Entscheidungsstichwort (Thema)

Kapitalverkehrsfreiheit, beschränkte Einkommensteuerpflicht, dauernde Last aufgrund Übernahme Gesellschaftsanteil

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der für beschränkt Steuerpflichtige in § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG angeordnete Ausschluss der steuermindernden Berücksichtigung dauernder Lasten verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV.

2) § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG steht damit der steuermindernden Berücksichtigung gezahlter dauernder Lasten i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. eines beschränkt Steuerpflichtigen für die Übernahme eines ertragbringenden und existenzsichernden Gesellschaftsanteils nicht entgegen (Fortentwicklung des EuGH-Urteils vom 31.03.2011, Rs. C-450/09 - Schröder).

 

Normenkette

EStG § 50 Abs. 1 S. 4; AEUV Art. 63; EStG a.F. § 10 Abs. 1 Nr. 1a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.06.2015; Aktenzeichen I R 49/12)

BFH (Beschluss vom 14.05.2013; Aktenzeichen I R 49/12)

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist noch, ob im Streitfall die Vorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) der gewinnmindernden Berücksichtigung einer dauernden Last entgegensteht.

Der nicht verheiratete Kläger ist deutscher Staatsbürger und lebt in F (= europäisches Ausland).

Mit Übertragsvertrag vom 17.01.1989, auf dessen Wortlaut Bezug genommen wird – Blatt 89 ff der Gerichtsakte –, erwarben der Kläger und dessen Bruder von ihrem Vater dessen Gesellschaftsanteil an der U – GbR mit Sitz in M, die nunmehr als E – GbR firmiert. Als Gegenleistung verpflichteten sich der Kläger und sein Bruder die in § 2 des Vertrages vom 17.01.1989 näher bezeichneten und einkommensteuerlich als dauernde Lasten zu qualifizierenden Leistungen an ihren Vater bzw. ihre Eltern zu erbringen.

Neben anderweitigen inländischen Einkünften erzielte der Kläger aus seiner Beteiligung an der vorgenannten Gesellschaft bürgerlichen Rechts in den Streitjahren 1999 bis 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Bei Abgabe seiner Steuererklärungen für die Streitjahre vertrat der Kläger zum einen die Auffassung, er sei im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, zum anderen, seine Einkünfte aus der Beteiligung an der vorgenannten Gesellschaft seien als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu qualifizieren. Dem schloss sich der Beklagte zunächst bei Erlass der Einkommensteuerbescheide vom 24.07.2001 für 1999, vom 07.11.2002 für 2000 und vom 23.07.2003 für 2001 an. Diese Bescheide wurden bestandskräftig. In den vorgenannten Bescheiden berücksichtigte der Beklagte Einkünfte des Klägers aus seiner Beteiligung an der oben genannten Gesellschaft und Sonderausgaben (SA) und außergewöhnlichen Belastungen (a.g.B.) wie folgt:

Einkünfte § 13 EStG

SA und a.g.B. insgesamt

davon Beiträge und Spenden nach § 10 b EStG

davon Steuerberaterk osten

davon dauernde Lasten

1999

173.300 DM

41.542 DM

300 DM

2.230 DM

15.795 DM

2000

196.743 DM

36.150 DM

300 DM

1.269 DM

13.866 DM

2001

220.126 DM

46.770 DM

300 DM

814 DM

13.624 DM

Bei Abgabe seiner Einkommensteuererklärung 2002 am 09.07.2004 hielt der Kläger zunächst an den vorgenannten Rechtsauffassungen fest und erklärte u.a.:

Einkünfte § 13 EStG

SA und a.g.B. insgesamt

davon Beiträge und Spenden nach § 10 b EStG

davon Steuerberaterk osten

davon dauernde Lasten

2002

113.463 EUR

24.378 EUR

150 EUR

526 EUR

7.133 EUR

Ausweislich von Mitteilungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 18.05.2005 für die Jahre 1999 und 2000 bzw. vom 02.09.2004 für die Jahre 2001 und 2002 qualifizierte der Beklagte die Einkünfte des Klägers aus dessen Beteiligung ab dem Veranlagungszeitraum 1999 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Gewinnanteile des Klägers waren nach diesen Mitteilungen im Vergleich zu den durchgeführten Veranlagungen 1999 bis 2001 und der Einkommensteuererklärung 2002 der Höhe nach vermindert. Die Gewinnanteile betrugen für 1999 noch 173.419 DM, für 2000 noch 192.590 DM, für 2001 noch 218.029 DM und für 2002 noch 109.870 EUR.

Dem folgte der Beklagte grundsätzlich bei Erlass der nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 vom 31.08.2004 bzw. des erstmaligen Einkommensteuerbescheids 2002 vom 01.09.2004, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging. Bei Erlass dieser Bescheide ging der Beklagte jedoch nunmehr davon aus, dass der Kläger nicht unbeschränkt, vielmehr beschränkt einkommensteuerpflichtig sei. In Anwendung des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung versagte der Beklagte bei Erlass dieser Bescheide – mit Ausnahme der Aufwendungen des Klägers i. S. d. § 10 d EStG; vgl. § 50 Abs. 1 Satz 5 EStG – die steuermindernde Berücksichtigung der vormals für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2001 berücksichtigten bzw. der vom Kläger für das Jahr 2002 erklärten Sonderausgaben bzw. außergewöhnlichen Belastungen.

Unter Bezugnahme auf die Kompensationsnorm des § 177 Abs. 2 AO setzte der Beklagte die Einkommensteuer für die Streitjahre 1999 bis 2001 im Vergleich zu den ursprünglich bestandskräftig ...

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