Leitsatz

1. Für die Beurteilung, ob eine "Gesellschaft" i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. e DBA-USA 1989/2008 vorliegt, ist die Rechtsordnung des Quellenstaats maßgeblich. Die Ausübung des steuerlichen Wahlrechts, in den USA als sog. S-Corporation nicht mit der dortigen Corporate Tax besteuert zu werden, ändert aus deutscher Sicht nichts an der Einordnung als juristische Person (Bestätigung des Senatsurteils vom 20.8.2008, I R 39/07, BStBl II 2009, 234, BFH/NV 2009, 71; BFH/PR 2009, 76).

2. Eine sog. S-Corporation, welche in den USA infolge der Ausübung des steuerlichen Wahlrechts wie eine Personengesellschaft behandelt wird, gilt nach Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 1989/2008 insoweit als eine in den USA abkommensberechtigte Person, als die von der Gesellschaft bezogenen Einkünfte in den USA bei ihren in den USA ansässigen Gesellschaftern wie Einkünfte dort Ansässiger besteuert werden.

3. Wer Nutzungsberechtigter i.S.d. Art. 10 Abs. 2 DBA-USA 1989/2008 ist, bestimmt sich nach dem nationalen Steuerrecht des Ansässigkeitsstaats der ausschüttenden Kapitalgesellschaft. Bei der Ausschüttung einer deutschen Kapitalgesellschaft an eine S-Corporation ist aus deutscher Sicht die S-Corporation als mit der Dividende beschränkt Kör­perschaftsteuerpflichtige unbeschadet der in Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 1989/2008 fingierten Abkommensberechtigung die Nutzungsberechtigte der Dividende.

4. Der S-Corporation ist infolge ihrer Qualifizierung als juristische Person in Deutschland das sog. Schachtelprivileg nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 1989/2008 zu gewähren (Anschluss an Senatsurteil vom 20.8.2008, I R 39/07, BStBl II 2009, 234, BFH/NV 2009, 71; BFH/PR 2009, 76).

 

Normenkette

Art. 1 Abs. 7, Art. 3 Abs. 1 Buchst. e, Art. 4 Abs. 1, Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a, Art. 29 Abs. 1 DBA-USA 1989/2008; § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft US-amerikanischen Rechts mit Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA). Sie hat nach Subchapter S (§§ 1361 bis 1378) des Internal Revenue Code (IRC) für die Besteuerung als sog. "S-Corporation" optiert und ist daher in den USA nicht körperschaftsteuerpflichtig; ihre Einkünfte werden stattdessen unmittelbar bei den in den USA ansässigen Gesellschaftern besteuert.

Im Streitjahr 2008 war die Klägerin an der im Inland ansässigen A-GmbH mit einem Geschäftsanteil von 50 % beteiligt. Diese schüttete in jenem Jahr an die Klägerin einen Gewinn von rd. 1 Mio.  EUR aus und behielt hierauf gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG i.V.m. Art. 29 Abs. 1 DBA-USA 1989/2008 KapESt sowie nach § 3 Abs. 1 Nr. 5, § 4 SolZG 1995 darauf entfallenden SolZ i.H.v. insgesamt 21,1 %, also von rd. 217.000 EUR, ein. Die Klägerin beantragte beim BZSt unter Hinweis auf das sog. Schachtelprivileg nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 1989/2008 und die danach gebotene Reduzierung der KapESt auf 5 % der Bruttodividende die Teilerstattung der Steuerabzugsbeträge. Für den Fall, dass die Vergünstigung des Schachtelprivilegs des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 1989/2008 nicht anwendbar sein sollte, beantragte die Klägerin hilfsweise gem. Art. XVII Abs. 5 des Änderungsprotokolls vom 1.6.2006 die Anwendung des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA vor Inkrafttreten des Änderungsprotokolls vom 1.6.2006 (DBA-USA 1989/1991).

Das BZSt entsprach dem Antrag nur zum Teil; der Klägerin als sog. "S-Corporation" stehe nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b DBA-USA 1989/2008 lediglich ein Anspruch auf Ermäßigung der Abzugssteuern auf 15 % zu, die beanspruchte weiter gehende Abkommensvergünstigung jedoch nicht.

Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos (FG Köln, Urteil vom 24.4.2012, 2 K 3928/09, Haufe-Index 3219204, EFG 2012, 1853).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab der Klage statt. Zwar begründe Art. 1 Abs. 7 DBA-USA 1989/2008 fiktiv die Abkommensberechtigung der S-Corporation. Doch ändere das nichts daran, dass Deutschland als sog. Anwenderstaat nach eigenem Recht über die Einkünftezurechnung bestimme. Und danach sei es eben die Corporation und seien es nicht deren Gesellschafter, denen die gezahlten Dividenden gebührten. Da die S-Corporation nach deutschem Rechtsverständnis aber eine Kapitalgesellschaft sei, könne sie deswegen das Quellensteuer-Schachtelprivileg i.S.v. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 1989/2008 beanspruchen.

 

Hinweis

Die im Urteilsfall klagende US-Incorporated begehrte die Erstattung einbehaltener und abgeführter KapESt auf die Dividenden, die ihr von einer deutschen Tochter-GmbH ausgeschüttet worden waren. Sie hat ihr Begehren letztlich erfolgreich durchgefochten, brauchte dafür allerdings einen überaus langen Atem. Das deswegen, weil sie sich zunächst gleich zweimal eine "Abfuhr" vor dem FG Köln holen musste (Urteile vom 16.2.2006, 2 K 2100/03, EFG 2006, 746 und vom 20.4.2007, 2 K 4034/05, EFG 2007, 1056), um dann den BFH zu überzeugen. Dessen Urteil vom 20.8.2008, I R 39/07 (BStBl II 2009, 234, BFH/NV 20...

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