Leitsatz

1. Errechnet sich beim Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft ein Übernahmeverlust, kann dieser im zeitlichen Geltungsbereich des § 4 Abs. 6 UmwStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002 nicht durch einen sofortigen Abzug einkünftemindernd im Rahmen der Gewinnermittlung der Personengesellschaft berücksichtigt werden.

2. Der Ausschluss des Übernahmeverlustes lässt es auch nicht mehr zu, die Anschaffungskosten eines Gesellschafters für die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft als Anschaffungskosten der übernommenen Wirtschaftsgüter in einer persönlichen Ergänzungsbilanz zu erfassen (sog. step up) und sukzessive abzuschreiben.

 

Normenkette

§ 25 Abs. 1 EStG, § 3 Satz 1, § 4, § 5, § 14, § 27 Abs. 1 UmwStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002, § 17, § 163 AO

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein Steuerberater, hatte 1996 einen Anteil an einer GmbH erworben. Zum 1.1.2002 erfolgte der Formwechsel nach § 14 Satz 1, §§ 3ff. UmwStG in eine GbR, die zum 30.9.2002 durch Realteilung erfolgsneutral beendet wurde. Sämtliche Aktiva und Passiva wurden auf die beiden ehemaligen Gesellschafter (darunter der Kläger) übertragen, die getrennte Einzelpraxen fortführten. Aus dem Formwechsel der GmbH in die GbR ergab sich ein Übernahmeverlust des Klägers gem. § 4 Abs. 4, § 5 UmwStG in Höhe von 520.242,57 EUR. Von diesem Betrag ausgehend aktivierte der Kläger in einer persönlichen Ergänzungsbilanz auf den 30.9.2002 einen Firmenwert und stockte die Buchwerte anderer Wirtschaftsgüter auf. Hierauf nahm er Absetzungen für Abnutzung von rd. 109.500 EUR vor.

Das FA folgte dem mit Rücksicht auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (FG Düsseldorf, Urteil vom 30.6.2010, 15 K 2593/09 F, Haufe-Index 2367682, EFG 2010, 1556).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück. Der nach dem Gesetzeswortlaut eindeutige Ausschluss der Berücksichtigung des Übernahmeverlustes verstoße nicht gegen das Nettoprinzip, weil der Kläger keinen umwandlungsbedingten Besteuerungsnachteil erlitten habe. Würde aber in Zukunft erwerbsbezogener Aufwand ohne sachliche Rechtfertigung endgültig vom steuerlichen Abzug ausgeschlossen, etwa bei einer Praxisveräußerung des Klägers, so bleibe Raum für die Prüfung einer abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen, weil die gesetzliche Regelung dann übermäßig wirke.

 

Hinweis

1.Für den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft gelten gem. § 14 Satz 1 UmwStG die Vorschriften der §§ 3 bis 8 und 10 UmwStG entsprechend. In der hier wiedergegebenen Entscheidung geht es um die Auslegung des zum 1.1.2001 in Kraft getretenen § 4 Abs. 6 UmwStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts dieser Vorschrift muss ein Übernahmeverlust, der sich beim Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft ergibt, bei der Gewinnermittlung der Personengesellschaft unberücksichtigt bleiben.

2.In den Gesetzesfassungen des UmwStG 1995, wie sie bis zum 31.12.2000 galten, führte ein verbleibender Übernahmeverlust nach näherer Maßgabe des jeweiligen § 4 Abs. 6 zur Aufstockung der Ansätze der übergegangenen Wirtschaftsgüter bis zu deren Teilwerten und ggf. zur Aktivierung eines darüber hinausgehenden Betrages (sog. step up) in der Bilanz der Personengesellschaft einschließlich der Ergänzungsbilanzen ihrer Gesellschafter. Dies eröffnete den Gesellschaftern der Personengesellschaft die Möglichkeit, ihre Anschaffungskosten für den Anteil an der Kapitalgesellschaft in einer persönlichen Ergänzungsbilanz zu aktivieren, soweit die Anschaffungskosten nicht in den Bilanzansätzen der Übernahmebilanz der Personengesellschaft enthalten waren. Auf diese zusätzlichen Bilanzwerte konnten Absetzungen vorgenommen werden

Dies ist ab dem 1.1.2001 nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nunmehr ausgeschlossen.

3. Darin liegt jedenfalls so lange kein Verstoß gegen das Nettoprinzip, als der Gesellschafter keinen umwandlungsbedingten Besteuerungsnachteil erleidet. Das ist etwa der Fall, wenn der beim Formwechsel ermittelte Übernahmeverlust lediglich ein an die Ausübung von Wahlrechten (Buchwertfortführung) geknüpfter Buchverlust ist, der nicht durch die wirtschaftende Tätigkeit im Rahmen der Personengesellschaft real eingetreten ist und tatsächlich nicht zu einer Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit geführt hat.

4. Ein anderes Szenario – und darauf hat der BFH hier für die Zukunft obiter hingewiesen – ist jedoch denkbar: Das objektive Nettoprinzip wird tangiert, wenn der Ausschluss des Übernahmeverlustes durch § 4 Abs. 6 UmwStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002 dazu führt, dass erwerbsbezogenem Aufwand ohne nachvollziehbare sachliche Rechtfertigungsgründe endgültig der steuerliche Abzug versagt bleibt. Sofern eine Berücksichtigung der historischen Anschaffungskosten für den Kapitalgesellschafts-Anteil bei der Ermittlung des Gewinns aus einer künftigen Veräußerung oder Aufgabe bei der Bestimmung des "Wertes des Betriebsvermögens" (§...

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