Leitsatz

1. Im Rahmen der Teilwertabschreibung ist eine Forderung aus einem gekündigten Bankdarlehen, bei dem wegen fehlender Solvenz des Schuldners nur noch mit dem Eingang des den nominalen Forderungsbetrag unterschreitenden Erlöses aus der Sicherheitenverwertung und nicht mehr mit Zinszahlungen gerechnet werden kann, auf den Betrag des zu erwartenden Erlöses zu reduzieren und auf den Zeitpunkt abzuzinsen, zu dem mit dem Eingang des Erlöses zu rechnen ist.

2. Bei lediglich eingeschränkter Solvenz des Schuldners eines ungekündigten Darlehens hängen Möglichkeit und Höhe einer Abzinsung der Darlehensforderung vom Umfang der noch zu erwartenden Teilleistungen auf die Forderung ab.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3, Nr. 2 EStG, § 253 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 HGB

 

Sachverhalt

Klägerin war eine Bank. Sie nahm für die Streitjahre 1991 bis 1995 Einzelwertberichtigungen hinsichtlich notleidender Kreditengagements in zwei Fallgruppen vor:

Fallgruppe 1: Gekündigte Kreditverträge, bei denen die Klägerin nur noch die ihr zur Verfügung gestellten Sicherheiten verwerten konnte. Hier nahm die Klägerin von den zum Jahresende bestehenden jeweiligen Schuldsalden Einzelwertberichtigungen bis zur Höhe des erwarteten Werts der vorhandenen Sicherheiten vor. Außerdem zinste sie diesen Wert hinsichtlich der Zeit bis zur voraussichtlichen Sicherheitenverwertung ab.

Fallgruppe 2: Kreditverträge, auf die die Schuldner zwar noch Ratenzahlungen leisteten, deren Höhe jedoch den vereinbarten Zins nicht abdeckte. Ein förmlicher Verzicht auf den Zinsanspruch wurde mit den Schuldnern nicht vereinbart. Hier nahm die Klägerin eine Wertberichtigung durch Ausbuchung der laufenden Zinsforderungen vor. Außerdem zinste sie die jeweiligen Schuldsalden bezogen auf den Zeitraum ab, der sich bei Anrechnung regelmäßiger Raten auf die Schuldsalden bis zu deren Tilgung ergab.

Für die Berechnung der Abzinsung legte die Klägerin ihren Refinanzierungszinssatz für Ausleihungen ohne Berücksichtigung eines banküblichen Unternehmergewinns zugrunde. Die ursprünglichen Abzinsungen wurden durch allmähliche Zuschreibungen in den Folgejahren bis zum jeweiligen Laufzeitende neutralisiert.

Das FA erkannte die in den beiden Fallgruppen von der Klägerin vorgenommenen Abzinsungen dem Grund nach nicht an.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg (EFG 2006, 796).

 

Entscheidung

Der BFH hat sich dem im Grundsatz angeschlossen. Sowohl die Teilwertabschreibung als auch die Abzinsung seien zu gewähren. Uneingeschränkt gelte das aber nur für die gekündigten Forderungen, für die noch ungekündigten hingegen nicht, weil bei diesen jedenfalls noch mit Teiltilgungen zu rechnen gewesen sei.

 

Hinweis

Es wurde darüber gestritten, ob im Rahmen der Wertberichtigung sog. notleidender Bankkredite neben der Ausbuchung der uneinbringlich gewordenen Zinsen auch eine Abzinsung des Darlehenskapitals zulässig ist.

1. Die Bank hatte die Forderungen aus Kreditverträgen, die sie wegen Zahlungsunfähigkeit der Kreditnehmer gekündigt hatte und hinsichtlich derer lediglich noch Aussicht auf die Verwertung der überlassenen Banksicherheiten bestand, in ihren Bilanzen aus Gründen der kaufmännischen Vorsicht abweichend von den Nennwerten auf niedrigere Werte berichtigt. Sie reduzierte den Forderungsbetrag auf den noch zu erwartenden Erlös aus der Verwertung der Sicherheiten und kürzte diesen Betrag durch Abzinsung nochmals im Hinblick darauf, dass mit der Sicherheitenverwertung erst in geraumer Zeit gerechnet werden konnte.

2. Der BFH hat klargestellt, dass sowohl die Wertberichtigung als auch die Abzinsung gerechtfertigt sind.

Er verweist zum einen darauf, dass es für den bei der Teilwertabschreibung anzusetzenden Betrag darauf ankommt, was ein möglicher Erwerber für die Forderungen noch zu zahlen bereit wäre und dass ein Erwerber auch den bis zur Realisierung der Forderungen noch vergehenden Zeitraum als preismindernden Faktor ansehen würde.

Zum anderen würde der gedachte Betriebserwerber den Forderungsbetrag zusätzlich durch die Abzinsung reduzieren. Denn eine Forderung, mit deren Befriedigung erst in geraumer Zeit gerechnet werden kann, ist gemeinhin weniger wert als eine nominal gleich hohe Forderung, die kurzfristig eingezogen werden kann. Das gilt nicht nur aus Sicht des Erwerbers einer Einzelforderung, sondern in gleicher Weise auch aus der des Erwerbers einer Bank, zu deren Umlaufvermögen Darlehensforderungen gehören. Der Teilwert unverzinslicher Darlehen ist deshalb regelmäßig durch Abzinsung der künftigen Rückzahlung zu ermitteln; etwas anderes gilt nur, wenn der Darlehensnehmer für die Kapitalüberlassung zwar keine Zinsen, also Geld oder vertretbare Sachen entrichtet, jedoch eine andersartige Gegenleistung als "verdeckte Verzinsung" erbringt.

3. Der BFH verdeutlicht schließlich, dass die geschilderte Art der Wertberichtigung nicht unterschiedslos auch auf solche notleidenden Kreditengagements übertragen werden kann, die nicht gekündigt sind und bei denen die Bank zumindest noch mit Teilzahlu...

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