Leitsatz

Die bloße Nutzung im Rahmen praktischer Tätigkeit erworbener beruflicher Kenntnisse im Bereich des Personalwesens zur Erbringung von Beratungsleistungen auf dem EDV-Gebiet gegenüber Kunden ist als gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren

 

Sachverhalt

Der Kläger absolvierte 1972 eine Ausbildung zum Industriekaufmann und war danach bis 1994 als Angestellter im EDV-Bereich tätig. Seit 1994 ist er selbständig. Er beriet in den Jahren 1990-1997 verschiedene Unternehmen bei Problemen aus dem Anwendungsbereich elektronischer Daten-Verarbeitung. Er war darauf spezialisiert, Hilfestellung bei der Einführung von Standard-Software bei und nach erstmaligem Einsatz zu geben. Seine Tätigkeit bestand in der Betreuung und Beratung bei der technischen Umsetzung der Software, wozu er vorhandene Unterlagen auswertet und für sich ein Ablaufschema entwickelt, mit dem er die entsprechende Datenbank so umsetzen konnte, dass bei den Kunden der Systemwechsel möglich wurde. Daneben schulte er die Systembetreuer in den jeweiligen Unternehmen, aber auch Fachabteilungen (Personal). Der Kläger erklärte die Einkünfte als solche aus nichtselbständiger Arbeit, die nach einer Außenprüfung durch das FA als gewerblich eingestuft wurden. Der Kläger ist der Auffassung, er übe eine freiberufliche Tätigkeit aus, weil seine Tätigkeit mit der eines Wirtschaftsinformatikers vergleichbar ist.

 

Entscheidung

Die Klage wird als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzamt hat zu Recht gewerbliche Einkünfte angenommen, weil der Kläger keine einem Ingenieur ähnliche Tätigkeit ausübte. Insbesondere gehört zur freiberuflichen Tätigkeit gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG die selbständige Berufstätigkeit von Ingenieuren. Der Tätigkeit als freiberuflich werden jedoch nur berufstypische Tätigkeiten zugeordnet, d.h. solche, die zum Berufsbild eines der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgeführten Berufe gehören. Freiberuflich ist die Tätigkeit eines Ingenieurs aber nur dann, wenn er berufstypische Leistungen erbringt, d. h. solche, die zum Berufsbild eines der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgeführten Berufe gehören, was im vorliegenden Fall nicht zutrifft, weil der Kläger Standard-Software-Programme im Bereich des Personalwesens installierte, beriet und Hilfestel- lung bei der Einführung dieser Programme gab und sich damit wesentlich von einem Softwareentwickler unterscheidet, der sich grundsätzlich ingenieurmäßig betätigt. Wesentlich für die Tätigkeit des Dipl. Informatikers ist es aber, technische Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen.

 

Hinweis

Nach der Rechtsprechung des BFH (BFH, Urteil v. 30.4.1994, I R 54/93, BStBl 1994 II S. 864) trägt grundsätzlich der Steuerpflichtige die Feststellungslast für das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 EStG mit der Folge, dass mangels Nachweis der Ausübung einer ingenieurähnlichen Tätigkeit im Zweifel Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 2 Abs. 1 GewStG und § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG und § 15 Abs. 2 EStG angenommen wird. Verfügt der Steuerpflichtige nicht über einen Abschluss als Absolvent einer Hochschule (Diplom), Fachhochschule oder Fachschule, muss er eine vergleichbare Tiefe und Breite seiner Vorbildung nachweisen. Diesen Nachweis kann der Autodidakt nach der Rechtsprechung durch Belege über eine erfolgreiche Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, anhand praktischer Arbeiten oder auch durch eine Art Wissensprüfung führen.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 02.07.2003, 2 K 464/99

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