Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Versagung des Freibetrags nach § 14a Abs. 4 EStG durch Betriebsaufgabe

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Wird der gesamte landwirtschaftliche Betrieb als organisatorische Einheit durch Entnahme oder Veräußerungen zerschlagen, so dass kein Betrieb mehr übrig bleibt, liegt eine steuerschädliche Unterbrechung i.S. des § 14a Abs. 4 EStG vor.

2) Bleibt nach der Veräußerung einzelner Betriebsteile oder deren Überführung in das Privatvermögen eine Restfläche übrig, die weiterhin bewirtschaftet wird und Betriebsvermögen darstellt, liegt keine der Steuerbefreiung entgegenstehende Zerschlagung des Betriebs vor.

3) Der Auffassung der Finanzverwaltung, der Betrieb bleibe nur dann bestehen, wenn der überwiegende Teil der nach Abfindung verbleibenden Nutzflächen an den Hofübernehmer übertragen werden kann (R 133b Abs. 1 Satz 4 EStR - nun § 14a Abs. 1 Satz 4 EStR), ist nicht zu folgen.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG § 14a Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.05.2011; Aktenzeichen IV R 7/09)

BFH (Urteil vom 05.05.2011; Aktenzeichen IV R 7/09)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Freibetrag gem. § 14a Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) wegen der Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs rückwirkend zu versagen ist.

Die Kläger sind Ehegatten, die in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte unter anderem Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die Klägerin erzielte keine Einkünfte. Der Kläger bewirtschaftete seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb von seiner Wohnung in X., Y.-Straße 01 aus. Zum Betriebsvermögen gehörten u. a. die Grundstücke in X., Flur 03, Flurstück 04 und Flurstück 05 (Y.-Straße 02). Diese beiden Grundstücke übertrug der Kläger mit notariellem Vertrag vom 19.02.1999 mit Wirkung vom 01.01.1999 auf seinen Sohn K. G.. Auf den Grundstücken befanden sich ein Wohnhaus, eine Scheune und ein Stall, welche die frühere Hofstelle des Klägers bildeten. In dem notariellen Vertrag, an dem auch die Klägerin und die anderen drei Kinder der Kläger beteiligt waren, verpflichtete sich K. G. im Hinblick auf die Übertragung des Grundstücks, dem Kläger und dessen Sohn S. G. die auf dem Grundstück stehende Scheune für landwirtschaftliche Zwecke zur Nutzung zu überlassen (§ 6 des Vertrages). Außerdem verzichtete K. G. – auch für seine Rechtsnachfolger – auf „sämtliche gesetzliche pflichtteilsrechtliche Ansprüche”, die ihm im Falle des Ablebens seiner Eltern zustünden (§ 7 Nr. 2 des Vertrages). Die anderen Kinder der Kläger verzichteten für sich und ihre Rechtsnachfolger auf ihr Pflichtteilsrecht in der Weise, dass der übertragene Grundbesitz bei der Berechnung des jeweiligen Pflichtteils ausscheiden sollte (§ 7 Nr. 1 des Vertrages). Hoferbe sollte nach den Vorstellungen der Kläger ihr Sohn S. G. sein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des notariellen Vertrags Bezug genommen.

Im Jahr 2002 fand eine Betriebsprüfung beim Kläger statt, welche die Veranlagungsjahre 1998 bis 2000 zum Gegenstand hatte. Der Betriebsprüfer wertete die Übertragung der Grundstücke im Jahr 1999 als Entnahme aus dem Betriebsvermögen. Nach den Feststellungen des Betriebsprüfers umfassten die übertragenen Grundstücke eine Fläche von insgesamt 2.009 qm. Die im Betriebsvermögen verbliebenen eigenen Grundstücke des Klägers wurden im Prüfungsbericht mit einer Fläche von insgesamt 125.810 qm angegeben. Davon wurden 45.000 qm verpachtet. Die restlichen eigenen Flächen bewirtschaftete der Kläger neben angepachteten weiteren Flächen (25.400 qm) teilweise landwirtschaftlich und teilweise forstwirtschaftlich selbst. Der Betriebsprüfer errechnete einen Freibetrag in Höhe von insgesamt 20.000,– DM gem. § 14a Abs. 4 EStG. Im Anschluss an die Betriebsprüfung erließ der Beklagte geänderte Einkommensteuerbescheide für 1998 und 1999, in denen er bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft jeweils einen Freibetrag in Höhe von 10.000,– DM anteilig berücksichtigte. Die Bescheide sind bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 16.12.2002 erklärte der Kläger dem Beklagten gegenüber die Aufgabe seines landwirtschaftlichen Betriebs zum 30.11.2002. Ausweislich der gutachtlichen Äußerung des Amtlichen Landwirtschaftlichen Sachverständigen vom 09.08.2005 war der Kläger im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe Eigentümer mehrerer landwirtschaftlicher Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 79.540 qm und mehrerer forstwirtschaftlicher Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 46.103 qm. Die forstwirtschaftlichen Flächen wurden von den Verfahrensbeteiligten steuerlich weiterhin als Betriebsvermögen behandelt. Am 04.08.2006 erließ der Beklagte für die Streitjahre Änderungsbescheide, in denen er die zuvor berücksichtigten Freibeträge nicht mehr ansetzte.

Die hiergegen eingelegten Einsprüche der Kläger blieben erfolglos. Mit Einspruchsentscheidung vom 08.12.2006 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück und führte aus, dass der Freibetrag rückwirkend zu versagen sei. Denn der Sohn S. G. ...

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