Leitsatz

Wird nach der unentgeltlichen Übertragung eines (forstwirtschaftlichen) Teilbetriebs der (landwirtschaftliche) Restbetrieb aufgegeben, so steht dem Land- und Forstwirt hierfür der volle Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG a.F. zu.

 

Normenkette

§ 16 Abs. 4 EStG a.F

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein Land- und Forstwirt, hatte seine frühere Landwirtschaft verpachtet, den forstwirtschaftlichen Teil aber zunächst selbst weiter bewirtschaftet. Im Alter von 68 Jahren schenkte er 1994 den forstwirtschaftlichen Betrieb seiner Tochter und erklärte kurze Zeit später gegenüber dem FA die Aufgabe des landwirtschaftlichen Restbetriebs.

Das FA war der Meinung, der Kläger habe einen landwirtschaftlichen Teilbetrieb aufgegeben und gewährte deshalb nur einen anteiligen Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG 1994. Vor dem FG bekam der Kläger mit seinem Antrag auf Ansatz des ganzen Freibetrags Recht. Die Revision des FA hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Nach § 14 i.V.m. § 16 Abs. 4 EStG in der für 1994 geltenden Fassung werde ein Freibetrag von 120000 DM für den Gewinn aus der Betriebsaufgabe gewährt, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet habe. Dieser Freibetrag sei zu kürzen um den 300 000 DM übersteigenden Teil des Gewinns. Bei Aufgabe eines Teilbetriebs seien beide Beträge nur anteilig anzusetzen. Der Kläger habe keinen Teilbetrieb, sondern einen ganzen Betrieb aufgegeben. Dabei sei ohne Bedeutung, ob der Kläger zwei Teilbetriebe – nämlich einen landwirtschaftlichen und einen forstwirtschaftlichen – gehabt habe oder ob im Zeitpunkt der Verpachtung der Landwirtschaft zwei eigenständige Betriebe entstanden seien. Selbst wenn es sich um Teilbetriebe gehandelt habe, sei mit der Übertragung des forstwirtschaftlichen Betriebs ein vollwertiger Restbetrieb entstanden, für den der ganze Freibetrag zu gewähren sei.

Dass Übertragung der Forstwirtschaft und Aufgabeerklärung für die Landwirtschaft auf Grund eines einheitlichen Entschlusses stattgefunden hätten, sei unschädlich. Der Steuerpflichtige habe wegen des ihm eingeräumten Verpächterwahlrechts frei über den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung entscheiden können. Anhaltspunkte für eine unangemessene Gestaltung lägen nicht vor. Das BFH-Urteil v. 6.9.2000, IV R 18/99 stehe dieser Betrachtung nicht entgegen, denn dort sei es um den einheitlichen Entschluss zur Übertragung eines Mitunternehmeranteils gegangen, hier dagegen um die Übertragung bzw. Aufgabe zweier Teilbetriebe, die sich jederzeit zu selbstständigen Betrieben hätten wandeln können.

 

Hinweis

Die Entscheidung hat nur Bedeutung für VZ bis einschließlich 1995. Ab 1996 wird der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG für jedes begünstigte Veräußerungs- oder Aufgabeobjekt in voller Höhe gewährt, beim Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil also nicht mehr gekürzt. Gleichwohl hat sich die Rechtslage für die Unternehmer oder Mitunternehmer gravierend verschlechtert, weil der Freibetrag nur noch einmal im Leben beansprucht werden kann. Außerdem ist er mit 60 000 DM bis zum Jahr 2000 und 100 000 DM ab dem Jahr 2001 insgesamt niedriger geworden.

Interessant ist die für Land- und Forstwirte bedeutsame Frage, ob der landwirtschaftliche Betriebsteil und der forstwirtschaftliche Betriebsteil noch Teilbetriebe sein können, wenn einer der Teile verpachtet ist. Für einige Steuervergünstigungen kann die Größe des Betriebs von Bedeutung sein. Eine Aufspaltung käme daher dem Steuerpflichtigen ggf. entgegen. Die Praxis behandelt solche Konstellationen immer als Teilbetrieb. Die Formulierungen in dem Besprechungsurteil weisen aber darauf hin, dass der BFH die Frage noch nicht für geklärt hält.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 9.11.2000, IV R 60/99

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