EuGH-, BFH- und FG-Entscheidungen

[Ohne Titel]

Helmut Tormöhlen[*]

Als Fortsetzung der Rechtsprechungsübersicht in AO-StB 6/2020 (Tormöhlen, AO-StB 2020, 184) werden wieder praxisrelevante Entscheidungen zum Thema Außenprüfung vorgestellt, die bisher noch nicht im AO-StB besprochen wurden.

Bitte beachten Sie auch das Archiv der Entscheidungen im Volltext in Ihrem Berater-Modul "Steuerliches Verfahrensrecht" unter steuerberater-center.de

[*] Der Autor ist Vorsitzender einer Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Halle.

I. Kein Steuergeheimnis bei Auswertung von Prüfungsfeststellungen (§ 30 AO)

Eine Bauträgerin in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG kaufte ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück und verkaufte nach erfolgter Sanierung und Aufteilung des Objektes in Wohnungseigentum die einzelnen Wohneinheiten an verschiedene Erwerber weiter. Der Kaufpreis war in den Verträgen jeweils auf einen Grundstücksanteil, die Altbausubstanz und die Sanierungs- und Modernisierungskosten aufgeteilt. Mit der Sanierung war jeweils bereits vor Vertragsabschluss begonnen worden.

Die Bauträgerin reichte eine Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung beim FA ein, in welcher sie die Besteuerungsgrundlagen entsprechend den Kaufverträgen erklärte. Nach erklärungsgemäßer Feststellung beauftragte das Feststellungs-FA ein anderes FA (Prüfungs-FA) mit einer Außenprüfung bei der Bauträgerin. Der Prüfer stellte fest, dass zum Zeitpunkt der notariellen Vertragsabschlüsse bereits mit der Sanierung begonnen worden war und teilte den insgesamt angefallenen Sanierungsaufwand im Hinblick auf §§ 7h, 7i EStG auf, um zu ermitteln, inwieweit Sanierungsaufwand vor und nach dem Abschluss des obligatorischen Erwerbsvertrags (vgl. § 7h Abs. 1 S. 3, § 7i Abs. 1 S. 5 EStG) angefallen war. Denn insoweit war zu beachten, dass die erhöhten Absetzungen nach §§ 7h, 7i EStG nur solche AK bzw. HK der Erwerber umfassen, die nach Abschluss der Kaufverträge entstanden sind (vgl. Kulosa in Schmidt, EStG, 39. Aufl. 2020, § 7h Rz. 5; Bartone in Korn, EStG, § 7h Rz. 11 [April 2019]).

Die Bauträgerin hat Klage gegen die Auswertung der Prüfungsfeststellungen durch das Feststellungs-FA erhoben und macht u.a. geltend, dass die Aufnahme der beabsichtigten geänderten Kaufpreisaufteilungen in den Prüfungsbericht im Rahmen der Umsetzung der Prüfungsergebnisse durch die FinVerw. zu einer Bekanntgabe der Rohgewinnaufschläge der Bauträgerin führen könne und ihr Steuergeheimnis somit verletzt würde.

Das FG Baden-Württemberg hat die Klage abgewiesen. Die Weiterleitung und damit verbundene Offenbarung der Daten der Bauträgerin sei nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO zulässig, weshalb die Bauträgerin keinen Anspruch auf Unterlassung analog § 1004 BGB i.V.m. § 30 AO habe. Denn die offenbarten oder zu offenbarenden Daten dienten der Durchführung eines Besteuerungsverfahrens nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Alt. 1 AO. Das FG hält es in diesem Zusammenhang für sachgerecht, dass die abweichende Kaufpreisaufteilung – wie von der Außenprüfung vertreten – in den zu erlassenden geänderten Feststellungsbescheiden zum Tragen kommen werde (vgl. zur Durchbrechung des Steuergeheimnisses in diesen Fällen Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 30 AO Rz. 66 [Oktober 2019]); Tormöhlen in Gosch, AO/FGO, § 30 AO Rz. 86 [April 2021]).

FG Baden-Württemberg v. 20.11.2019 – 4 K 2226/17, – 4 K 2227/17, – 4 K 2228/17, – 4 K 2229/17

II. Inhaltsadressat einer Prüfungsanordnung (§ 196 AO)

Eine GmbH betrieb in den Jahren 2004 bis 2007 eine Klinik. Sie übertrug sodann im August 2007 ihr gesamtes Vermögen auf Grund eines Ausgliederungs- und Übernahmevertrags an die A-GmbH & Co. KG und erhielt im Gegenzug einen Kommanditanteil an der KG. Beide Gesellschaften gehören zur X-Gruppe. Am 14.12.2009 ordnete das FA unter Verwendung der Steuernummer der GmbH eine Außenprüfung bei der "A-GmbH & Co. KG als RNF der ...GmbH" an. Diese Prüfungsanordnung wurde der damaligen steuerlichen Vertreterin aller Gesellschaften und Einzelpersonen der X-Gruppe bekannt gegeben. Sie sollte sich u.a. auf KSt und USt 2003 bis 2006 erstrecken. Nach einem Einspruch nahm das FA die Prüfungsanordnung zurück und erließ unter dem 16.8.2010 eine erneute Prüfungsanordnung, und zwar unter derselben Adressatenbezeichnung und Verwendung der Steuernummer der GmbH, nunmehr die Jahre 2004 bis 2007 betreffend. Im Rahmen der Außenprüfung wurden der steuerlichen Vertreterin u.a. Fragen übermittelt, die als zur Betriebsprüfung bei der GmbH gehörend gekennzeichnet waren. Auch die Antworten der Mitarbeiter der steuerlichen Vertreterin mit Bezug zur Steuernummer der GmbH und zur Auftragsbuchnummer der betreffenden Außenprüfung erfolgten mit Hinweis auf die GmbH. In der Schlussbesprechung vom 2.7.2013 wurde hinsichtlich aller Prüfungsfeststellungen Einvernehmen erzielt. Die Prüfungsfeststellungen wertete das FA mit Änderungsbescheiden vom 18.3.2014 aus. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das FG München die Klage ab.

Auf die Rev. der GmbH hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Der Ablauf der Festsetzungsfrist sei nicht dadurch gehemmt gewesen, dass das FA zuvor mit e...

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