Leitsatz

Es liegt kein grobes Verschulden des Steuerpflichtigen vor, wenn er eine Angabe in der Elster-Steuererklärung nicht überprüfen konnte.

 

Sachverhalt

Der Kläger gab für das Jahr 2007 seine Steuererklärung mittels des ELSTER-Verfahrens ab. Die Erklärung hatte ein steuerlicher Berater nach den Angaben des Klägers gefertigt und ihm zur Durchsicht und Unterschrift zugeleitet. In der Steuererklärung machte der Kläger Angaben zu seiner Tochter, er erklärte aber nicht, dass er seit Ende 2006 von der Mutter seiner Tochter getrennt lebte, so dass ihm ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zugestanden hätte. Die Einkommensteuer wurde bestandskräftig veranlagt. Im August 2008 beantragte der Kläger diesen Entlastungsbetrag für das Jahr 2007. Dies sei erst bei der Erstellung der Steuererklärung 2008 aufgefallen. Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung 2007 ab, da den Kläger ein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden träfe. Nach dem erfolglosen Vorverfahren erhob der Kläger Klage beim zuständigen Niedersächsischen FG.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Die Einkommensteuerfestsetzung 2007 könne nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden, da den Kläger insbesondere kein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden träfe. Ihm selber könne dieser Vorwurf nicht gemacht werden, da die Frage der Geltendmachung des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende aus der dem Kläger zugesandten vorbereiteten Steuererklärung nicht überprüfbar gewesen sei. Auch den steuerlichen Berater, dessen Verschulden sich der Steuerpflichtige zurechnen lassen müsse, habe hier nicht grob fahrlässig gehandelt. Die Frage nach dem Entlastungsbetrag für einen Alleinerziehenden sei zwar in der regulären Anlage Kind enthalten, nicht aber in der komprimierten Anlage, die der Kläger erhalten habe. Der steuerlichen Berater sei im Rahmen der Erstellung der Steuererklärung nicht gehalten, jährlich nach einer Änderung in den Familienverhältnissen des Mandanten zu fragen, um sodann weitergehende Fragen nach der Geltendmachung etwaiger Entlastungsbeträge aufgrund einer Änderung zu stellen.

 

Hinweis

Die Entscheidung ist im Interesse des Steuerpflichtigen positiv zu beurteilen, doch lässt sich gleichwohl festhalten, dass hier dem Kläger durchaus das Glück in einem gewissen Umfang zur Seite stand. Zutreffend erscheint, dass das Gericht hier nicht zu einem eigenen groben Verschulden des Steuerpflichtigen gekommen ist[1]. Mängel in der komprimierten Steuererklärung können nicht zu seinen Lasten gehen, und was er nicht kontrollieren kann, kann ihm auch nicht vorgehalten werden. Meines Erachtens durchaus anders hätte man aber hinsichtlich des Verschuldens des steuerlichen Beraters urteilen können, welches sich der Steuerpflichtige nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zurechnen lassen muss[2]. Die Rechtsprechung zu dieser Frage ist sehr kasuistisch, so dass sich eine allgemeine Linie in der Rechtsprechung schwer findet. In anderen Fällen hat die Rechtsprechung sehr wohl eine Pflicht zur Nachfrage des steuerlichen Beraters bejaht. Dies wäre auch hier hinsichtlich der Familienverhältnisse möglich gewesen, zum Glück für den Steuerpflichtigen urteilte das Finanzgericht anders.

Das Verfahren ist nicht rechtskräftig. Es wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.05.2011, 3 K 249/10

[1] ausführlich hierzu Frotscher, in Schwarz, AO, § 173 AO Tz. 182 ff.
[2] siehe Frotscher, in Schwarz, AO, § 173 AO Tz. 212 ff.; BFH, Urteil v. 3.2.1983, IV R 153/80, BStBl 1983 II S. 324

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