Leitsatz

Die Verpachtung mehrerer gleichartiger gewerblicher Objekte (hier: Campingplätze) durch die Trägerkörperschaft kann nur dann zur Annahme eines einzigen Verpachtungs-BgA führen, wenn die Objekte eine "Einrichtung" (funktionelle Einheit) i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG bilden. Ist das nicht der Fall, handelt es sich auch dann um mehrere selbständige Verpachtungs-BgA, wenn die Pachtverträge bei der Trägerkörperschaft von derselben organisatorischen Untergliederung oder nach einheitlichen Maßgaben und Grundsätzen verwaltet und betreut werden.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 KStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die auf landesgesetzlicher Grundlage mit der Aufgabe betraut ist, einen Staatswald zu bewirtschaften. Das der Klägerin danach eingeräumte unentgeltliche Nutzungsrecht umfasst auch die Vermietung oder Verpachtung des zu bewirtschaftenden Staatswalds. In diesem erweiterten Aufgabenbereich verpachtete die Klägerin mehrere Grundstücke für Freizeit- und Erholungszwecke, die überwiegend als Campingplätze genutzt wurden. Das FA beurteilte die Verpachtungen in neun dieser Fälle als Verpachtung von gewerblichen Betrieben, die gemäß § 4 Abs. 4 KStG als BgA gelte. Dabei ging das FA von einem (einzigen) "BgA Verpachtung Campingplätze" aus und ermittelte aus den Pachteinkünften ein Gesamteinkommen dieses BgA. Von diesem Gesamteinkommen zog das FA einmalig den Freibetrag nach § 24 Satz 1 KStG ab und setzte auf die Differenzbeträge (als zu versteuerndes Einkommen) KSt fest.

Die Klägerin war demgegenüber der Auffassung, dass es sich mangels organisatorischer Zusammenfassung bei den Verpachtungen um jeweils eigenständige, nicht zusammengefasste BgA i.S.v. § 4 Abs. 4 KStG handele. Die Klage hatte überwiegend Erfolg. Das FG hat die angefochtenen Bescheide dem Klagebegehren entsprechend dahin abgeändert, dass KSt nur in Bezug auf die Verpachtung des Campingplatzes A festgesetzt wird. Dabei ging es aber von höheren als den von der Klägerin bezifferten Gewinnen aus (FG Nürnberg, Urteil vom 24.7.2018, 1 K 241/17).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des FA aus den in den Praxis-Hinweisen aufgeführten Argumenten als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Im Besprechungsurteil geht es im Kern um die Frage, ob ein einziger oder mehrere Betriebe gewerblicher Art (BgA) vorliegen. Das ist nicht nur von theoretischer Bedeutung, sondern hat ganz praktische Konsequenzen, wie der Streitfall zeigt: Für einen einzigen BgA wird ein Einkommen ermittelt und nur einmal der Freibetrag gemäß § 24 KStG gewährt. Demgegenüber steht mehreren BgA der Freibetrag jeweils gesondert zu, was bei der hinter den BgA stehenden öffentlich-rechtlichen Trägerkörperschaft den Steuerentlastungseffekt des Freibetrags vervielfacht.

2. Die Entscheidung fußt auf zwei rechtlichen Ausgangspunkten:

a) Zum einen besagt § 4 Abs. 4 KStG, dass die Verpachtung eines BgA selbst einen BgA darstellt. Dadurch wird die an sich vermögensverwaltende Verpachtungstätigkeit als gewerbliche Betätigung fingiert.

b) Zum anderen lässt § 4 Abs. 6 KStG die Zusammenfassung mehrerer BgA zu einem einzigen BgA zu. Eine Zusammenfassung hat zur Konsequenz, dass vom Grundsatz, wonach jeder einzelne BgA als gesondertes Gewinnermittlungssubjekt zu qualifizieren ist, abgewichen wird. Denn der "zusammengefasste" BgA ist jetzt das "einzige" Gewinnermittlungssubjekt. Die Zusammenfassung ermöglicht insbesondere den Verlustausgleich zwischen gewinn- und verlustträchtigen BgA.

3. Im Streitfall hatte indes die Trägerkörperschaft, die beauftragt war, den Staatswald zu bewirtschaften, und die in dieser Funktion verschiedene Campingplätze an diverse Pächter verpachtet hatte, von der Möglichkeit der Zusammenfassung gemäß § 4 Abs. 6 KStG gerade keinen Gebrauch gemacht. Das FA ging dennoch von einem einzigen BgA "Verpachtung Campingplätze" aus und gewährte den Freibetrag nur einmal.

4. Dem ist der BFH allerdings nicht gefolgt. Da eine Zusammenfassung nicht vorgenommen worden war, ist das in § 4 Abs. 1 KStG enthaltene Merkmal der "Einrichtung" maßgeblich. Die verpachteten Betriebsgrundlagen stellten aber mehrere Einrichtungen dar. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des FG war davon auszugehen, dass es sich bei den verpachteten Campingplätzen um jeweils eigenständige funktionelle Einheiten gehandelt hat. Denn es gab keine Hinweise auf eine einheitliche Leitung, eine einheitliche Rechnungslegung oder sonstige zusammenfassende Organisationsmaßnahmen in Bezug auf die einzelnen Campingplatzbetriebe. Der BFH hat dabei herausgestellt, dass nicht auf eine etwaige einheitliche Verwaltung und Betreuung der einzelnen Pachtverhältnisse abzustellen ist, sondern auf die eigentlichen Betriebe, also die Campingplätze, selbst.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.4.2021 – I R 2/19

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