Leitsatz

Erhält ein in den USA ansässiger Gesellschafter einer deutschen Personengesellschaft Lizenzvergütungen für von ihm der Gesellschaft eingeräumte Rechte, so dürfen diese Vergütungen nach Art. 12 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F. nur in den USA und nicht in Deutschland besteuert werden (Anschluss an Senatsurteil vom 17.10.2007, I R 5/06, BFH/NV 2008, 869, BFH/PR 2008, 237). Die in § 50d Abs. 10 S. 1 EStG 2002 i.d.F. des JStG 2009 angeordnete Umqualifizierung von Sondervergütungen i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 zweiter Halbs. EStG 1997/2002 in abkommensrechtliche Unternehmensgewinne ändert daran nichts (gegen BMF-Schreiben vom 16.04.2010, BStBl I 2010, 354, dort Tz. 2.2.1 und 5.1).

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG 1997/2002, § 50d Abs. 10 S. 1 EStG 2002 i.d.F. des JStG 2009, Art. 7 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 6, Art. 12 Abs. 1 und Abs. 3 DBA-USA 1989 a.F.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine formwechselnd aus einer GmbH, der H-GmbH, entstandene KG. An ihr sind GW mit 74,9 % sowie die in den USA ansässige Beigeladene, eine Inc., mit 25,1 % als Kommanditisten und eine GmbH als Komplementärin beteiligt.

Die Beigeladene gewährte als Lizenzgeberin der H-GmbH als Lizenznehmerin die Erlaubnis, ihre Produkte zu verkaufen, zu vermarkten und zu verteilen und Dienstleistungen zu erbringen sowie ihre Marke und ihren Handelsnamen zu benutzen. Im Gegenzug verpflichtete sich die H-GmbH zur Zahlung einer Lizenzgebühr von 8 % auf den Jahresumsatz der H-GmbH für alle Geschäfte, die sich auf Produkte oder Dienstleistungen oder die Verbindung der Marke des Handelsnamens der Beigeladenen beziehen.

Das FA vertrat die Auffassung, dass es sich in den Streitjahren 2001 bis 2003 bei den Lizenzzahlungen der Klägerin an die an ihr als Gesellschafterin beteiligte Beigeladene um Sondervergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 zweiter Halbs. EStG 1997/2002 handele, die nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 1997/2002 deren inländischer Betriebsstätte zuzurechnen seien.

Die dagegen gerichtete Klage war erfolglos (FG München, Urteil vom 30.07.2009, 1 K 1816/09, Haufe-Index 2226718, EFG 2009, 1954).

 

Entscheidung

Der BFH gab der Klage demgegenüber statt und hob das FG-Urteil auf: Die gesetzliche Qualifizierung der Lizenzeinkünfte als Sondervergütungen schlage nicht auf das Abkommensrecht durch. § 50d Abs. 10 EStG n.F. ändere daran nichts. Dadurch werde die Qualifizierung der Lizenzvergütungen in gewerbliche Gewinne zwar auf die Abkommensebene übertragen. Doch es "… leidet die Absicht des Gesetzgebers, das deutsche Besteuerungsrecht unbeschadet der Abkommensvorschriften und der dazu ergangenen Rechtsprechung mittels einer unilateral fingierten Einkunftsqualifikation durchzusetzen, in ihrer Wirkkraft daran, dass diese Fiktion tatbestandlich zu kurz greift. Sie ordnet lediglich die abkommensrechtliche Einkunftsart an, suspendiert jedoch nicht zugleich von den Erfordernissen der (abkommensrechtlichen) Existenz einer Betriebsstätte (Art. 5 OECD-MA) sowie der (ebenfalls abkommensrechtlichen) Betriebsstättenzurechnung …".

 

Hinweis

1. Wassermeyer hat (in IStR 2010, 41) angemahnt, dass in jenen Fragen der abkommensrechtlichen Behandlung von Sondervergütungen, um welche hier gestritten wurde, zwischen Finanzverwaltung und BFH das "Kriegsbeil begraben werden" müsse.

Es bleibt zuzuwarten, ob dies gelingt. Momentan hat der BFH den "Krieg" jedenfalls nicht beruhigen können, weil die Reaktion des von der Finanzverwaltung (fern-)gesteuerten Gesetzgebers den Anforderungen, die an ein Gesetz der Eingriffsverwaltung zu stellen ist, vor dem Hintergrund des Art. 20 Abs. 3 GG nicht genügt.

2. Zunächst: Der BFH bleibt dabei, dass Sondervergütungen als deutschrechtliches Spezifikum dem OECD-MA unbekannt sind und dass diese stets jenen Einkunftskategorien zuzuordnen sind, die das Abkommen zur Verfügung stellt. Das sind in erster Linie Zinsen (Art. 11 OECD-MA) und – so auch im Urteilsfall – Lizenzen (Art. 12 OECD-MA), nicht hingegen Unternehmensgewinne (Art. 7 OECD-MA), weil die nationale Qualifikationsfiktion des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG auf die Abkommensauslegung letztlich nicht durchschlagen kann. Dass Art. 3 Abs. 2 OECD-MA den Rückgriff auf das nationale Recht sicherstellt, ändert daran nichts, weil zuvörderst nach einer einschlägigen ("autonomen") Aussage (und Antwort) im DBA selbst zu suchen ist – und das gelingt hier eben in Gestalt besagter spezieller Einkunftskategorien.

Nach jenen Kategorien bestimmt sich denn auch, welcher Vertragsstaat das Besteuerungsrecht hat. Das ist bei Vereinbarung der Freistellungsmethode im sog. Inbound-Fall Deutschland und im sog. Outbound-Fall vice versa der andere Vertragsstaat.

In diesem Sinn entscheidet der BFH in nunmehr beständiger jahrelanger Spruchpraxis (s. zuletzt BFH, Urteil vom 17.10.2007, I R 5/06, BFH/NV 2008, 869, BFH/PR 2008, 237), und daran hält er ohne weitere Ausführungen abermals fest.

3. Die Finanzverwaltung bewog diese Spruchpraxis indes nicht zur Umkehr ihrer gegenteiligen Ansicht. Stattdessen "initiierte" sie...

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