Bei allen vorgenannten Auffangtatbeständen besteht die Besonderheit, dass ein konkretes auf die Übertragung von Grundstücken gerichtetes Rechtsgeschäft nicht vorliegt und diese Vorgänge daher nur auf Grund anderer Unterlagen der Finanzbehörde bekannt werden. Sie erfordern somit eine, zum Teil über die Vorlage von Notarverträgen hinausgehenden Anzeigepflicht der Beteiligten. Diese Anzeigepflicht ist über § 19 GrEStG i.E. normiert. Die Anzeigepflichten der Gerichte, Behörden und Notare ergeben sich aus § 18 GrEStG.

Beraterhinweis Wird der Anzeigepflicht nicht in allen Teilen ordnungsgemäß und fristgerecht innerhalb von zwei Wochen genügt, scheidet über § 16 Abs. 5 GrEStG eine Nichtfestsetzung oder die nachträgliche Korrektur der Steuer nach § 16 Abs. 1 bis 4a GrEStG aus. Der Grund für diese Einschränkung ist darin zu sehen, dass der zuständigen Finanzbehörde häufig die entsprechenden Vorgänge nicht innerhalb der Festsetzungsfrist (§ 169 AO) bekannt werden und bereits dadurch Steuerausfälle vorprogrammiert sind. Dieser Effekt würde sich noch verstärken, wenn dennoch bekannt gewordene Vorgänge ohne größeren Aufwand auf Seiten des Steuerpflichtigen (Stpfl.) im Nachhinein wieder korrigiert werden könnten. Das Fehlverhalten des Stpfl. soll also nicht noch honoriert werden.

In Entscheidungen zu einer älteren Fassung des § 16 Abs. 5 GrEStG vertrat der BFH allerdings die Auffassung, dass die Vorschrift des § 16 Abs. 5 GrEStG einer einschränkenden Auslegung bedurfte (vgl. BFH v. 20.1.2005 – II B 52/04, BStBl. II 2005, 492 = GmbHR 2005, 790 [Götz], und BFH v. 18.4.2012 – II R 51/11, BStBl. II 2013, 830 = ErbStB 2012, 269 [Halaczinsky]). Er ging davon aus, dass § 16 Abs. 5 GrEStG grundsätzlich der Sicherung der Anzeigepflichten aus §§ 18 und 19 GrEStG diene. Unter Berücksichtigung des Normzwecks der Vorschrift sei eine Anzeige allerdings schon dann ordnungsgemäß, wenn der Vorgang innerhalb der Anzeigefristen dem FA in einer Weise bekannt wird, dass es die Verwirklichung eines grunderwerbsteuerlichen Tatbestands prüfen kann.

Dazu reiche es aus, wenn die Anzeige die einwandfreie Identifizierung von Veräußerer, Erwerber und Urkundsperson und ggf. der Gesellschaft ermöglicht und der Anzeige die erforderlichen Abschriften (§ 18 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 4 Satz 2 GrEStG) beigefügt werden. Ist dies geschehen, so könne sich der Stpfl. aufgrund der Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzbehörden der Besteuerung nicht mehr entziehen und den Erwerbsvorgang auch nicht mehr, bevor er den Finanzbehörden bekannt wird, ohne steuerliche Folgen wieder aufheben.

Sei dem FA somit innerhalb der Anzeigefrist der jeweilige Erwerbsvorgang in einer Weise bekannt geworden, dass es die Verwirklichung eines steuerlichen Tatbestands prüfen kann, könnten in der Anzeige noch fehlende Angaben innerhalb einer vom FA zu setzenden angemessenen Frist nachgereicht werden.

Die Neufassung des § 16 Abs. 5 GrEStG in der ab dem 7.6.2013 geltenden Fassung hat jedoch die vorgenannte Rspr. des BFH ausgehebelt und die auch bereits zuvor von der Finanzverwaltung vertretene stringente Auslegung bestätigt. Die neue Formulierung umfasst die Ausschlusswirkung bei jedem Verstoß gegen die Anzeigepflichten einschließlich der vom Gesetz vorgesehenen Fristen. Dieser Auslegung ist der BFH in seiner neueren Rspr. gefolgt, zumal die Neufassung des Gesetzes keiner abweichenden Auslegung mehr zugänglich ist.

In einer Entscheidung aus 2019 (BFH v. 22.5.2019 – II R 24/16, BStBl. II 2020, 157 = ErbStB 2019, 338 [E. Böing]) hat der BFH dann auch ausdrücklich klargestellt, dass bei einer Verletzung der Anzeigepflichten die Vorschrift des § 16 Abs. 5 GrEStG den Anspruch auf Nichtfestsetzung der Steuer oder Aufhebung der Steuerfestsetzung bei späterer Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges ausschließt. § 16 Abs. 5 GrEStG diene der Sicherung der Anzeigepflichten aus §§ 18 und 19 GrEStG und wirke dem Anreiz entgegen, durch Nichtanzeige einer Besteuerung der in dieser Vorschrift genannten Erwerbsvorgänge zu entgehen (BFH v. 17.5.2017 – II R 35/15, BStBl. II 2017, 966 = ErbStB 2017, 262 [E. Böing]). Insbesondere solle die Vorschrift den Beteiligten die Möglichkeit nehmen, einen dieser Erwerbsvorgänge ohne weitere steuerliche Folgen wieder aufheben zu können, sobald den Finanzbehörden ein solches Geschäft bekannt wird (BFH v. 3.3.2015 – II R 30/13, BStBl. II 2015, 777 = ErbStB 2015, 189 [Günther]).

In der Folgezeit sind die FG dieser Rspr. gefolgt: So hat das FG München (FG München v. 23.6.2021 – 4 K 1105/18) ausdrücklich klargestellt, dass es für die Anwendung des § 16 Abs. 5 GrEStG unerheblich ist, aus welchen Gründen ein von dieser Vorschrift erfasster Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß angezeigt wurde. Denn die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht der Beteiligten zur Anzeige der der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgänge sei objektiver Natur und bestehe unabhängig von subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten des zur Anzeige Verpflichteten. Daher sei die Anzeigepflicht der Beteiligten auch nicht da...

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