Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellung des Betriebsrats von Einigungsstellenkosten

 

Orientierungssatz

Gegenstand der Entscheidung ist die Frage, ob dem Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber ein Freistellungsanspruch bezüglich der Honorarkosten eines betriebsfremden Beisitzers in der Einigungsstelle (hier: Rechtsanwalt) zusteht.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1, § 76 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Entscheidung vom 29.09.1986; Aktenzeichen 1 BV 22/85)

LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 11.02.1986; Aktenzeichen 6 TaBV 49/86)

 

Gründe

I. Zwischen dem beteiligten Betriebsrat (Antragsteller) und der Antragsgegnerin besteht Streit darüber, ob die Antragsgegnerin verpflichtet ist, den Antragsteller von Honoraransprüchen der Rechtsanwälte Dr. B und G aus H wegen Tätigkeit des Rechtsanwalts G als Beisitzer in einer Einigungsstelle freizustellen.

Im Frühjahr 1982 beabsichtigte die Antragsgegnerin, 70 Arbeitnehmer zu entlassen. Der Antragsteller vertrat seinerzeit die Auffassung, es handele sich um eine Betriebsänderung i. S. des § 111 BetrVG. Dem trat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 3. März 1982 entgegen. Der Antragsteller beantragte darauf beim Arbeitsgericht Flensburg mit Schriftsatz vom 9. März 1982 den Erlaß einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel, der Antragsgegnerin zu untersagen, vor den Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan gemäß §§ 111, 112 BetrVG die von ihr am 8. März 1982 beabsichtigten Entlassungen vorzunehmen (1 BvGa 4/82). Am 12. März 1982 beantragte der Antragsteller, den Direktor des Arbeitsamtes Flensburg als Vorsitzenden der Einigungsstelle zum Zwecke der Verhandlung über einen Interessenausgleich und Sozialplan zu bestellen und die Anzahl der Beisitzer der Einigungsstelle auf je drei Personen zu bestimmen (1 Bv 5/82). In dem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung schlossen die Beteiligten am 17. März 1982 den folgenden Vergleich:

"1. Die Beteiligte zu 2 verpflichtet sich, bis

zum Ablauf des 31. März 1982 keine Kündigungen

aus betrieblichen Gründen auszusprechen.

2. Die Beteiligten einigen sich dahingehend, daß

als Einigungsstellen-Vorsitzender der Direktor

des Arbeitsamtes Flensburg, K H ,

bestellt wird und die Zahl der Beisitzer auf

je 3 festgesetzt wird. Die Beteiligten sind

sich darüber einig, daß die Einigungsstelle

auch über ihre Zuständigkeit entscheiden

kann.

3. Damit sind dieses Verfahren und das Verfahren

1 BV 5/82 erledigt."

Beisitzer auf Seiten der Arbeitnehmer waren der Betriebsratsvorsitzende U, die Rechtssekretärin S und Rechtsanwalt G. Für den Arbeitgeber waren der Geschäftsführer der Antragsgegnerin, Dr. M, Assessor D vom Arbeitgeberverband der Metallindustrie in Hamburg sowie der Syndikus Hi vom Arbeitgeberverband Flensburg-Schleswig-Eckernförde e.V. in Flensburg als Beisitzer tätig. Das Einigungsstellenverfahren endete mit der durch Beschluß getroffenen Feststellung, daß die Einigungsstelle nicht zuständig sei. Der Vorsitzende der Einigungsstelle erhielt ein Honorar von 5.000,-- DM. Der Rechtssekretärin S zahlte die Antragsgegnerin ein Honorar von 3.500,-- DM. Mit Schreiben vom 11. Mai 1982 stellte Rechtsanwalt G, der dem Einigungsstellenvorsitzenden unter dem 26. März 1982 den Entwurf einer Betriebsvereinbarung zugesandt sowie für den Antragsteller zu aufgeworfenen Rechtsfragen Stellung genommen hatte, der Antragsgegnerin über den Antragsteller ein Honorar in Höhe von 3.500,-- DM zuzüglich Fahrtkosten in Höhe von 136,-- DM sowie 13 v.H. Mehrwertsteuer in Höhe von 472,70 DM in Rechnung. Die Antragsgegnerin weigerte sich jedoch, den mit der Honorar-Rechnung vom 11. Mai 1982 geltend gemachten Betrag von insgesamt 4.108,70 DM zu zahlen, da die Mitwirkung eines Rechtsanwalts am Einigungsstellenverfahren nicht erforderlich gewesen sei. Daraufhin versuchte Rechtsanwalt G, sein Zahlungsbegehren gegen die Antragsgegnerin in einem Beschlußverfahren beim Arbeitsgericht Flensburg durchzusetzen (1 BV 16/82). Der Betriebsrat der Antragsgegnerin, der jetzige Antragsteller, war in diesem Verfahren Beteiligter. Das Arbeitsgericht verpflichtete mit Beschluß vom 15. November 1982 die Antragsgegnerin dazu, an Rechtsanwalt G 4.108,70 DM nebst 4 v. H. Zinsen seit 15. Oktober 1982 zu zahlen. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin änderte das Landesarbeitsgericht durch Beschluß vom 9. März 1984 - 3 Ta BV 4/83 - den erstinstanzlichen Beschluß ab und wies, ohne die Rechtsbeschwerde zuzulassen, den Antrag zurück. Das Landesarbeitsgericht begründete dies damit, der Betriebsrat habe mit Rechtsanwalt G nicht vereinbart, daß dessen Tätigkeit als betriebsfremder Beisitzer in der Einigungsstelle entgeltlich sein solle. Die hiergegen von Rechtsanwalt G eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde blieb ohne Erfolg (BAG Beschluß vom 28. Juni 1984 - 6 ABN 19/84 -).

Mit einer Kostenrechnung vom 3. April 1985 nahm die Anwaltskanzlei G daraufhin den Antragsteller auf Zahlung eines Betrages von 4.108,70 DM in Anspruch. Mit dem vorliegenden Beschlußverfahren begehrt der Antragsteller von der Antragsgegnerin, ihn von den gegen ihn geltend gemachten Honoraransprüchen der Rechtsanwälte B und G "wegen anwaltlicher Tätigkeit als Beisitzer in der Einigungsstelle" gemäß Kostenrechnung vom 3. April 1985 in Höhe von 4.108,70 DM freizustellen. Zur Begründung seines Freistellungsbegehrens hat er vorgetragen, er werde von den vorgenannten Rechtsanwälten in Anspruch genommen, weil der Honoraranspruch von Rechtsanwalt G für die Tätigkeit als Beisitzer in der Einigungsstelle gegenüber der Antragsgegnerin nicht habe realisiert werden können. Er - der Antragsteller - habe gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG einen Anspruch auf Kostenfreistellung gegenüber der Antragsgegnerin, wenn und soweit es sich um erforderliche Kosten handele. Es komme dabei darauf an, ob er bei pflichtgemäßer Würdigung der Sachlage eine Hinzuziehung von Rechtsanwalt G als außerbetrieblichem Beisitzer in der Einigungsstelle für erforderlich habe halten können. Dies sei zu bejahen, weil in der Einigungsstelle weitgehend Rechtsfragen behandelt worden seien und Rechtsanwalt G auch beauftragt gewesen sei, sich unmittelbar mit dem Einigungsstellenvorsitzenden in Verbindung zu setzen. Zwar habe er - der Antragsteller - es bei der Beschlußfassung über die Bestellung des Rechtsanwalts G zum Beisitzer der Einigungsstelle versäumt, diesem eine Honorarzusage zu machen, doch komme es darauf nicht an. Denn für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts bedürfe es keiner Honorarzusage, da er nach § 612 Abs. 1 BGB zu dem Personenkreis gehöre, für den eine Vergütung stets als stillschweigend vereinbart gelte. Da er - der Antragsteller - Rechtsanwalt G beauftragt habe, für ihn im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens tätig zu werden, seien Gebühren gemäß § 65 BRAGO entstanden. Diese Gebühren lägen weit unter dem, was nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefordert werden könne, da als Gegenstandswert der Betrag anzusehen sei, über den in den Sozialplanverhandlungen gestritten werde. Im vorliegenden Falle habe der Gegenstandswert über eine Million DM betragen. Jedenfalls bestehe gegen den Antragsteller ein Gebührenanspruch nach § 118 BRAGO, wonach ein Rechtsanwalt bis zu 10/10 der vollen Gebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, des Einreichens, Fertigens oder Unterzeichnens von Schriftsätzen und das Schreiben und Entwerfen von Urkunden verlangen könne. Diese Gebührentatbestände ergäben sich aus dem Gesetz, ohne daß es einer Zusage des Betriebsrats bedurft habe. Er - der Antragsteller - habe die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts auch für erforderlich halten dürfen, da zwischen den Beteiligten streitig gewesen sei, ob eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG vorliege. Insoweit habe es der Klärung schwieriger Fragen bedurft. Es könne auch nicht nachvollzogen werden, weshalb ein Rechtsanwalt, der seinen Beruf ausübe, kein Honorar solle beanspruchen können, zumal der Beisitzerin S ein Honorar gezahlt worden sei, ohne daß sie zuvor eine Zusage erhalten habe. Da die Honorarforderung des Rechtsanwalts G bereits in dem vorhergehenden Beschlußverfahren unmittelbar gegenüber der Antragsgegnerin gerichtlich geltend gemacht worden sei, komme entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine Verwirkung nicht in Betracht. Die Antragsgegnerin könne sich schließlich auch nicht auf den rechtskräftigen Beschluß des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein berufen, da insoweit nur darüber entschieden worden sei, daß dem Rechtsanwalt G kein originärer Anspruch auf ein Beisitzer-Honorar gegen den Arbeitgeber aufgrund einer fehlenden Honorarzusage zustehe.

Der Antragsteller hat beantragt,

die Beteiligte zu 2. (Antragsgegnerin) zu

verurteilen, den Beteiligten zu 1. (Antragsteller)

von den gegen ihn gerichteten Ansprüchen

der Rechtsanwälte B und G ,

H , wegen anwaltlicher

Tätigkeit als Beisitzer in der Einigungsstelle

Interessenausgleich und Sozialplan gemäß

Kostenrechnung vom 1. April 1982 (richtig:

3. April 1985) in Höhe von 4.108,70 DM freizustellen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat erwidert, dem Beisitzer in der Einigungsstelle könne kein Honoraranspruch gegen den Betriebsrat erwachsen, sondern nur gegen den Arbeitgeber. Fehle es aber an einem Honoraranspruch gegen den Antragsteller, komme es nicht mehr darauf an, ob als Anspruchsgrundlage die BRAGO oder eine Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht zu ziehen sei. Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Betriebsrat dem Rechtsanwalt G gleichsam zusätzlich zur Beisitzerbestellung noch einen Auftrag erteilt habe, im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens anwaltlich tätig zu werden. Vielmehr sei Rechtsanwalt G allein in seiner Eigenschaft als Beisitzer tätig geworden. Ansprüche aus dieser Tätigkeit gegen die Antragsgegnerin stünden ihm nicht zu. Hierüber sei rechtskräftig entschieden worden. Darüber hinaus fehle es zur Annahme einer Kostentragungspflicht nach § 40 BetrVG an einem ordnungsgemäß gefaßten Betriebsratsbeschluß. Eine nachträgliche Billigung der Beauftragung des Anwalts durch den Betriebsrat reiche nicht aus. Darüber hinaus sei ein Freistellungsanspruch gemäß § 40 BetrVG verwirkt. Jedenfalls sei der Freistellungsanspruch mit der Beendigung der Amtszeit des seinerzeitigen Betriebsrats im April 1984 erloschen.

Das Arbeitsgericht hat den Freistellungsantrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb ohne Erfolg.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Freistellungsbegehren weiter. Die Antragsgegnerin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

II. Die nach § 92 Abs. 1 ArbGG an sich statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

Dem Antragsteller steht kein Freistellungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin zu, da sich der von Rechtsanwalt G mit Honorarrechnung vom 3. April 1985 geltend gemachte Honoraranspruch allein auf dessen Tätigwerden als betriebsfremder Beisitzer in der Einigungsstelle vom April 1982 bezieht und hierfür als Anspruchsgegner unmittelbar und ausschließlich die Antragsgegnerin in Betracht kommt.

1. Dem Freistellungsbegehren des Antragstellers steht nicht die Rechtskraft des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 9. März 1984 (3 TaBV 4/83) entgegen, denn es geht im vorliegenden Beschlußverfahren um einen anderen Verfahrensgegenstand.

Das vorhergehende Beschlußverfahren bezog sich auf Zahlungsansprüche, die Rechtsanwalt G aufgrund seiner Tätigkeit als betriebsfremder Beisitzer in der Einigungsstelle unmittelbar gegen die Antragsgegnerin richtete. Im vorliegenden Verfahren macht dagegen der Betriebsrat einen Anspruch auf Freistellung gegenüber der Antragsgegnerin geltend, und zwar bezüglich eines vermeintlichen Honoraranspruchs des Rechtsanwalts G gegenüber dem Betriebsrat wegen dessen Tätigwerden als Beisitzer in der Einigungsstelle vom April 1982. Die Frage, ob dem Rechtsanwalt G insoweit unmittelbar ein Zahlungsanspruch gegenüber dem Antragsteller zusteht, war nicht Gegenstand des vorhergehenden Beschlußverfahrens. Dies gilt ebenso für die Frage, ob dem Antragsteller bei Bejahung eines gegen ihn gerichteten entsprechenden Honoraranspruchs des Rechtsanwalts G ein Freistellungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin zusteht.

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin insoweit ein Freistellungsanspruch nach § 40 Abs. 1 BetrVG zustünde, falls die Anwaltskanzlei G u.a. dem Antragsteller Kosten in Rechnung gestellt hätte, die durch ein etwaiges Tätigwerden des Rechtsanwalts G als Verfahrensbevollmächtigter vor der Einigungsstelle entstanden sein könnten (vgl. zu einer derartigen Fallkonstellation BAGE 36, 315 = AP Nr. 9 zu § 76 BetrVG 1972). Auf einen solchen Anspruch des Rechtsanwalts G bezieht sich das Freistellungsbegehren des Antragstellers nicht, so daß es im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung darüber bedarf, ob Rechtsanwalt G für die Abfassung des Schriftsatzes vom 26. März 1982 sowie für die Ausarbeitung des Entwurfs eines Sozialplans den Betriebsrat als Kostenschuldner in Anspruch nehmen und der Antragsteller seinerseits gegenüber der Antragsgegnerin gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG Freistellung von dieser Verbindlichkeit verlangen könnte.

Die Honorarrechnung der Anwaltskanzlei Gäbert u.a. vom 3. April 1985 ist inhaltlich identisch mit der den Gegenstand des vorangegangenen Beschlußverfahrens bildenden Honorarrechnung dieser Anwaltskanzlei vom 11. Mai 1982. Beide Honorarrechnungen beziehen sich eindeutig auf ein Tätigwerden des Rechtsanwalts G als betriebsfremder Beisitzer in der Einigungsstelle. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Art der Kostenberechnung. Rechtsanwalt G hat in diesen Honorarrechnungen nicht eine ihm möglicherweise als Verfahrensbevollmächtigter des Antragstellers nach § 65 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO zustehende Gebühr geltend gemacht. Er hat sich vielmehr in seiner Kostenberechnung erkennbar an dem Honorar des Einigungsstellenvorsitzenden orientiert und "70 % vom Honorar des Vorsitzenden (5.000,-- DM)" nebst Fahrtkosten zuzüglich 13 % Mehrwertsteuer vom Antragsteller begehrt. Damit ist Gegenstand des Freistellungsbegehrens des Antragstellers allein ein etwaiger Anspruch der Anwaltskanzlei Dr. B, G u. a., der sich auf ein Tätigwerden des Rechtsanwalts G als betriebsfremder Beisitzer in der Einigungsstelle bezieht. Ein derartiges - gegenständlich auf diesen Kostenanspruch begrenztes - Freistellungsbegehren kommt auch eindeutig in dem vom Betriebsrat im vorliegenden Verfahren gestellten Freistellungsantrag zum Ausdruck. Der antragstellende Betriebsrat will lediglich festgestellt wissen, daß die Antragsgegnerin verpflichtet ist, ihn von den gegen ihn gerichteten Ansprüchen der Rechtsanwälte B und G "wegen anwaltlicher Tätigkeit als Beisitzer in der Einigungsstelle" freizustellen. Auf etwaige Kostenansprüche dieser Rechtsanwälte für ein Tätigwerden als Verfahrensbevollmächtigter des Betriebsrats vor der Einigungsstelle (§ 65 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO) bezieht sich der Freistellungsantrag nicht.

3. Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht angenommen, daß der Antragsteller bereits deshalb nicht die begehrte Freistellung von der Antragsgegnerin verlangen kann, weil sich der Kostenanspruch eines als betriebsfremder Beisitzer in einer Einigungsstelle tätigen Rechtsanwalts nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unmittelbar und ausschließlich gegen den Arbeitgeber richtet (vgl. etwa BAG Beschlüsse vom 15. Dezember 1978 - 6 ABR 93/77 -, 13. Januar 1981 - 6 ABR 106/78 -, 14. Januar 1983 - 6 ABR 67/79 -, 1. Dezember 1983 - 6 ABR 6/81 - und vom 31. Juli 1986 - 6 ABR 79/83 - AP Nr. 6, 8, 12, 13 und 19 zu § 76 BetrVG 1972). Für eine derartige Honorarforderung ist nicht von § 40 BetrVG, sondern von § 76 BetrVG als Anspruchsgrundlage auszugehen.

Die Anrufung der Einigungsstelle durch den Betriebsrat oder durch den Arbeitgeber ist Grundlage für das Entstehen eines besonderen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen den Betriebspartnern. Kraft dieses Rechtsverhältnisses entsteht nach § 76 Abs. 2 BetrVG die Befugnis des Betriebsrats zur Bestellung von Beisitzern in der zuvor mit dem Arbeitgeber vereinbarten oder vom Gericht festgesetzten Zahl. Durch die Bestellung zum Mitglied der Einigungsstelle wird auch der Beisitzer Beteiligter an dem Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, das damit auch seine Rechte und Pflichten bestimmt. Damit ist notwendig ein möglicher Anspruch des Beisitzers auf Entgelt in diesem Rechtsverhältnis begründet. Die Befugnis des Betriebsrats zur Bestellung der Beisitzer auf Arbeitnehmerseite schließt auch die Befugnis ein, mit diesem eine Honorarvereinbarung zu treffen, soweit anders ein geeigneter Beisitzer nicht zu gewinnen ist, der das Vertrauen des Betriebsrats genießt. Damit wird aber kein besonderes Rechtsverhältnis zwischen dem Betriebsrat und dem Beisitzer begründet, aus dem der Betriebsrat in Anspruch genommen werden und von den daraus entstehenden Verpflichtungen er die Freistellung vom Arbeitgeber verlangen könnte. Vielmehr sind die Kosten, die durch die Honorarzusage des Betriebsrats anläßlich der Bestellung der Beisitzer entstehen können, Kosten der Einigungsstelle, nicht aber Kosten einer unmittelbaren Betriebsratstätigkeit, die vom Betriebsrat nach § 40 Abs. 1 BetrVG gegen den Arbeitgeber geltend zu machen wären. Da sich somit der Honoraranspruch des vom Betriebsrat bestellten Beisitzers der Einigungsstelle unmittelbar gegen den Arbeitgeber richtet, kommt eine Freistellung des Betriebsrats von einer von ihm in Ausübung der Befugnisse nach § 76 Abs. 2 BetrVG eingegangenen Verpflichtung nicht in Betracht.

Damit erweist sich der Freistellungsantrag des Betriebsrats als unbegründet, so daß die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen war.

Dr. Seidensticker Schliemann Dr. Becker

Dr. Johannsen Schmalz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI440986

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