Zuordnung der erbrachten Leistung als Zielsetzung: Wie bereits ausgeführt, unterscheidet sich der umsatzsteuerrechtliche Begriff der Betriebsstätte sowohl vom ertragsteuerlichen Begriff als auch von der Definition in den bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Das mag auch nicht verwundern, da sich die Zielsetzung im Hinblick auf "die Betriebsstätte" aus Sicht der jeweiligen Steuerarten unterscheidet. Durch die ertragsteuerliche Betriebsstätte soll die Verteilung von Unternehmensgewinnen gelingen. Dies haben auch die in den OECD-Doppelbesteuerungsabkommen enthaltenen Regelungen zum Ziel, welche die Aufteilung des Besteuerungsrechts zwischen den beteiligten Staaten regeln. Ziel aus Sicht der Umsatzsteuer ist hingegen die Zuordnung der erbrachten Leistung.

Ausgangspunkt für die ertragsteuerliche Betrachtung ist zunächst, wo das Unternehmen seinen Sitz bzw. seine Geschäftsleitung hat. Sofern dies nicht in Deutschland ist, ist das Unternehmen im Inland grundsätzlich nicht steuerpflichtig. Vor dem Hintergrund des seit der Pandemie weit verbreiteten Homeoffice, ist insbesondere zu prüfen, ob die Tätigkeit eines ausländischen Arbeitnehmers im Inland eine ertragsteuerliche Betriebsstätte bzw. eine feste Geschäftseinrichtung nach bilateralen DBA – verglichen mit dem OECD-MA – begründet.

Legaldefinition der Betriebsstätte in § 12 AO: Was der nationale Gesetzgeber als Betriebsstätte versteht, ist in § 12 AO legal definiert. § 12 S. 2 AO enthält auch einen nicht abschließenden Positivkatalog. Jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient, ist eine Betriebsstätte.[23] Die feste Geschäftseinrichtung wird dabei sowohl durch eine räumliche als auch eine zeitliche Komponente bestimmt, die in Abhängigkeit zueinander stehen.[24] Eine feste Geschäftseinrichtung setzt eine feste Beziehung zu einem bestimmten Teil der Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist und einem Unternehmen dient.[25] Darüber hinaus darf die durch ständige Rechtsprechung verankerte Notwendigkeit der Verfügungsmacht des Unternehmers über diese Einrichtung – wobei auch ein Raum ausreichend ist -nicht nur vorübergehend sein.[26] Die Verfügungsmacht darf auch nicht eingeschränkt werden, der Raum muss daher tatsächlich zur Verfügung stehen.[27] Die ständige Nutzung fremder Räume im Interesse des Kunden erfüllt diese Voraussetzung nur, wenn er dadurch in eine Rechtsposition gelangt, die ihm der Kunde nicht mehr einseitig entziehen kann oder zusätzliche Umstände hinzukommen, die auf eine örtliche Verfestigung der Tätigkeit schließen lassen, in der sich eine gewisse Verwurzelung des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit ausdrückt.[28] Im Hinblick auf Homeoffice des Arbeitnehmers bedeutet dies grundsätzlich Folgendes: Da der Arbeitgeber in der Regel keine uneingeschränkte Verfügungsmacht über die Privaträume seines Arbeitnehmers hat, eliminiert dies bei Arbeiten im Homeoffice zumeist die Begründung einer ertragsteuerlichen Betriebsstätte.[29] Darüber hinaus enthält § 12 AO das weitere Kriterium einer auf eine gewisse Dauer angelegten und vor Ort selbst ausgeübten Tätigkeit. Dies ist in der Regel ab einem Zeitraum von mehr als sechs Monaten zu bejahen.[30] Begründet der Unternehmer in Deutschland eine Betriebsstätte, ist das Unternehmen mit den in der Betriebsstätte erzielten Gewinnen beschränkt steuerpflichtig, sofern ein entsprechendes DBA Deutschland das Besteuerungsrecht zuordnet.

Darüber hinaus kann auch durch einen ständigen Vertreter im Inland eine beschränkte Steuerpflicht entstehen (§ 13 AO). Ständige Vertreter sind Personen, die nachhaltig Geschäfte eines Unternehmens besorgen, indem sie insbesondere Verträge abschließen oder vermitteln, oder Aufträge einholen.[31]

Definition gem. Art. 5 OECD-MA: Gemäß Art. 5 des OECD-MA wird eine Betriebsstätte durch eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird, begründet (Abs. 1). Sofern eine Geschäftseinrichtung existiert, ist für ihre Festigkeit neben der geographischen auch eine zeitliche Komponente, durch die ihre Beständigkeit forciert wird, relevant.[32] Voraussetzung ist daher einerseits eine feste Verbindung zur Erdoberfläche.[33] Zur Voraussetzung der zeitlichen Komponente enthalten andererseits weder das Musterabkommen – mit Ausnahme zu Bausauführungen und Montagen in Abs. 3 – noch der dazugehörige Kommentar eine feste Frist. In der Praxis wird bei einer Dauer von weniger als sechs Monaten regelmäßig nicht von einer Betriebstätte ausgegangen.[34] Darüber hinaus kommt es auch nach dem Musterabkommen – wie in der deutschen Rechtsprechung – hinsichtlich der Geschäftseinrichtung darauf an, dass das Unternehmen die tatsächliche Möglichkeit hat, einen gewissen Ort im Sinne der Einrichtung für Zwecke seiner Geschäftstätigkeit zu nutzen (Verfügungsmacht).[35] Entscheidend ist dabei die partielle, tatsächliche Tätigkeitsausübung und die physische Präsenz.[36] Dab...

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