OFD Frankfurt, 7.5.2001, FG 2026 A - 4 St II 40

 

1. Zulässigkeit

Die Finanzbehörde behält auch während des gerichtlichen Verfahrens die volle Verfügungsbefugnis über den Verfahrensgegenstand. Sie kann deshalb einen angefochtenen Verwaltungsakt noch während des Klage- oder Revisionsverfahrens bzw. eines Beschwerdeverfahrens wegen Nichtzulassung der Revision durch einen anderen Verwaltungsakt ändern oder ersetzen. Das ergibt sich aus § 132 AO i.V.m. §§ 68 und 123 FGO. Die Begriffe „Änderung” oder „Ersetzung” im Sinne des § 68 FGO sind weit auszulegen.

Die Änderung oder Ersetzung eines angefochtenen Verwaltungsakts während des gerichtlichen Verfahrens kommt z.B. gemäß §§ 129, 130, 131, 164, 165, 172, 173, 175 AO oder § 35b GewStG in Betracht.

 

1.1 Korrektur zuungunsten des Steuerpflichtigen

Die Verpflichtung der Finanzbehörde, den Sachverhalt zu ermitteln, wird durch das gerichtliche Verfahren nicht berührt. Ergeben sich während dieses Verfahrens Feststellungen, die eine höhere Steuer rechtfertigen, so kann die Finanzbehörde eine entsprechende Änderung des Verwaltungsakts nicht beim FG oder BFH beantragen oder anregen; denn das Gericht darf den angefochtenen Bescheid nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen ändern.

Um Steuerausfälle zu vermeiden und eine zutreffende Steuerfestsetzung zu erreichen, muss die Finanzbehörde die erforderlichen Änderungen selbst durchführen. Sie hat deshalb auch während des gerichtlichen Verfahrens Änderungen, die zu einer höheren Steuer führen, vorzunehmen und in diesem Sinne insbesondere alle Mitteilungen über die Änderung von Besteuerungsgrundlagen unverzüglich auszuwerten.

 

1.2 Korrektur zugunsten des Steuerpflichtigen

Hält die Finanzbehörde die Klage oder Revision ganz oder teilweise für begründet, so kann sie ebenfalls den angefochtenen Verwaltungsakt ändern, z.B. nach § 172 AO. Durch einen (Teil-)Abhilfebescheid können die dem Steuerpflichtigen zu erstattenden Aufwendungen für seinen Prozessbevollmächtigten verringert werden.

 

2. Bekanntgabe des geänderten Bescheids

Ein während eines KIageverfahrens ergehender Änderungsbescheid ist in der Regel dem Prozessbevollmächtigten bekannt zu geben.

 

3. Abschrift des geänderten Bescheids an das Gericht

Hat die Finanzbehörde den angefochtenen Bescheid nach der Klageerhebung geändert, so muss sie dem Gericht eine Abschrift des neuen Bescheids vorlegen § 68 Satz 3 FGO).

 

4. Wechsel des Verfahrensgegenstandes

 

4.1 Vorliegen eines angefochtenen Verwaltungsakts

Der ursprüngliche – rechtshängige – Verwaltungsakt muss fristgerecht angefochten worden sein. Ist ein Rechtsbehelf bereits wegen Fristversäumnis unzulässig, so wird die Unzulässigkeit auch durch § 68 FGO nicht behoben. Gegen bestandskräftige Bescheide geht § 68 FGO ins Leere (BFH-Urteil vom 13.4.2000, V R 56/99, BStBl 2000 II S. 490).

§ 68 FGO wirkt nicht auf die prozessuale Situation des Klägers ändernd im Sinne von heilend ein, sondern soll vielmehr – die vorgegebene Prozesslage nicht berührend – den Gegenstand der Klage ändern.

 

4.2 Vorliegen eines geänderten Verwaltungsaktes

Der ursprüngliche Verwaltungsakt muss nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt worden sein. Der Änderungsbescheid nimmt den ursprünglichen Verwaltungsakt in sich auf und suspendiert ihn in seiner Wirkung. Solange der Änderungsbescheid nicht aufgehoben wird, entfaltet der ursprüngliche Verwaltungsakt keine Wirkung.

Ein Änderungsbescheid wird bereits dann Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens, wenn hinsichtlich des ursprünglichen und des neuen Verwaltungsaktes Identität der Beteiligten und des Besteuerungsgegenstandes besteht. Eine Identität des Streitgegenstandes ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 9.9.1986, VIII R 198/84, BStBl 1987 II S. 28). Der ursprüngliche Verwaltungsakt muss jedoch durch den Zweitbescheid seine Wirkung verlieren. Diese Voraussetzungen hat der BFH auch im Verhältnis zwischen Vorauszahlungsbescheid und Jahressteuerbescheid in folgenden Fällen bejaht:

Die Voraussetzungen des § 68 FGO liegen auch dann vor, wenn während eines gerichtlichen Verfahrens

Die Voraussetzungen des § 68 FGO liegen weiterhin vor, wenn ein den Korrekturvorschriften der §§ 130 ff. AO unterliegender Verwaltungsakt betroffen ist (zu Haftungsbescheiden vgl. BFH-Urteil vom 6.8.1996, VII R 77/95, BStBl 1997 II S. 79; zu V...

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