Leitsatz

Der Antrag, ganz oder teilweise von einem Verlustrücktrag abzusehen, kann nur bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheids über die gesonderte Feststellung des zum Schluss des Verlustentstehungsjahrs verbleibenden Verlustvortrags geändert oder widerrufen werden.

 

Normenkette

§ 10d Abs. 1 und 4 EStG

 

Sachverhalt

Das FA setzte die ESt 2002 bei einem negativen GdE auf 0 Euro fest; der negative GdE ergab sich aus Verlusten aus Gewerbebetrieb der Frau K. Sie teilte dem FA mit, ein Verlustrücktrag solle nicht durchgeführt, der Verlust vielmehr in das Jahr 2003 vorgetragen werden. Daraufhin stellte das FA mit bestandskräftigem Bescheid vom 03.05.2004 den zum 31.12.2002 verbleibenden Verlustvortrag gesondert fest. Am 03.07.2004 beantragte K, den Verlust 2002 i.H.v. 6 000 Euro doch auf das Jahr 2001 zurückzutragen.

Das FA lehnte diesen Antrag ab, das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.10.2006, 3 K 28/06, Haufe-Index 1707352, EFG 2007, 401) gab ihm statt und verpflichtete das FA entsprechend.

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Klage ab. Er folgte aus den in den Praxis-Hinweisen entwickelten Gründen der Auffassung des FA, wie sie sich überdies auch aus R 115 Abs. 5 S. 2 der EStR 2001 ergibt.

 

Hinweis

1. Ist ein Verlustrücktrag zu gewähren oder zu berichtigen, ist ein für den unmittelbar vorangehenden Veranlagungszeitraum bereits erlassener, auch unanfechtbarer Steuerbescheid zu ändern (§ 10d Abs. 1 S. 2 EStG). Es handelt sich dabei um eigenständige Korrekturvorschriften. Berichtigungsgrund ist allein ein fehlerhafter Verlustabzug; dessen Ursache ist ohne Bedeutung. Das Gesetz will damit den Verlustabzug richtig und vollständig verwirklichen.

2. Der Steuerpflichtige kann nach § 10d Abs. 1 S. 4 EStG aber beantragen, vom Verlustrücktrag (§ 10d Abs. 1 S. 1 EStG) abzusehen. Tut er dies, so stellt sich die Frage, ob und ab wann er an seine Erklärung gebunden ist. Damit musste sich der BFH in einem Fall befassen, in dem der Steuerpflichtige nachträglich feststellte, dass sich der Verlustvortrag nicht in vollem Umfang günstig auswirken würde und er deshalb abweichend beantragte, einen Teil des Verlusts nun doch wieder zurückzutragen.

3. Das Gesetz sieht für den Antrag nach § 10d Abs. 1 S. 4 EStG zwar weder eine Frist vor noch regelt es selbst die Bindungswirkung. Der Steuerpflichtige verbraucht sein Antragsrecht aber mit dem Eintritt der Bestandskraft des Bescheids über die gesonderte Feststellung des zum Schluss des Verlustentstehungsjahrs verbleibenden Verlustvortrags. Ab dann ist er daran gebunden, kann seinen Antrag nicht mehr ändern oder widerrufen.

4. Der Steuerpflichtige ist nicht bereits mit dem Zugang seines Antrags beim FA (§ 130 Abs. 1 und 3 BGB) daran gebunden; denn dem Antrag nach § 10d Abs. 1 S. 4 EStG liegt kein selbstständiges Gestaltungsrecht zugrunde. Allerdings erhöht sich der Verlustvortrag entsprechend, soweit der Steuerpflichtige beantragt, vom Verlustvortrag abzusehen. Und aus dieser materiellen Verknüpfung ergibt sich letztlich auch die Bindungswirkung.

5. Auch unbefristete Wahlrechte können nämlich nur bis zum Eintritt derjenigen Steuerfestsetzung oder derjenigen Feststellung ausgeübt werden, auf welche sie sich auswirken sollen. Der Antrag nach § 10d Abs. 1 S. 4 EStG soll sich – wie unter 4. bereits materiell-rechtlich dargelegt – auf den Feststellungsbescheid nach § 10d Abs. 4 EStG auswirken. Und deshalb kann der Antrag, auf den Verlustvortrag verzichten zu wollen, nur solange geändert oder widerrufen werden, bis der Verlustvortrag bestandskräftig und nicht mehr änderbar festgestellt wurde.

6. Die Änderung des Antrags nach § 10d Abs. 1 S. 4 EStG führt auch nicht zu einem rückwirkenden Ereignis. Das materielle Recht sieht eine solche Rückwirkung nicht vor und es besteht dafür kein Bedürfnis – und das wäre ja gegenüber der bisher dargestellten Ableitung fast ein wenig selbstbezüglich!

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.09.2008 – IX R 72/06

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