Allein der Umstand, dass zur Bestimmung der zutreffenden Höhe des steuerlichen Einlagekontos einer GmbH nicht die mechanische Übernahme der im Jahresabschluss angegebenen Kapitalrücklage i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB ausreicht, sondern auf einer zweiten Stufe noch weitere Sachverhaltsermittlungen zur tatsächlichen Höhe des steuerlichen Einlagekontos erforderlich sind, schließt eine offenbare Unrichtigkeit i.S.d. § 129 S. 1 AO nicht aus. Im Streitfall hatte das FA die offenbar unrichtigen Angaben der Steuerpflichtigen aus der Steuerklärung übernommen und das steuerliche Einlagekonto mit 0 EUR festgestellt. Anhaltspunkte dafür, dass das FA bei der Übernahme der Angaben der Steuerpflichtigen rechtliche Überlegungen angestellt haben könnte, waren weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Damit lag auch auf Ebene des FA ein mechanischer Fehler vor (BFH v. 8.12.2021 – I R 47/18, AO-StB 2022, 270 [Marfels]).

Doppelter mechanischer Fehler: § 129 AO ist auch dann anwendbar, wenn das FA einen (mechanischen) Fehler, der dem Steuerpflichtigen bei der Erfüllung seiner Erklärungs- und Mitwirkungspflichten unterlaufen ist, übernimmt und sich so zu eigen macht. Beruht die fehlerhafte Eintragung in einer Steuererklärung jedoch auf einem Tatsachen- oder Rechtsirrtum des Steuerpflichtigen, liegt kein mechanischer Fehler vor, den die FinBeh. als eigenen hätte übernehmen und der eine Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO hätte eröffnen können (BFH v. 12.2.2020 – X R 27/18, BFH/NV 2020, 1041). Dagegen kommt § 129 AO zur Anwendung, wenn ein Sachbearbeiter Prüfhinweise kommentiert und gleichwohl fehlerhafte Eintragungen eines Steuerpflichtigen in einer Steuererklärung übernimmt (FG BW v. 14.12.2016 – 4 K 1870/16, EFG 2019, 1953).

Die versehentliche Nichtberücksichtigung eines Verlustes aus Aktiengeschäften in der ESt-Erklärung ist als vom FA übernommenes mechanisches Versehen anzusehen, wenn die Verlustbescheinigung bei der Veranlagung vorlag (FG Nds. v. 19.2.2020 – 3 K 323/19, EFG 2020, 569).

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