Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der missbräuchlichen Gestaltung gem. § 42 AO durch Zwischenschaltung einer Landwirtin in den Züchter-Mästerdirektverkehr bei Ferkellieferung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei summarischer Prüfung ist für den Streitfall festzustellen, dass die formale Zwischenschaltung der Astin. in den Züchter-Mäster-Direktverkehr eine Umgehung des UStG darstellt, um der Astin. einen Vorsteuerabzug zu verschaffen, der nicht durch wirtschaftliche oder sonstige außersteuerliche Gründe zu rechtfertigen ist.

2. Die Finanzbehörde ist zwar nach Treu und Glauben gebunden, wenn sie einem Stpfl. verbindlich zusichert, einen konkreten Sachverhalt, dessen steuerliche Behandlung zweifelhaft erscheint und für den Stpfl. wirtschaftlich bedeutsam ist, in einem bestimmten Sinn zu beurteilen. Voraussetzung für die Bindung ist aber, dass der für die spätere Entscheidung zuständige Beamte die Auskunft erteilt und zuvor der Stpfl. den Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten richtig dargestellt hat und offensichtlich ist, dass von der Auskunft gewichtige wirtschaftliche Entscheidungen abhängen.

 

Normenkette

AO § 42; UStG § 24 Abs. 1 iVm Abs. 2

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes, ob die für die Streitjahre 2010 bis 2015 an die Antragstellerin (Astin.) berechneten Ferkelverkäufe tatsächlich ausgeführt wurden, bzw. ob im Falle ihrer Ausführung ein Rechtsmissbrauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung (AO) zu bejahen ist.

Alleiniger Gesellschafter der durch Gesellschaftsvertrag vom 18.12.2002, auf den verwiesen wird, gegründeten Astin. war bei ihrer Gründung wie auch in den Streitjahren der T e.V. (e.V.) mit Sitz in I, dessen Mitglieder mit der Schweineproduktion befasste bzw. befasst gewesene Landwirte waren. § 1 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 18.12.2002 bestimmte: „Die Firma lautet: … GmbH”. § 2 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages in der Fassung vom 18.12.2002 lautete: „Gegenstand des Unternehmens ist der Bezug, die Erfassung und die Vermarktung von Schlacht-, Nutz- und Zuchtvieh sowie die damit im mittelbaren und unmittelbaren Zusammenhang stehenden Maßnahmen”. Nach der Beanstandung der Firma durch die Industrie- und Handelskammer … wurde § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages durch einen Gesellschafterbeschluss am 14.01.2003 wie folgt neu gefasst: „Die Firma lautet: W GmbH”. Die Geschäftsberichte vermerkten zur Geschäftstätigkeit vom 01.04.2003 bis zum 31.12.2003 u.a.: „In der Ferkelerzeuger-Mäster-Direktvermarktung ist der Umsatz etwas rückläufig, da einige Landwirte optieren und damit keine Differenz in der Umsatzsteuer ausweisen.” und zur Geschäftstätigkeit vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2012: „Wie im Vorjahr resultiert der Umsatz hauptsächlich aus den Rechnungen im Erzeuger-Mäster-Direktverkehr.” und zur Geschäftstätigkeit vom 01.01.2015 bis zum 30.06.2015: „Wie im Vorjahr resultiert der Umsatz hauptsächlich aus den Rechnungen im Erzeuger-Mäster-Direktverkehr”. Für die Streitjahre führte der Kreis I laut seiner Auskunft vom 25.09.2015 die Astin. nicht als Viehhandelsunternehmen im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr in der Fassung der Bekanntmachung vom 03.03.2010, BGBl I 2010, 203 (ViehVerkV).

Bis einschließlich 2014 reichte die Astin. unter Mitwirkung der … (Buchstelle) erstellte Körperschaftsteuer(KSt)-Erklärungen ein, in denen sie den Unternehmensgegenstand mit „Unterstützung bei der Vermarktung von Ferkeln und Mastschweinen” angab. In den am 25.02.2011 für 2010 und am 09.03.2012 für 2011 sowie am 19.02.2013 für 2012, ferner am 12.02.2014 für 2013 und am 27.05.2015 für 2014 beim seinerzeit für ihre Besteuerung örtlich zuständigen Finanzamt (FA) I eingereichten, unter Mitwirkung der Buchstelle erstellten Umsatzsteuer (USt)-Erklärungen erklärte die Astin. die Unternehmensart mit „GmbH”. Die Astin. erklärte für 2010 bis 2014 geringfügige Lieferungen und Leistungen zu 19 % und Lieferungen und Leistungen zu 7 % für 2010 von xxx €, darauf entfallende USt von xxx € und Vorsteuerbeträge von xxx €, für 2011 Lieferungen und Leistungen zu 7 % von xxx €, darauf entfallende USt von xxx € und Vorsteuerbeträge von xxx €, für 2012 Lieferungen und Leistungen zu 7 % von xxx €, darauf entfallende USt von xxx € und Vorsteuerbeträge von xxx €, für 2013 Lieferungen und Leistungen zu 7 % von xxx €, darauf entfallende USt von xxx € und Vorsteuerbeträge von xxx €, für 2014 Lieferungen und Leistungen zu 7 % von xxx €, darauf entfallende USt von xxx € und Vorsteuerbeträge von xxx €. Für 2015 liegt keine USt-Jahreserklärung vor. Die Astin. erklärte Vorsteuerüberschüsse für 2010 von xxx €, für 2011 von xxx €, für 2012 von xxx €, für 2013 von xxx € und für 2014 von xxx €.

Beim e.V. fand u.a. für die USt für 1998 bis 2000 eine Außenprüfung (Ap) statt. Das FA für Betriebsprüfung der Land- und Forstwirtschaft Q vermerkte in seinem Bericht vom 17.05.2001, dass der e.V. aus 21 Mitgliedern bestehe (Tz. 3). Der e.V. befasse sich im Wes...

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