OFD Magdeburg, 05.03.1998, S 0456 - 6 - St 253

Es ist bekannt geworden, daß Jugendämter bei Finanzämtern anfragen, ob eine Aufrechnung der auf das Land übergegangenen Unterhaltsansprüche nach dem Unterhaltsvorschußgesetz gegen Steuererstattungsansprüche des Unterhaltsverpflichteten möglich ist. Den Jugendämtern bereitete die – in der Regel – fehlende Kooperationsbereitschaft der unterhaltsverpflichteten Personen verfahrensrechtliche Probleme. In vielen Fällen besteht keine Bereitschaft zur freiwilligen Abtretung etwaiger Steuererstattungsansprüche.

Nach § 7 Abs. 1 Unterhaltsvorschußgesetz geht ein Unterhaltsanspruch gegen den Unterhaltsverpflichteten in Höhe der von den Jugendämtern gezahlten Unterhaltsleistungen kraft Gesetzes auf das jeweilige Bundesland über. Mit solchen Ansprüchen kann gem. § 226 Abs. 1 AO gegen steuerliche Erstattungsansprüche des Unterhaltsverpflichteten nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts aufgerechnet werden. Die Aufrechnung mit Forderungen, die nicht aus einem Steuerschuldverhältnis stammen, gegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ist rechtmäßig und regelmäßig auch nicht rechtsmißbräuchlich ( BFH vom 6.8.1985, VII B 3/85, BStBl 1985 II S. 672).

Die Schuldner- und Gläubigeridentität ist gegeben, wenn der Unterhaltsanspruch auf das Land Sachsen-Anhalt übergegangen ist. Das Land Sachsen-Anhalt ist dann Gläubiger des Unterhaltsanspruchs und nach § 226 Abs. 4 AO Schuldner des Steuererstattungsanspruchs. § 395 BGB steht dem nicht entgegen. Diese Vorschrift betrifft nur die Aufrechnung des Schuldners gegen öffentlich-rechtliche Forderungen; die Aufrechnungsbefugnis des Fiskus bleibt unberührt (Palandt, § 395 BGB Anm. 3). Unter Beachtung der §§ 387, 388 BGB kann das FA damit hinsichtlich der rückständigen Unterhaltszahlungen die Aufrechnung erklären und die entsprechenden Beträge an das Jugendamt überweisen. Wegen einer evtl. erforderlichen Aufteilung eines Einkommensteuererstattungsanspruchs bei verheirateten Unterhaltsverpflichteten wird auf Tzn. 1.2, 3 der AO-Kartei Oberfinanzdirektion Magdeburg § 37 Karte 2 verwiesen.

Ist der Unterhaltsanspruch auf ein anderes Bundesland übergegangen und stellt ein Jugendamt bzw. sonst zuständiges Amt aus diesem Bundesland einen Aufrechnungsantrag, so ist die Schuldner- und Gläubigeridentität nicht gegeben. Denn dann ist das Land Sachsen-Anhalt Schuldner des Steuererstattungsanspruchs, aber ein anderes Bundesland Gläubiger des Unterhaltsanspruchs. In diesen Fällen kann die Schuldner- und Gläubigeridentität dadurch hergestellt werden, daß zugleich mit dem Aufrechnungsersuchen der Unterhaltsanspruch zum Zwecke der Einziehung an das Land Sachsen-Anhalt abgetreten wird. Ist diese Abtretung erfolgt, so wird gebeten, auch auf Ersuchen aus anderen Bundesländern hin die Aufrechnung zu erklären und die Beiträge an die ersuchende Stelle zu überweisen. Der organisatorische Ablauf des Informationsflusses zwischen den ersuchenden Behörden und den Finanzämtern wird zur Zeit auf Bundesebene erörtert. Bis zu einer endgültigen Klärung bestehen keine Bedenken, Rückfragen direkt an die ersuchende Behörde zu richten. Es wird jedoch gebeten zu beachten, daß in den Fällen, in denen der betroffene Unterhaltsverpflichtete nicht (mehr) im FA geführt wird, eine Herausgabe seiner evtl. bekannten neuen Anschrift wegen des Steuergeheimnisses § 30 AO) nicht zulässig ist; § 21 Abs. 4 SGB X erlaubt nur Auskünfte über Einkommens- und Vermögensverhältnisse. In diesen Fällen sind daher die Aufrechnungsersuchen unerledigt an die ersuchende Behörde zurückzugeben.

Da die vorgenannten Grundsätze bei jeder Landesforderung angewandt werden können und die Finanzbehörden nach den allgemeinen Grundsätzen der Amtshilfe verpflichtet sind, diese zu leisten, sind grdsl. alle Aufrechnungsersuchen – soweit die genannten Voraussetzungen vorliegen – anzunehmen.

 

Normenkette

AO § 226

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