Entscheidungsstichwort (Thema)

Tariflicher Urlaubsabgeltungsanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

Gegen eine Vereinbarung, nach der ein wegen Zeitablaufs am Ende des Jahres erloschener tariflicher Urlaub im nachfolgenden Jahr in einem bestimmten Zeitabschnitt gewährt werden soll, bestehen keine rechtlichen Bedenken.

Ist die Gewährung dieses Urlaubs wegen Krankheit des Arbeitnehmers zum vereinbarten Termin nicht möglich, erlischt der Anspruch mit Ablauf dieses Zeitabschnitts.

 

Orientierungssatz

Auslegung des § 18 des Manteltarifvertrages für die Arbeiter und Angestellten in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden vom 31.5.1980 und des § 2 des Urlaubsabkommens für die Arbeiter und Angestellten in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden vom 23.1.1979.

 

Normenkette

TVG § 1; BUrlG §§ 13, 7 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 17.01.1985; Aktenzeichen 11 Sa 231/84)

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 28.05.1984; Aktenzeichen 1 Ca 456/83)

 

Tatbestand

Der Kläger war bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien war kraft beiderseitiger Tarifbindung u. a. das Urlaubsabkommen für die Arbeiter und Angestellten in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden vom 23. Januar 1979 (UA) sowie der Manteltarifvertrag für die Arbeiter und Angestellten in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden vom 31. Mai 1980 (MTV) anzuwenden.

§ 2.2 und § 2.3 UA lauten:

"2.2 Der Urlaub wird zur Erholung gewährt. Er muß im

laufenden Kalenderjahr, und zwar grundsätzlich

zusammenhängend gewährt und genommen werden.

.....

2.3 Eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs ist nicht

zulässig.

Ausnahmen davon sind nur möglich bei Kündigung

des Arbeitsverhältnisses und bei längerer Krankheit.

Das gleiche gilt beim Tod des Arbeitnehmers. Der

Urlaubsanspruch, der dem Arbeitnehmer noch zugestanden

hätte, ist gegenüber dem Ehegatten oder

den unterhaltsberechtigten Angehörigen abzugelten.

Bei mehreren unterhaltsberechtigten Angehörigen

kann der Arbeitgeber mit befreiender Wirkung

an einen der Anspruchsberechtigten zahlen."

In § 2.10 und § 2.11 UA ist bestimmt:

"2.10 Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste

Kalenderjahr ist nur aus persönlichen oder dringenden

betrieblichen Gründen statthaft.

2.11 Der Urlaubsanspruch, der während eines Urlaubsjahres

entsteht, erlischt drei Monate nach Ablauf

des Urlaubsjahres, es sei denn, daß er erfolglos

geltend gemacht wurde."

§ 18 MTV lautet:

"§ 18

Ausschlußfristen

§ 18.1 Ansprüche der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis

sind dem Arbeitgeber gegenüber folgendermaßen

geltend zu machen:

§ 18.1.1 Ansprüche auf Zuschläge aller Art innerhalb

von 2 Monaten nach Fälligkeit;

§ 18.1.2 alle übrigen Ansprüche innerhalb von 6 Monaten

nach Fälligkeit, spätestens jedoch innerhalb

von 3 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen

geltend gemacht werden, sind verwirkt, es sei

denn, daß der Arbeitnehmer durch unverschuldete

Umstände nicht in der Lage war, diese Fristen

einzuhalten."

Der Kläger hatte bis zum Jahresschluß 1981 seinen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen mit Ausnahme eines Urlaubstags nicht genommen, obwohl weder persönliche noch betriebliche Gründe der Verwirklichung des Anspruchs entgegengestanden hatten.

Im Januar 1982 hat der Kläger von der Beklagten fünf Tage Urlaub unter Verrechnung auf den Jahresurlaub 1981 erhalten. Die Parteien haben zudem abgesprochen, daß der Kläger den restlichen Urlaub des Jahres 1981 vom 12. März bis zum 16. April 1982 nehmen sollte. Nach Urlaubsantritt erkrankte der Kläger am 17. März 1982 auf Dauer arbeitsunfähig. Er ist bei der Beklagten inzwischen ausgeschieden, ohne die Arbeitsfähigkeit wiedererlangt zu haben.

Am 17. März 1983 hat die Beklagte dem Kläger vorgeschlagen, den Urlaubsanspruch 1982 als Abgeltung zu fordern. Dem ist der Kläger nachgekommen. Die Beklagte hat die Abgeltung gezahlt.

Am 29. März 1983 hat der Kläger während des zu dieser Zeit noch bestehenden Arbeitsverhältnisses erstmals die Abgeltung seines Resturlaubs für das Jahr 1981 geltend gemacht, den er in Höhe von 21 Tagen wegen seiner Arbeitsunfähigkeit nicht hatte nehmen können.

Mit seiner am 23. Juni 1983 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Gewährung einer Abgeltung für 21 Urlaubstage einschließlich des tariflichen Urlaubsgeldes in unstreitiger Höhe.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.668,12 DM (brutto) zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 4. Mai 1983 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klagantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend den Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Abgeltung für einen Urlaubsanspruch des Klägers verneint.

1. Dem Kläger steht für das Jahr 1981 kein tariflicher Urlaubsanspruch mehr zu.

a) Der für den Kläger nach § 2.1 und § 3.1 UA für das Kalenderjahr 1981 entstandene Urlaubsanspruch ist mit Ablauf des Jahres 1981 erloschen.

Nach § 2.2 UA muß der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nach § 2.10 UA nur aus persönlichen oder dringenden betrieblichen Gründen statthaft.

Der Kläger hat im Jahre 1981 den ihm zustehenden Urlaub nicht genommen. Da unstreitig persönliche oder dringende betriebliche Gründe der Urlaubsgewährung nicht entgegengestanden haben, kommt eine Übertragung des Urlaubs i. S. von § 2.10 UA auf das nächste Kalenderjahr nicht in Betracht. Der Urlaubsanspruch aus dem Jahre 1981 war daher mit dem Jahresende 1981 erloschen.

b) Dem steht § 2.11 UA nicht entgegen. In dieser Bestimmung ist zwar geregelt, daß der Urlaubsanspruch, der während eines Urlaubsjahres entsteht, drei Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres erlischt, es sei denn, daß er erfolglos geltend gemacht wurde. Die Vorschrift schließt, wie auch das Landesarbeitsgericht zutreffend dargelegt hat, inhaltlich an die vorangehende Bestimmung in § 2.10 UA an, setzt also einen in das nachfolgende Kalenderjahr übertragenen Urlaubsanspruch voraus und bestimmt zugleich den zeitlichen Umfang dieses Anspruchs, in dem abweichend von § 2.1 und § 2.2 UA das Ende der Frist auf den Ablauf des dritten Monats des Folgejahres festgelegt wird, wenn die in dieser Bestimmung genannten Merkmale erfüllt sind. Das trifft auf den Anspruch des Klägers nicht zu.

c) Ein tarifvertraglicher Abgeltungsanspruch kann für den Kläger auch nicht aus § 2.3 UA hergeleitet werden. Nach dieser Vorschrift ist zwar u. a. auch bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis möglich, den Urlaub abzugelten, wenn der Urlaub wegen längerer Krankheit nicht genommen werden kann. Voraussetzung für den Abgeltungsanspruch ist damit aber jedenfalls, daß der Urlaubsanspruch nicht schon vorher aus anderen Gründen untergegangen ist. Hier scheitert der Abgeltungsanspruch nach § 2.3 UA daran, daß der Urlaubsanspruch des Klägers nicht in das Jahr 1982 übertragen ist. Dies hat das Landesarbeitsgericht bei seinen Erwägungen übersehen.

2. Der Abgeltungsanspruch des Klägers läßt sich schließlich auch nicht mit der von den Parteien getroffenen Vereinbarung rechtfertigen, nach der der Kläger "den restlichen Urlaub des Jahres 1981 vom 12. März bis 16. April 1982 nehmen" sollte.

Inhalt dieser Vereinbarung ist nur, daß der bereits am 31. Dezember 1981 erloschene Urlaubsanspruch vom Kläger dennoch in der verabredeten Zeit vom 12. März bis 16. April 1982 genommen werden sollte. Die Erfüllung dieser Verpflichtung ist der Beklagten unmöglich geworden, ohne daß sie dies zu vertreten hätte. Daher hatte mit Ablauf des 16. April 1982 die Beklagte keine Pflicht, den Kläger ein weiteres Mal aufgrund der Vereinbarung freizustellen. Soweit das Landesarbeitsgericht erwogen hat, daß wegen der Unmöglichkeit der Urlaubsverwirklichung nunmehr die Beklagte verpflichtet sei, diesen Urlaubsanspruch abzugelten, kann dem nicht zugestimmt werden.

Der von den Parteien vereinbarte Urlaub vom 12. März bis zum 16. April 1982 hat seinen Rechtsgrund allein in der Vereinbarung der Parteien, nicht in den Regelungen des Tarifvertrages. Um einen Abgeltungsanspruch nach dem Urlaubsabkommen auszulösen, hätte es deshalb außerdem einer entsprechenden Vereinbarung bedurft, durch die sich die Beklagte verpflichtete, auch in diesem Fall eine Abgeltung zu gewähren. Eine solche Abrede haben die Parteien nicht getroffen. Damit entfällt jede Grundlage für die Annahme eines Abgeltungsanspruchs.

Stand dem Kläger damit entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts am 16. April 1982 kein Urlaubsabgeltungsanspruch und dementsprechend auch kein tarifliches Urlaubsgeld zu, kann es auf die Ausschlußfrist nach § 18.1.2 MTV nicht ankommen, auf deren Ablauf das Landesarbeitsgericht für seine Entscheidung maßgeblich abgestellt hat.

Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Peifer

Dr. Liebers Brückmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 441506

BAGE 56, 49-53 (LT1)

BAGE, 49

DB 1987, 2524-2524 (LT)

JR 1988, 220

RdA 1987, 384

AP § 7 BUrlG Abgeltung (LT1), Nr 36

AR-Blattei, ES 1640 Nr 298 (LT1)

AR-Blattei, Urlaub Entsch 298 (LT1)

EzA § 4 TVG Metallindustrie, Nr 34 (LT1)

EzBAT § 47 BAT, Nr 7 (LT1)

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