Steuerpflichtige Gewinnausschüttung oder begünstigte Abspaltung: Mit Urteilen v. 4.5.2021 hat der BFH folgendes entschieden (BFH v. 4.5.2021 – VIII R 17/18, EStB 2022, 5 [Brill] und BFH v. 4.5.2021 – VIII R 14/20, EStB 2022, 6 [Brill]):

  • Ein ausländischer Vorgang ist dann nicht mit einer Abspaltung i.S.d. § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG vergleichbar, wenn es an einer Übertragung von Vermögensteilen gegen Gewährung von Anteilen des übernehmenden Rechtsträgers an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers fehlt.
  • Die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags ist nicht bereits deshalb unmöglich i.S.d. § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG, weil die Anteile von einer ausländischen Gesellschaft zugeteilt werden.
  • Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG liegen jedenfalls dann nicht vor, wenn die Steuerbarkeit der Anteilszuteilung dem Grunde nach – wegen der Fiktion des § 27 Abs. 8 Satz 9 KStG – und der Höhe nach – wegen eines vorhandenen Börsenkurses der zugeteilten Anteile – feststeht.
  • Es ist fraglich, ob die Regelung des § 27 Abs. 8 Satz 9 KStG, die keine individuelle Nachweismöglichkeit einer Einlagenrückgewähr für Anteilseigner von EU-Kapitalgesellschaften im Veranlagungsverfahren vorsieht, unter Berücksichtigung der EuGH-Rspr. mit den Vorgaben der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) zu vereinbaren ist.

Problem: Die für das Jahr 2014 (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionskläger (Kl.) hielten über ihre Depotbank seit mindestens dem 31.12.2008 Aktien der Firma Vodafone Group PLC (Vodafone), einer AG nach dem Recht Großbritanniens. Vodafone war (mittelbar) zu 100 % an der Vodafone 4 Ltd. beteiligt, die ihrerseits wiederum unmittelbar an der Vodafone Americas Finance 1 beteiligt war. Die Vodafone Americas Finance 1 hielt (mittelbar) 45 % der Anteile an dem US-amerikanischen Unternehmen Verizon Wireless. Mit Vertrag vom 2.9.2013 veräußerte die Vodafone 4 Ltd. ihre Beteiligung an der Vodafone Americas Finance 1 an die Verizon Communications Inc. (Verizon) gegen Zahlung eines Geldbetrages zzgl. Anteilen an der Verizon. An diesem Erlös wollte Vodafone ihre Aktionäre teilhaben lassen. In der Hauptversammlung der Vodafone vom 28.1.2014 wurde sodann beschlossen, dass die Aktionäre an dem Verkaufserlös beteiligt werden sollten. Auf Grundlage dieser Beschlüsse kam es bei den Kl. im Streitjahr zu folgenden Vorgängen:

  • Aktienzuteilung und Barzuzahlung: Die Kl. erhielten Verizon-Aktien zugeteilt, die auf ihrem Depot eingebucht wurden. Sie hatten keine (Wahl-)Möglichkeit, anstelle der Zuteilung von Verizon-Aktien nur eine Barausschüttung zu erhalten. Des Weiteren erhielten die Kl. eine Gutschrift, wovon die Depotbank KapSt und Solidaritätszuschlag einbehielt.
  • Reversesplit: Darüber hinaus wurden die Vodafone-Aktien im Verhältnis 11 zu 6 zusammengelegt. Die Depotbank behielt insofern keine Steuerbeträge ein.

In der Jahressteuerbescheinigung der Depotbank für das Streitjahr waren die vorgenannten Beträge als steuerpflichtige Kapitalerträge ausgewiesen. Die Kl. waren der Auffassung, dass die Zuteilung der Verizon-Aktien und die Gutschrift steuerneutral zu behandeln seien und beantragten in ihrer Einkommensteuererklärung die Überprüfung des Steuereinbehalts für Kapitalerträge gem. § 32d Abs. 4 EStG sowie die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG. Das FA folgte dem nicht, sondern rechnete die einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer lediglich auf die festgesetzte Einkommensteuer an, der die strittigen Kapitaleinkünfte zugrunde gelegt worden waren.

Das FG Münster (s. FG Münster v. 28.2.2018 – 9 K 2117/16 E, EFG 2018, 1265) war der Auffassung, dass es sich bei der Zuteilung der Aktien um eine Sachausschüttung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG handelt, die nicht nach § 20 Abs. 4a EStG steuerneutral zu behandeln sei.

Steuerpflichtige Sachausschüttung: Die Zuteilung der Verizon-Aktien von der Vodafone PLC an die Kl. führt bei isolierter Betrachtung zu einem Kapitalertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, für den Deutschland das Besteuerungsrecht zusteht. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u.a. Gewinnanteile, Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien. Unerheblich ist es insofern, ob es sich bei der ausschüttenden Gesellschaft um eine in- oder ausländische Gesellschaft handelt (vgl. insofern BFH v. 20.10.2010 – I R 117/08 Rz. 13 m.w.N., EStB 2011, 139 [Krämer]). Dementsprechend ist den Kl. mit der Einbuchung der Verizon-Aktien auf ihrem Depot ein Kapitalertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in Form einer Sachausschüttung zugeflossen.

Besteuerungsrecht für den laufenden Kapitalertrag: Für diese Gewinnausschüttung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG der in GB ansässigen Vodafone steht Deutschland abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht zu. Die Kl. waren im VZ 2014 im Inland wohnhaft und mit sämtlichen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig gem. § 1 Abs. 1 EStG. Das DBA zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (BGBl. II 2010, 1...

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