistungsaustausch neben der Gegenleistung für den Erwerb vereinbart wurde.

II. In die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage sind daher einzubeziehen

  1. der Kaufpreis (Anteil) für den Grund und Boden;
  2. die (anteiligen) Baukosten (Herstellungskosten und Baunebenkosten);
  3. die Gebühren für

    1. den Treuhänder und dessen Vermittlung,
    2. die technische Baubetreuung,
    3. die wirtschaftliche Betreuung;
  4. Finanzierungs- und Geldbeschaffungskosten, wie z. B.

    1. die bis zur Fertigstellung angefallenen Kreditzinsen und Finanzierungsnebenkosten,
    2. Gebühren für die Besorgung der Zwischenfinanzierung,
    3. Gebühren für die Mithaftung für das Fremdkapital während der Bauzeit,
    4. Gebühren für die Freistellung von Zwischenfinanzierungskosten,
    5. Bürgschaftsprovisionen;
  5. Aufwendungen für Garantieverträge wie z. B. für die

    1. Finanzierungs- und Fertigstellungsgarantie,
    2. Zinsgarantie für Kosten der Zwischenfinanzierung bis zur Bezugsfertigkeit,
    3. Wertsteigerungsgarantie,
    4. Ausbietungsgarantie;
  6. vom Erwerber übernommene Verpflichtungen des Veräußerers gegenüber Dritten, wie z. B.

    1. Vermessungskosten,
    2. Maklergebühren (des Veräußerers),
    3. Kosten der Projekt- (Prospekt-)prüfung, -ausarbeitung und -werbung,
    4. Prämien für die Sach- und Haftpflichtversicherungen während der Bauzeit.

III. Beträge für Leistungen, die mit der Verschaffung des Objekts nicht im Zusammenhang stehen, die aber auch bei Nichtinanspruchnahme der Leistungen gezahlt werden müssen, müssen zur Bemessungsgrundlage gerechnet werden. Sind diese Zahlungen jedoch Entgelt für tatsächlich erbrachte Leistungen, wie z. B. für die

  1. Besorgung der Endfinanzierung,
  2. Besorgung einer Vermietung nebst Mietgarantie,
  3. steuerliche und rechtliche Beratung des Erwerbers,

so rechnen sie nicht zur Gegenleistung, soweit sie in ihrer Zweckbestimmung der Höhe nach angemessen sind; unangemessene Kosten dieser Art sind als verdeckte Beschaffungskosten und damit als steuerliche Gegenleistung anzusehen. Die Frage der Angemessenheit ist nach einkommensteuerlichen Grundsätzen zu entscheiden.

IV. Nicht zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehören Zahlungen und Leistungen, die dem Erwerber selbst als eigene Verpflichtungen dritten Personen gegenüber obliegen, die nicht Teilnehmer des Vertragsbündels sind, wie z. B.

  1. die GrESt,
  2. Notariatsgebühren für den Kaufvertrag,
  3. Grundbuchkosten.

Das gilt auch, wenn sie zunächst der „Veräußererseite” als durchlaufende Posten zur Weiterleitung an den berechtigten Empfänger zufließen. Eine andere Beurteilung ergibt sich nur in den Ausnahmefällen, in denen der Veräußerer sie übernommen hat und sie unabhängig von ihrer tatsächlichen Höhe in die Kalkulation mit einem Prozentsatz des Gesamtaufwandes aufgenommen werden (vgl. BFH, Urteil vom 19. 7. 1989, a. a. O.).

V. Wegen der vielfältigen Möglichkeiten der Wortwahl zur Bezeichnung der einzelnen Kostenarten kann die vorstehende Auflistung nicht vollständig sein. Die endgültige Entscheidung über den Umfang der Gegenleistung kann sich deshalb nicht nach der vertraglichen Bezeichnung der vereinbarten Kosten richten; die abschließende grunderwerbsteuerliche Behandlung muß vielmehr entsprechend den Verhältnissen des Einzelfalles nach dem tatsächlichen Gehalt der erbrachten Leistung beurteilt werden. Die vorstehende Auflistung kann dabei vorbehaltlich einer anderweitigen Rspr. lediglich als allgemeine Richtschnur dienen.

VI. Vorstehende Ausführungen gelten grundsätzlich auch für Erwerbermodelle. Allerdings können sich hier Abweichungen aus dem Urteil des BFH vom 12. 2. 1992 (BStBl. 1992 II, 422) ergeben.

Dieser Erlaß ergeht im Einvernehmen mit den obersten Fiannzbehörden der anderen Länder und tritt an die Stelle des Bezugserlasses.

 

Normenkette

GrEStG § 8

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