1.

Erlass eines Feststellungsbescheids trotz Ablaufs der Feststellungsfrist

 

1.1

1Eine gesonderte und einheitliche Feststellung ist nach § 181 Abs. 5 Satz 1 AO trotz Ablaufs der Feststellungsfrist grundsätzlich auch dann vorzunehmen, wenn bei einzelnen Feststellungsbeteiligten bereits die für den Folgebescheid maßgebliche Festsetzungsfrist abgelaufen ist (vgl. BFH-Urteil vom 27.8.1997, XI R 72/96, BStBl II S. 750). 2Gleiches gilt für eine gesonderte Feststellung, wenn der Feststellungsbescheid grundsätzlich für mehrere Zeiträume Folgewirkung entfaltet und die für die Folgebescheide maßgebliche Festsetzungsfrist für einen oder mehrere Zeiträume bereits abgelaufen ist.

 

1.2

1In den vorgenannten Fällen muss im Feststellungsbescheid auf seine eingeschränkte Wirkung, nämlich dass die Feststellung nur für noch nicht festsetzungsverjährte Folgebescheide von Bedeutung ist, ausdrücklich hingewiesen werden (Wirkhinweis); andernfalls ist der Feststellungsbescheid wirksam, aber rechtswidrig.

2Der Wirkhinweis darf den zeitlichen Geltungsbereich der getroffenen Feststellungen lediglich abstrakt bestimmen. 3Er darf keine konkrete Zeitangabe zur (vermeintlichen) Verjährung im Folgebescheidsverfahren oder Angaben dazu enthalten, für welche Steuerarten und welche Besteuerungszeiträume (Veranlagungszeiträume) den getroffenen Feststellungen Rechtswirkung zukommen soll. 4Feststellungen zur Festsetzungsverjährung sind nur im Folgebescheid zu treffen (vgl. BFH-Urteile vom 25.11.2020, II R 3/18, BFH/NV 2021 S. 820, und vom 15.7.2021, II R 38/19, BStBl 2022 II S. 226). 5Geschieht dies dennoch und ist der Feststellungsbescheid für sich genommen in verjährter Zeit ergangen, ist der Feststellungsbescheid insgesamt rechtswidrig.

6Der Wirkhinweis soll dem für den Erlass des Folgebescheids zuständigen Finanzamt und dem Steuerpflichtigen deutlich machen, dass es sich um einen Feststellungsbescheid handelt, der nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen und deshalb nur noch für solche Steuerfestsetzungen bedeutsam ist, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (vgl. BFH-Urteil vom 17.8.1989, IX R 76/88, BStBl 1990 II S. 411).

 

1.3

Im dreistufigen Feststellungsverfahren (Einheitswert- bzw. Grundsteuerwertfeststellung, Grundsteuer-Messbescheid, Grundsteuerbescheid) wird der Wirkhinweis auf der ersten Stufe (Einheitswert/Grundsteuerwert) unmittelbar auch für die dritte Stufe (Grundsteuerbescheid) erteilt; die zweite Stufe wird übersprungen (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.2020, II R 3/18, BFH/NV 2021 S. 820).

 

2.

Anlaufhemmung für die gesonderte Feststellung von Einheitswerten oder Grundsteuerwerten

1Die Anlaufhemmung der Feststellungsfrist für die gesonderte Feststellung von Einheitswerten (letztmals auf den 1.1.2024) oder Grundsteuerwerten (erstmals auf den 1.1.2022) nach § 181 Abs. 3 Satz 3 AO ist auch dann anwendbar, wenn zugleich die Voraussetzungen der Anlaufhemmung nach § 181 Abs. 3 Satz 2 AO erfüllt sind. 2Wird der Beginn der Feststellungsfrist für einen weiteren Feststellungszeitpunkt i. S. d. § 181 Abs. 3 Satz 3 AO mehrfach hinausgeschoben, richtet sich der Beginn der Feststellungsfrist für den weiteren Feststellungszeitpunkt nach der jeweils längsten Anlaufhemmung gem. § 181 Abs. 3 Satz 2 und 3 AO.

 

3.

Feststellungserklärungspflicht bei rechtsfähigen Personenvereinigungen

1§ 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 4 AO in der ab 1.1.2024 geltenden Fassung ist erstmals auf Feststellungserklärungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2023 einzureichen sind; eine Verlängerung der Feststellungserklärungsfrist nach § 109 AO ist hierbei nicht zu berücksichtigen (Art. 97 § 39 Abs. 1 AO). 2Abzustellen ist dabei auf den letzten Tag der gesetzlichen Erklärungsfrist nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 149 AO i. V. m. Art. 97 § 36 Abs. 3 EGAO:

  • In nicht beratenen Feststellungsfällen gilt die Neuregelung erstmals für den Feststellungszeitraum 2023.
  • In beratenen Feststellungsfällen gilt die Neuregelung dagegen erstmals für den Feststellungszeitraum 2022.

3Wird eine Feststellungserklärung für eine rechtsfähige Personenvereinigung in den Kalenderjahren 2024 oder 2025 durch eine Person im Sinne des § 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder 4 AO a. F. (insbesondere durch Gesellschafter/Gemeinschafter oder Geschäftsführer) abgegeben, ist die rechtsfähige Personenvereinigung von ihrer Erklärungspflicht nach § 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AO befreit (Art. 97 § 39 Abs. 2 EGAO).

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