Entscheidungsstichwort (Thema)

Gutglaubensschutz bei innergemeinschaftlicher Lieferung

 

Leitsatz (amtlich)

Beim Vorliegen von Zweifeln an der Richtigkeit der Belegangaben kann Gutglaubenschutz nach § 6a Abs. 4 UStG gewährt werden, wenn auch bei tatsächlicher Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers dies vom Lieferer nicht zu erkennen war.

 

Normenkette

UStG § 6a; UStDV §§ 17a, 17c; EWGRL 388/77 Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1

 

Tatbestand

Strittig sind innergemeinschaftliche Lieferungen.

Die Klägerin betreibt einen Kraftfahrzeug-Handel.

Mit Spontanauskunft vom 6. März 2008 teilten die slowenischen Finanzbehörden dem Beklagten mit, dass die Klägerin als Lieferantin für die slowenische Firma V in Erscheinung getreten sei. Bei den Personen, die für die V aufgetreten seien, handele es sich um sog. Missing Trader, gegen die polizeiliche Ermittlungen durchgeführt würden (Aktenvermerk vom 2. September 2008, Blatt 3ff der Umsatzsteuerakte).

Daraufhin führte der Beklagte bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Nachschau durch. Dabei stellte der Umsatzsteuer-Sonderprüfer fest, dass ein VW Golf GTI mit Rechnung vom 4. Oktober 2007 zum Preis von 8.900 € (Blatt 12 der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte) und ein weiterer VW Golf GTI mit Rechnung vom 24. Oktober 2007 zum Preis von 4.200 € (Blatt 3 der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte) an die V verkauft und die Verkäufe als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt worden waren. Für die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der V hatte die Klägerin am 4. Oktober 2007 und am 25. Oktober 2007 Bestätigungen vom Bundeszentralamt für Steuern eingeholt (Blatt 18 und 8 der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte). Die Kaufpreise waren bar gezahlt und von der Klägerin auf ihr Konto bei der H-Bank eingezahlt worden (Blatt 11 und 2 der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte). Dem Umsatzsteuer-Sonderprüfer legte die Klägerin Firmenpapiere, aus denen die für die V handlungsberechtigten Personen hervorgingen (Blatt 5, 6, 14, 15, 16 der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte), sowie eine Vollmacht für den Abholer "W. F.", ausgestellt durch den Geschäftsführer der V, vor (Blatt 7, 19 der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte). Weiterhin legte die Klägerin Personalausweiskopien des Geschäftsführers und des in der Vollmacht benannten Abholers vor (vgl. Blatt 6, 9, 10, 17, 20 der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte). Die Rechnungen sind mit einer "Erklärung des Käufers" versehen, wonach der Erwerb des Kraftfahrzeugs für das Unternehmen des Käufers bestimmt sei und der Käufer sich verpflichte, das Fahrzeug auf direktem Wege nach Slowenien zu befördern. Neben einem Firmenstempel der V ist eine unleserliche Unterschrift ohne weitere Namensangabe hierzu beigefügt. Der Umsatzsteuer-Sonderprüfer bemängelte, dass diese Unterschrift nicht mit der Unterschrift des angeblichen Abholers "F" auf dessen Personalausweiskopie übereinstimmen würde. Für beide Lieferungen würde die Aufzeichnung über den Tag der Lieferung sowie über den Tag der Vereinnahmung des Entgelts fehlen und dies würde auch sonst nicht aus den Belegen hervorgehen. Der Umsatzsteuer-Sonderprüfer war der Auffassung, dass daher die Steuerfreiheit der Lieferung zu versagen sei (Blatt 29 der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte).

Der Beklagte folgte der Auffassung des Umsatzsteuer-Sonderprüfers und änderte die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für das IV. Quartal 2007 mit Bescheid vom 17. September 2008. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 20. Januar 2009 zurückgewiesen wurde. Nach Erhebung der hiergegen gerichteten Klage führte der Beklagte eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch, die -wegen Sachverhalten, die nicht mehr Gegenstand der Klage sind- zu einer von der abgegebenen Umsatzsteuererklärung abweichenden Umsatzsteuerfestsetzung 2007 mit Bescheid vom 5. Mai 2009 führte.

Die Klägerin trägt vor, für die Fahrzeuglieferungen nach Slowenien würden die Voraussetzungen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen. Auf den Rechnungen vom 4. Oktober 2007 und vom 24. Oktober 2007 sei ausdrücklich von dem Beauftragten des slowenischen Abnehmers bestätigt worden, dass die Fahrzeuge nach Slowenien befördert würden. Es sei ausreichend, dass die Bestätigungen durch einen Beauftragten abgegeben worden seien und dessen Beauftragung sei lückenlos nachgewiesen worden. Es sei dem Beklagten eine auf Herrn F lautende Vollmacht des slowenischen Abnehmers sowie eine Passkopie des Abholers vorgelegt worden. Es sei nicht ersichtlich, welche weiteren Nachweise sie noch hätte erbringen sollen. Auf den Rechnungen seien die Tage, an denen die Kraftfahrzeuge geliefert worden seien, dokumentiert. An diesen Tagen seien die Fahrzeuge an den Beauftragten des Abnehmers übergeben und ihm damit die Verfügungsmacht verschafft worden. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH dürften in Hinblick auf die Neutralität der Mehrwertsteuer keine überhöhten formellen Anforderungen an den Nachweis einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung ge...

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