Leitsatz

1. Werden bei einer Ausgliederung zur Neugründung nur Einzelwirtschaftsgüter (kein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil) in die übernehmende Kapitalgesellschaft eingebracht, greift weder die steuerliche Rückwirkungsfiktion des § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 noch jene des § 20 Abs. 7 und 8 UmwStG 2002.

2. Die auszugliedernden Wirtschaftsgüter sind der übernehmenden (Vor-)Gesellschaft ab dem Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums bilanziell zuzuordnen, ggf. also schon vor Übergang des zivilrechtlichen Eigentums.

3. Im Zuge der Ausgliederung übernommene Pensionsverpflichtungen sind sowohl in der Eröffnungsbilanz als auch in den Folgebilanzen der übernehmenden Gesellschaft mit den Anschaffungskosten und nicht mit den Teilwerten nach Maßgabe des § 6a Abs. 3 EStG 2002 anzusetzen (Bestätigung und Fortführung der Senatsurteile vom 16.12.2009, I R 102/08, BFH/NV 2010, 517, BFH/PR 2010, 123 und vom 14.12.2011, I R 72/10, BFH/NV 2012, 635, BFH/PR 2012, 147).

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 7, Abs. 8 UmwStG 2002; § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, § 6a Abs. 3 EStG; § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO

 

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe Pensionsverpflichtungen in der Eröffnungs- und in der ersten Schlussbilanz einer zur Neugründung ausgegliederten GmbH zu passivieren sind. Streitjahr ist 2003.

Die Klägerin ist eine GmbH mit dem Zweck, ehemaligen Mitarbeitern einer Unternehmensgruppe in bestimmten Versorgungsfällen einmalige, wiederholte oder laufende Unterstützungen zu gewähren. Sie ist mit Ausgliederungs- und Übernahmevertrag (Ausgliederungsvertrag) vom 22.8.2003 durch Ausgliederung zur Neugründung gem. § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG aus einer anderen GmbH hervorgegangen und wurde im Frühjahr 2004 in das Handelsregister eingetragen.

Gegenstand der Ausgliederung waren Pensionsverbindlichkeiten gegenüber bereits ausgeschiedenen Mitarbeitern (511 Anwärter mit unverfallbaren Anwartschaften und 1.055 Pensionäre) sowie zur Erfüllung dieser Verbindlichkeiten benötigte Vermögensgegenstände (Ansprüche aus Rückdeckungsversicherungen, Rechte aus einem Bankdepot, Forderungen gegen verbundene Unternehmen und sonstige Forderungen sowie Guthaben bei Kreditinstituten), welche als Gesamtheit mit allen Rechten und Pflichten auf die Klägerin übergehen sollten.

Nach den Vereinbarungen des Ausgliederungs­vertrags wurde der übertragenden GmbH der ­Geschäftsanteil an der Klägerin von nominal 25.000 EUR "als Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens" gewährt und sollte die Ausgliederung "zu Marktwerten zum 31.8.2003" erfolgen. Das auf die Klägerin übergegangene Deckungsvermögen bemaßen die Vertragsparteien nach dem versicherungsmathematischen Barwert der übernommenen Pensionsverbindlichkeiten zzgl. des Betrags der Stammeinlage. Soweit der Wert des übertragenen Reinvermögens den Nennbetrag des Stammkapitals der Klägerin übersteigen würde, sollte der Differenzbetrag als Aufgeld in die Kapitalrücklage eingestellt werden. Der Ausgliederung sollte die Bilanz der übertragenden GmbH zum 31.8.2003 zugrunde gelegt werden. Als Ausgliederungsstichtag wurde der 1.9.2003, 0:00 Uhr vereinbart.

Die übertragende GmbH wies in der Ausgliederungsbilanz zum 31.8.2003 ein Aktivvermögen (Deckungsvermögen) i.H.v. rd. 75 Mio. EUR aus. Auf der Passivseite bildete sie für die Pensionsverpflichtungen Rückstellungen in Höhe des Teilwerts nach Maßgabe des § 6a EStG von rd. 48. 000 EUR. Außerdem wies sie ein gezeichnetes Kapital i.H.v. 25.000 EUR sowie einen Jahresüberschuss i.H.v. rd. 27 Mio. EUR aus. Die Klägerin übernahm in ihrer auf den 1.9.2003 aufgestellten Eröffnungsbilanz diese Wertansätze, ­wobei sie den Differenzbetrag zwischen dem Buchwert des übertragenen Reinvermögens i.H.v. rd. 27 Mio. EUR (= Wert des Deckungsvermögens abzüglich des Teilwerts der Pensionsverpflichtungen nach § 6a EStG) und dem Nennbetrag der Stammeinlage i.H.v. 25.000 EUR in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB einstellte. Auch in der Schlussbilanz zum 31.12.2003 setzte die Klägerin die Pensionsrückstellungen mit dem Teilwert nach § 6a EStG an.

Das FA war der Auffassung, der Ansatz einer Kapitalrücklage in der Bilanz zum 31.12.2003 müsse entfallen, weil die Pensionsverpflichtungen in der Eröffnungsbilanz zum 1.9.2003 nach § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG mit dem gemeinen Wert (der anhand des gemeinen Werts des Deckungsvermögens zu bemessen sei), in der ersten Schlussbilanz zum 31.12.2003 hingegen mit dem Teilwert nach § 6a EStG zu bewerten seien, so­dass im Streitjahr ein außerordentlicher Ertrag i.H.v. rd. 27 Mio. EUR angefallen sei.

Die deswegen erhobene Klage hatte Erfolg (FG München, Urteil vom 7.3.2011, 7 K 555/09, Haufe-Index 2678257, EFG 2011, 1387).

 

Entscheidung

Sie blieb auch vor dem BFH nach Revision des FA erfolgreich. Die Begründung war allerdings eine andere: Die Klägerin sei bereits zum 1.9.2003 wirtschaftliche Eigentümerin der übernommenen Wirtschaftsgüter geworden. Für die Frage nach der "wirtschaftlichen Inhaberschaft" e...

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