a) § 46 FGO – Außergerichtlicher Rechtsbehelf als Voraussetzung einer Untätigkeitsklage

Wird gegen einen Einfuhrabgabenbescheid kein Einspruch eingelegt, ist eine unmittelbar erhobene Untätigkeitsklage gem. § 46 Abs. 1 S. 2 FGO unzulässig. Abweichend von § 44 FGO ist eine Klage ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig (Untätigkeitsklage), wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist (§ 46 Abs. 1 S. 1 FGO). Voraussetzung für eine zulässige Untätigkeitsklage, ist jedoch ein anhängiges außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren gem. §§ 347 ff. AO (Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 46 FGO Rz. 82 [Stand: April 2021]). Diese Sachurteilsvoraussetzung hat der BFH von Amts wegen in einem Revisionsverfahren in jeder Verfahrenslage zu prüfen. Ein derartiges außergerichtliches Verfahren fehlte jedoch im Streitfall. Der Prozessbevollmächtigte des Kl. hatte sich nämlich nur gegen das Einziehungsersuchen des Einfuhrabgabenbescheids gewendet. Das diesbezügliche Schreiben des Prozessbevollmächtigten legte der BFH weder als Einspruch gegen den Einfuhrabgabenbescheid aus noch deutete er die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten in einen Einspruch gegen den Einfuhrabgabenbescheid um. Hierbei stützt sich der BFH auf seine Rspr., nach der die Erklärungen von Angehörigen der steuerberatenden Berufe oder Rechtsanwälte beim Wort zu nehmen sind (BFH v.14.6.2016 – IX R 11/15, BFH/NV 2016, 1676).

BFH v. 23.3.2021 – VII R 7/19

b) § 52a FGO – ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung eines FG-Urteils

Der BFH hat sich im Rahmen eines PKH-Verfahrens mit der Rechtsfrage auseinandergesetzt, ob die Rechtsbehelfsbelehrung eines FG-Urteils fehlerhaft ist, wenn dort genaue Angaben zur elektronischen Einlegung eines Rechtsbehelfs gem. § 52a Abs. 4 Nr. 1 FGO fehlen. Der Ast. wollte nach Ablauf der einmonatigen Frist für die Einlegung einer NZB unter Berufung auf die aus seiner Sicht fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung gem. § 55 Abs. 2 FGO binnen eines Jahres NZB einlegen. Diese Vorschrift galt im Streitfall jedoch nicht, da die Rechtsbehelfsbelehrung des FG – so die Entscheidung des BFH – ordnungsgemäß war. Insb. führt die fehlende Angabe einer gültigen Adresse für die Einlegung eines Rechtsbehelfs auf elektronischem Weg nicht zur Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung. Ausreichend ist die im Streitfall erfolgte Bezeichnung der zutreffenden Postanschrift bzw. Telefaxnummer des BFH in der Rechtsbehelfsbelehrung für die Einlegung eines Rechtsbehelfs per Post oder per Telefax. Unerheblich ist es aus Sicht des BFH, dass der Ast. die gültige Adresse für eine Einlegung in elektronischer Form selbst ermitteln müsse. Das FG hatte für diesen Weg nur die Rechtsgrundlage angegeben. Dies ist nicht zu beanstanden. Auch die Angaben für die Nutzung der De-Mail beim BFH bewertet dieser als eindeutig und ausreichend.

In formaler Hinsicht sah der BFH den vom Ast. selbst gestellten PKH-Antrag als zulässig an. Insb. ist ein Ast. berechtigt, einen PKH-Antrag ungeachtet der Vorschrift des § 62 Abs. 4 FGO selbst zu stellen (BFH v. 23.6.2020 – IV S 3/19 (PKH), BFH/NV 2020, 1090). Jedoch war der Antrag aus oben dargestellten Ausführungen unbegründet. Nach st. Rspr. des BFH ist in den Konstellationen wie im Streitfall erforderlich, dass der Ast. innerhalb der Rechtsbehelfsfrist alle erforderlichen Entscheidungen für eine positive Entscheidung über seinen Antrag schafft (BFH v. 15.4.2014 – V S 5/14 (PKH), BFH/NV 2014, 1381). Der Ast. hat aber sein PKH-Gesuch erst später als einen Monat nach Zustellung des FG-Urteils beim BFH eingereicht. Die Frist für die Einlegung der NZB und damit der Beantragung von PKH hat sich nicht gem. § 55 Abs. 2 FGO auf ein Jahr verlängert, weil die Rechtsbehelfsbelehrung des FG ordnungsgemäß war.

BFH v. 21.5.2021 – II S 5/21

c) § 74 FGO – Aussetzung des Verfahrens bei zweifelhafter Annahme einer typisch stillen Gesellschaft

Der BFH hat die Anforderungen an die Aussetzung des Verfahrens bei einer zweifelhaften Annahme einer typischen Gesellschaft konkretisiert. Im Streitfall hatte das FG ein Klageverfahren gegen Einkommensteuerbescheide nicht gem. § 74 FGO ausgesetzt, um den Abschluss eines Verfahrens zur gesonderten und einheitliche Feststellung von Einkünften abzuwarten. Diese Vorgehensweise begründete einen Verfahrensfehler, der auch ohne Rüge im Revisionsverfahren zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung führt, damit das FG die gebotene Aussetzung vornehmen kann (vgl. BFH 22.2.2017 – I R 35/14, BStBl. II 2018, 33). Gegenstand der Klage im Streitfall waren Einkünfte aus einer stillen Beteiligung, die der Kl. als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt hatte. Der BFH hielt es aufgrund der konkreten vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich der Beteiligung des Kl. zumindest für möglich, dass er Einkünfte gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG als atypisch stiller Gesellschafter bezogen hatte. Die Frage der Klärung einer Mitunternehmerschaft hat im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung zu erfolgen. Ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung muss bereits dann durchgeführt werden, wenn zweifelhaft ist oder es nur möglich erscheint, dass Einkünft...

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