Das strafrechtliche Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG gilt nicht für die strafrechtliche Vermögensabschöpfung nach §§ 73 ff. StGB n.F. Dies folgt aus dem fehlenden Strafcharakter der Einziehung von Taterträgen (vgl. BGH v. 8.2.2018 – 3 StR 560/17, wistra 2018, 347; ferner Tormöhlen in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 375a AO Rz. 7 m.w.N. [April 2021]). Vielmehr ist der Anwendungsbereich von Art. 103 Abs. 2 GG auf staatliche Maßnahmen beschränkt, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten darstellen und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient. Andere staatliche Eingriffsmaßnahmen werden von Art. 103 Abs. 2 GG nicht erfasst. Es genügt nicht, dass eine Maßnahme an ein rechtswidriges Verhalten anknüpft. Daher fallen rein präventive Maßnahmen nicht unter Art. 103 Abs. 2 GG.

Die Vermögensabschöpfung, wie sie durch das Gesetz zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung v. 13.4.2017 (BGBl. I 2017, 872) geregelt wurde, ist keine dem Schuldgrundsatz unterliegende Nebenstrafe, sondern eine Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) eigener Art mit kondiktionsähnlichem Charakter.

Deshalb ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass die Neuregelung der Vermögensabschöpfung auch für Taten vorgesehen ist, die vor Inkrafttreten des Reformgesetzes und somit vor dem 1.7.2017 begangen worden sind, und Art. 316h Satz 1 EGStGB ist mit dem GG vereinbar.

BVerfG v. 10.2.2021 – 2 BvL 8/19

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