Rz. 72

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Grundsätzlich gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit neben den Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden (§ 8 Abs 1 iVm § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG). Dazu kann auch ein Preisnachlass beim Erwerb von Waren oder Dienstleistungen gehören, wenn er mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des ArbN erweist (zum Grundsätzlichen > Arbeitslohn Rz 4, 44 ff). Das gilt grundsätzlich auch, wenn der Vorteil dem ArbN von einem Dritten zugewendet wird und zwischen der Zuwendung des Dritten und dem Dienstverhältnis ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Davon kann ausgegangen werden, wenn der Dritte anstelle des ArbG die Arbeitsleistung des ArbN entgilt, indem zB ein dem ArbG zustehender Vorteil im abgekürzten Weg an den ArbN weitergegeben wird. Arbeitslohn kann aber auch gegeben sein, wenn dem Vorteil keine konkrete Arbeitsleistung für den Dritten gegenübersteht, der ArbG aber an der Verschaffung der Preisvorteile mitgewirkt hat (> Rz 74 ff).

 

Rz. 73

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Ein Preisvorteil ist dagegen kein Arbeitslohn, wenn er nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, zB weil entsprechende Preisvorteile üblicherweise auch Betriebsfremden im allgemeinen Geschäftsverkehr eingeräumt werden. Ebenso ist es, wenn der Vorteil auf eigenen, unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Stpfl und dem Dritten beruht (BFH 162, 329 = BStBl 1991 II, 337). Das gilt besonders, wenn eigenwirtschaftliche Interessen des Dritten zB an einer Ausweitung seiner Umsätze für den Preisvorteil ursächlich sind. Während die FinVerw ein überwiegend betriebliches Interesse des Dritten für erforderlich hält (vgl BMF vom 20.01.2015, BStBl 2015 I, 191), halten mehrere FG auch ein geringeres betriebliches Interesse für ausreichend, um die Zahlung von Arbeitslohn zu verneinen (vgl EFG 2018, 490 = DStRE 2018, 772; EFG 2019, 119 = DStRK 2019, 56 – Rev, BFH VI R 53/18 zu einem sog Werksangehörigenprogramm und Markenbotschaftern). Ebenso reicht die Tatsache, dass ein ArbN einen besonders günstigen Preis und damit einen geldwerten Vorteil nur erhält, weil er bei einem bestimmten ArbG beschäftigt ist, allein zur Annahme von Arbeitslohn nicht aus, wenn dies ohne Einflussnahme des ArbG geregelt wird (vgl BFH 150, 555 = BStBl 1987 II, 822) oder trotz Mitwirkung des ArbG die Zuwendung des Dritten keine Belohnung für eine Leistung des ArbN im Rahmen seines Dienstverhältnisses ist (vgl BFH 229, 346 = BStBl 2010 II, 1022; BFH 245, 213 = BStBl 2015 II, 191). Auch die Annahme von Preisvorteilen gegen den Willen und die Interessen des ArbG schließt die Annahme von > Arbeitslohn Rz 155 aus.

1. Aktive Mitwirkung des Arbeitgebers

 

Rz. 74

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Die aktive Mitwirkung des ArbG an der Verschaffung von Preisvorteilen, die dem ArbN bei der Nutzung oder dem Erwerb von Waren oder Dienstleistungen von einem Dritten eingeräumt werden, führt zur Annahme von > Arbeitslohn. Davon ist in folgenden Fallgruppen auszugehen:

 

Rz. 75

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Aus dem Handeln des ArbG entsteht ein Anspruch des ArbN auf den Preisvorteil.
 

Beispiel 1:

Die Berufsgenossenschaft X schließt mit dem Automobil-Händler Y einen Rahmenvertrag, der dem ArbN der X beim Kauf eines Pkw einen für normale Kaufinteressenten nicht auszuhandelnden Preisnachlass sichert.

Es handelt sich um einen Vertrag zu Gunsten Dritter, der dem ArbN der X einen Anspruch gegen Y auf einen geldwerten Vorteil verschafft, der in ursächlichem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht. Der ArbG hat den LSt-Abzug vorzunehmen (> Rz 89 f).

 

Rz. 76

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Der ArbG übernimmt gegenüber dem Dritten Verpflichtungen in Bezug auf die Abwicklung des Rabattkaufs. Hierbei handelt es sich besonders um Sachverhalte, bei denen der Dritte den Belegschaftsangehörigen zunächst unverbindlich besondere Preisvorteile in Aussicht stellt, der ArbG aber für den Dritten im Vertragsfall den Kaufpreis einzieht oder für die Bezahlung garantiert.

 

Beispiel 2:

Der Reifenhändler Y hat dem Betriebsrat der Firma A angeboten, den Belegschaftsangehörigen beim Reifenkauf einen über das Marktübliche hinausgehenden Sonderrabatt einzuräumen, wenn die Firma A bereit ist, das Inkasso zu übernehmen und notfalls für Zahlungsausfälle zu haften. Nachdem die Geschäftsführung der A dem zugestimmt hat, macht der Betriebsrat das Angebot des Händlers am Schwarzen Brett bekannt. A bescheinigt auf Wunsch die Zugehörigkeit eines interessierten Mitarbeiters zur Belegschaft.

Auch wenn die Firma A mit dem Händler Y keinen Rechtsanspruch auf einen Preisnachlass zugunsten ihrer Mitarbeiter ausgehandelt hat, ist sie durch die Mitwirkung an der Abwicklung des Reifenkaufs an dem Vorgang in einer Weise eingebunden, die den ursächlichen Zusammenhang des Vorteils mit dem Dienstverhältnis offenlegt. Die Firma A hat den LSt-Ab...

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