Leitsatz

Der Nachweis einer umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung kann auch dann geführt werden, wenn es sich bei der abholenden Person nach Auskunft ausländischer Finanzbehörden um einen sog. Missing Trader handelt.

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte zwei gebrauchte VW Golf GTI im Oktober 2007 an die slowenische Firma V veräußert. Die Verkäufe wurden als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt. Für die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der V hatte die Klägerin am 4.10.2007 und am 25.10.2007 Bestätigungen vom Bundeszentralamt für Steuern eingeholt. Die Kaufpreise waren in bar gezahlt und von der Klägerin auf ihr Konto bei der H-Bank eingezahlt worden. Dem Umsatzsteuersonderprüfer legte die Klägerin Firmenpapiere vor, aus denen die für die V handlungsberechtigten Personen hervorgingen, sowie eine Vollmacht für den Abholer "W.F.", ausgestellt durch den Geschäftsführer der V. Weiterhin wurden Personalausweiskopien des Geschäftsführers und des in der Vollmacht benannten Abholers vorgelegt. Die Rechnungen waren mit einer Erklärung des Käufers versehen, wonach der Erwerb des Kraftfahrzeugs für das Unternehmen des Käufers bestimmt sei und der Käufer sich verpflichte, das Fahrzeug auf direktem Wege nach Slowenien zu befördern. Neben einem Firmenstempel der V war eine unleserliche Unterschrift ohne weitere Namensangabe beigefügt.

Mit Spontanauskunft vom 6.3.2008 teilte die slowenische Finanzbehörde dem deutschen Finanzamt mit, dass die Klägerin als Lieferantin für die slowenische Firma V in Erscheinung getreten sei und dass es sich bei den Personen, die für die V aufgetreten seien, um sogenannte Missing Trader handele, gegen die polizeiliche Ermittlungen durchgeführt würden. Das deutsche Finanzamt bemängelte vordergründig, dass die Unterschrift auf der "Erklärung des Käufers" nicht mit der Unterschrift des angeblichen Abholers auf dessen Personalausweiskopie übereinstimmen würde. Nicht zuletzt deshalb wurde die Steuerfreiheit für die Lieferungen versagt.

 

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Der gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. § 17a Abs. 2 Nr. 3 und 4 UStDV in Abholfällen zu erbringende Nachweis, dass der abholende Beauftragte des Abnehmers ist sowie der Bezug der Abholvollmacht zum Liefergegenstand wurden lt. Finanzgericht erbracht, auch wenn die Unterschrift des Beauftragten des Abnehmers auf der Rechnung nicht mit der Unterschrift des Abholers auf seinem Ausweis übereinstimmte. Zudem bedeutet die Mitteilung der slowenischen Steuerverwaltung über die Beteiligung eines sogenannten Missing Traders nicht automatisch, dass die Abholung der Fahrzeuge unter missbräuchlicher Verwendung der Firmendaten der slowenischen Firma erfolgt ist, wenn die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Firma im Lieferzeitpunkt bestätigt wurde und darüber hinaus im Ausland ggf. ein abweichendes Verständnis hinsichtlich des Begriffs des Missing Traders besteht. Außerdem ist die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG zu beachten. Liegen die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung grundsätzlich vor, ist diese danach als steuerfrei anzusehen, wenn der Unternehmer nicht wusste oder wissen konnte, dass für den Abnehmer nicht berechtigte Personen auftreten, sofern die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bestätigt wurde. Darüber hinaus sind im Gebrauchtwagenhandel Barzahlungen durchaus üblich und stehen deshalb nicht zwingend der Anwendung des Gutglaubensschutzes entgegen.

 

Hinweis

Nach meinem Verständnis wird aus der Sachverhaltsschilderung überdeutlich, dass der klagende Autohändler im Streitfall der viel zitierten Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nachgekommen ist. Er dürfte nahezu alles ihm mögliche getan haben, um sich von dem Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 6a UStG zu überzeugen. Allein die Tatsache, dass die Unterschrift auf dem Dokument "Erklärung des Käufers" nicht mit der Passunterschrift des Abholers übereinstimmte, veranlasste das Finanzgericht richtigerweise nicht dazu, die Steuerfreiheit zu versagen. Die Entscheidung führt nochmals vor Augen, mit welchen Problemen insbesondere Kfz-Händler zu kämpfen haben, wenn die hiesige Finanzverwaltung aufgrund von Kontrollmaterial im Nachhinein eine angeblich bessere Erkenntnis erlangt. Dass die Finanzverwaltung bei der Prüfung der Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung den Bogen häufig überspannt, zeigen u.a. die BFH-Urteile vom 6.12.2007 (V R 59/03) und vom 12.5.2009 (V R 65/06). Aufgrund aktueller BFH-Rechtsprechung musste auch das restriktive BMF-Schreiben vom 6.1.2009 (BStBl 2009 I S. 60) gleich in mehreren Punkten geändert werden (vgl. nun Schreiben v. 5.5.2010, BStBl 2010 I S. 508). Auch in näherer Zukunft sind noch weitere höchstrichterliche Entscheidungen zu § 6a UStG zu erwarten, so dass im Rahmen der Abwehrberatung nicht vorschnell "klein beigegeben" werden sollte. Unabhängig davon ist aber natürlich zu empfehlen, die von der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 5.5.201...

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