FinMin Berlin, 13.1.2011, III E - S 0338 - 2/2008

 

1. Ausgangslage

Nach der nunmehr geltenden Gesetzeslage ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der Fassung des JStG 2010 rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2007 (§ 52 Abs. 12 Satz 8 EStG) anzuwenden. Demnach sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung in den Veranlagungszeiträumen ab 2007 dann als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abziehbar, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet oder für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Zu den verfahrensrechtlichen Folgerungen aus der rückwirkenden Gesetzesänderung ist das BMF-Schreiben vom 15.12.2010 (AIS: Themen/Steuerrecht/Abgabenordnung/FGO/BMF-Schreiben) bekannt gemacht worden. Zu dessen Umsetzung gilt Folgendes:

 

2. Berücksichtigung der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer ab dem Veranlagungszeitraum 2007

Eine gesetzliche Regelung zur Durchbrechung der Bestandskraft zur Anwendung der gesetzlichen Neuregelung ist im JStG 2010 nicht enthalten. Soweit Bescheide für Veranlagungszeiträume ab 2007 endgültig und ohne Nachprüfungsvorbehalt ergangen und nicht mehr anfechtbar sind, scheidet eine nachträgliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer aus. Insbesondere eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO kommt nicht in Betracht (Hinweis auf AEAO zu § 173, Nr. 1.1.2 und Nr. 3).

Zur Frage, inwieweit es die bisherigen Vorläufigkeitsvermerke ermöglichen, Betriebsausgaben oder Werbungskosten erstmals geltend zu machen, gilt Folgendes:

  • Soweit Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bisher dem Grunde nach nicht abziehbar waren, kann der Steuerpflichtige sämtliche Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer erstmals geltend machen unter Beachtung des ggf. relevanten Höchstbetrags (1.250 EUR).
  • Soweit Arbeitnehmer Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und weitere Werbungskosten bisher nicht geltend gemacht haben, weil nach bisheriger Rechtslage die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer dem Grunde nach nicht abziehbar waren, und die übrigen Werbungskosten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag (920 EUR) nicht überschreiten, sind sowohl die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als auch die sonstigen Werbungskosten nunmehr zu berücksichtigen, letztere aber maximal bis zu einem Betrag in Höhe von 920 EUR, da darüber hinaus gehende Werbungskosten auch bisher schon abziehbar gewesen wären.
 

2.1 Änderungen von Amts wegen

Die Anwendung der gesetzlichen Neuregelung ist in allen Fällen möglich, in denen die Steuerfestsetzung ab 2007 noch nicht formell bestandskräftig (unter Vorbehalt der Nachprüfung bzw. noch offener Einspruch) bzw. wegen der „Anwendung der Neuregelung zur Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007” vorläufig gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 (und 4) AO ergangen ist. Im BMF-Schreiben ist hierzu in Tz. 1 festgelegt, dass die Änderung von Amts wegen erfolgt, soweit dies möglich ist.

Dies ist dann der Fall, wenn in den Steuererklärungen ab 2007 im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auf der Anlage N bei Kennzahl 87.74 oder 88.74 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer erklärt, diese vom FA jedoch nicht anerkannt wurden und die Steuerfestsetzung zum Punkt „Arbeitszimmer” vorläufig ergangen ist oder weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht; also eine Abweichung der Primärdaten zu den Sekundärdaten bei den o.g. Kennzahlen vorliegt bzw. der standardisierte Erläuterungstext 328

  („Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einschließlich dessen Ausstattung (jedoch mit Ausnahme von Arbeitsmitteln) konnten nicht (mehr) berücksichtigt werden, weil das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt Ihrer gesamten beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit darstellt.”)

eingegeben wurde.

Zur Identifikation der betroffenen Steuerfestsetzungen werden in Kürze Arbeitslisten ausgeliefert. Ich bitte, bei den dort aufgeführten Steuerfällen die ursprünglich unberücksichtigten Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nunmehr zur Berücksichtigung nach Maßgabe der rückwirkenden gesetzlichen Neuregelung zu prüfen. Soweit im Einzelfall erforderlich, sind vor Änderung der Steuerbescheide noch die notwendigen Sachverhaltsermittlungen durchzuführen.

Eine abschließende Abarbeitung der Listen sollte auch im Hinblick auf die Öffentlichkeitswirkung baldmöglichst, spätestens bis zum 30.6.2011, erfolgen.

 

2.2 Maschinell nicht erkennbare Fälle

Soweit der Steuerpflichtige im Vertrauen auf die Verfassungsmäßigkeit der ursprünglichen Regelung zur Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auf deren Geltendmachung ab dem Veranlagungszeitraum 2007 verzichtet hat und die Steuerbescheide zum Punkt häusliches Arbeitszimmer vorläufig ergangen sind, kann er bei noch offener Vorläufigkeit (§ 165 Abs. 2 Satz 4 AO) bis zum Eintritt der Festsetzungsverj...

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