Rz. 20

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Die Bußgeldvorschriften des II. Abschnitts des 8. Teils der AO (§§ 377384 AO) behandeln die Steuerordnungswidrigkeiten, dh Zuwiderhandlungen, die nach den Steuergesetzen mit Geldbuße geahndet werden. Für Steuerordnungswidrigkeiten gelten die Vorschriften des I. Teils des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, soweit die Bußgeldvorschriften der Steuergesetze nichts anderes bestimmen (§ 377 Abs 2 AO). Für diese Zuwiderhandlungen gegen Steuergesetze gilt das sog Opportunitätsprinzip (§ 47 OWiG), dh die Verfolgung und Ahndung von Steuerordnungswidrigkeiten liegen im pflichtgemäßen Ermessen der FinBeh (im Gegensatz zu Steuerstraftaten, die verfolgt werden müssen; zum Legalitätsprinzip vgl § 152 Abs 2 StPO). Vgl dazu Nr 104 der AStBV (St) 2 016 (> Rz 2). Unter Nr 107 aaO wird auf Ordnungswidrigkeiten nach anderen Gesetzen verwiesen.

 

Rz. 21

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Unter den Steuerordnungswidrigkeiten hat die leichtfertige Steuerverkürzung die größte praktische Bedeutung. Ordnungswidrig handelt, wer als Stpfl oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Stpfl eine der in § 370 Abs 1 AO bezeichneten Taten (> Rz 6, 7) leichtfertig begeht (§ 378 Abs 1 AO). Durch den Hinweis auf die Vorschrift über Steuerhinterziehung (§ 370 Abs 1 AO) ergibt sich, dass im objektiven Tatbestand zwischen der Steuerhinterziehung und der leichtfertigen Steuerverkürzung kein Unterschied besteht. Der Unterschied liegt nur in der subjektiven Tatseite. Für § 378 AO genügt ein leichtfertiges Handeln. Leichtfertigkeit entspricht der groben Fahrlässigkeit, wobei anders als im Zivilrecht auf die individuellen Eigenschaften des Täters abgestellt wird (Klein/Orlopp, § 378 AO Anm 4 und hM). Der Stpfl und sein Berater handeln zB leichtfertig iSd § 378 AO, wenn eine in der Steuererklärung ausdrücklich gestellte, auf einen ganz bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beachtet wird (EFG 1988, 546). Erforderlich ist eine besondere Leichtsinnigkeit, Gleichgültigkeit oder Nachlässigkeit in der Erfüllung steuerlicher Pflichten. Auch ein ArbG, der leichtfertig keine LSt-Anmeldungen oder unrichtige LSt-Anmeldungen abgibt und dann die LSt nicht oder nicht in der richtigen Höhe oder verspätet abführt, kann nach § 378 Abs 2 AO mit einer Geldbuße bis zu 50 000 EUR belegt werden.

 

Rz. 22

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Wie § 371 AO für die Steuerhinterziehung, eröffnet § 378 Abs 3 AO die Möglichkeit einer bußgeldbefreienden Selbstanzeige (> Rz 13–17). Auch hier gelten die Besonderheiten des § 371 Abs 2 a AO (> Rz 13). Sie ist selbst dann noch möglich, wenn die Tat bereits entdeckt ist und der Stpfl dies weiß, eine > Außenprüfung oder eine > Lohnsteuer-Nachschau begonnen worden oder ein Amtsträger des FA zur Ermittlung einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist. Die unrichtigen oder unvollständigen Angaben müssen jedoch berichtigt oder ergänzt werden, bevor die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist.

 

Rz. 23

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

§ 380 AO behandelt die Gefährdung von Abzugsteuern. Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig seiner Pflicht, Steuerabzugsbeträge einzubehalten und abzuführen, nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt. § 380 AO gilt ua für die LSt einschließlich SolZ, und zwar schon dann, wenn eine der beiden Verpflichtungen – Einbehaltung oder Abführung – nicht erfüllt wird. Zahlt ein ArbG mit einbehaltener LSt andere Steuerschulden, so ist er seiner Verpflichtung zur Abführung dieser Beträge nicht nachgekommen (BayOLG, BB 1977, 1687). Er kann sich auch nicht darauf berufen, dass seine Mittel nicht zur Zahlung von LSt und SolZ ausgereicht hätten (BGHSt 2, 338). In diesem Fall muss er die Nettolöhne entsprechend kürzen (RGSt 40, 235; ergänzend > Haftung für Lohnsteuer Rz 159 ff). § 380 AO gilt nur subsidiär hinsichtlich der Einbehaltungs- und Abführungspflicht des ArbG. Unterlässt er hingegen auch die richtige und vollständige Anmeldung der LSt/SolZ, kann diese Pflichtverletzung den Tatbestand des § 370 AO erfüllen (> Rz 9). Auf § 380 AO kann deshalb zurückgegriffen werden, wenn die Bestrafung wegen vorsätzlicher Steuerverkürzungen nach § 370 AO oder die Verhängung eines Bußgelds nach § 378 AO infolge wirksamer Selbstanzeige nicht möglich ist (OLG Celle, MDR 1975, 599; BayOLG, NJW 1981, 1055; aA Bringewat, NJW 1981, 1025). Die Gefährdung der Abzugsteuern kann mit einer Geldbuße bis zu 25 000 EUR geahndet werden. Zur Bemessung der Geldbuße OLG Celle, BB 1976, 633 sowie Nr 114 der AStBV (St) 2017 (> Rz 2). Täter iSd § 380 AO kann der ArbG oder eine Person sein, die den ArbG bei der Erfüllung der lohnsteuerlichen Verpflichtungen vertritt. Geldbußen können auch gegen eine > Juristische Person verhängt werden (§ 30 OWiG).

 

Rz. 24

Stand: EL 113 – ET: 09/2017

Eine Steuerordnungswidrigkeit ist auch der geschäftsmäßige Erwerb von Steuererstattungs- oder Vergütungsansprüchen, der nach § 46 Abs 4 AO unzulässig ist (§ 383 AO); zu Einzelheiten > Abtretung von Steuererstat...

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