Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung von Arbeitslohn bei Einschaltung privater Unternehmen in öffentlich finanzierte Entwicklungshilfeprojekte

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die ein Deutscher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Kenia als Arbeitnehmer eines in ein öffentlich finanziertes Entwicklungshilfeprojekt eingeschalteten inländischen privaten Unternehmens in Kenia bezogen hat, steht nicht Deutschland, sondern Kenia zu. Die Zwischenschaltung des privaten Unternehmens hat zur Folge, dass der Zusammenhang zwischen der Bereitstellung der staatlichen Mittel für das Projekt und dem Arbeitslohn unterbrochen oder zumindest derart „lose” ist, dass nicht mehr von einer Vergütung aus einer öffentlichen Kasse ausgegangen werden kann.

 

Normenkette

EStG §§ 19, 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b; DBA KEN Art. 15 Abs. 1 S. 1, Art. 18

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.03.2018; Aktenzeichen I R 42/16)

 

Tenor

Unter Änderung der Bescheide vom 12.10.2011 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 03.05.2013 wird die Einkommensteuer 2009 und 2010 dergestalt neu festgesetzt, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unberücksichtigt bleiben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu erstattenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit als angestellter Ingenieur bei der B. Partnerschaftsgesellschaft in C.. Für die Zeit vom 01.09.2008 bis 30.06.2011 wurde er gemäß Anstellungsvertrag vom 01.09.2008 (Anl. 5, Bl. 115, 116 der Verfahrensakte) für das Projekt „D.” nach Kenia entsandt. Grundlage seiner dortigen Tätigkeit war der Consulting-Vertrag zwischen der B… Partnerschaftsgesellschaft und der E. GmbH (seit dem 01.01.2011: F. GmbH) vom 28./30.10.2008 nebst Ergänzungsverträgen vom 08.07.2009 und 23.02.2011 sowie 03.02.2011 (Anl. 6-11, Bl. 117-171 der Verfahrensakte). Bei der F. GmbH handelt es sich um ein bundeseigenes, gemeinnütziges und weltweit tätiges Unternehmen der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung. Das Projekt wurde finanziert aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie aus Mitteln der Europäischen Union (sog. EU-Komponente). Auf die genannten Verträge wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Der Kläger hatte in den Jahren 2009 und 2010 seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland, sondern in Kenia. Die Familienwohnung in G., H.- straße, war in dieser Zeit vermietet. Der Kläger erklärte insoweit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Ein Lohnsteuerabzug wurde von der B… Partnerschaftsgesellschaft nicht vorgenommen.

Der Beklagte setzte mit Bescheiden vom 12.10.2011 die Einkommensteuer 2009 und 2010 unter Einbeziehung des Arbeitslohns unter Hinweis darauf, dass es sich hierbei nach § 49 Absatz 1 Nr. 4b Einkommensteuergesetz (EStG) um inländische Einkünfte handele, fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.

Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger geltend, das in Rede stehende Arbeitsentgelt unterliege nicht der Besteuerung in Deutschland. Er ist der Auffassung, Art. 15 Abs. 1 Satz 1 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kenia (DBA Kenia) weise das Besteuerungsrecht allein Kenia als Ansässigkeitsstaat zu. Aber auch aus Art. 18 DBA Kenia lasse sich keine Steuerpflicht in Deutschland herleiten. Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Norm könnten Vergütungen, die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften unmittelbar oder aus einem von diesen errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person für unselbständige Arbeit gewährt würden, nur in diesem Staat besteuert werden. Dieses so genannte Kassenstaatsprinzip komme im Streitfall jedoch nicht zur Anwendung, da es an einer unmittelbaren Vergütung des Kassenstaats Deutschland an ihn – den Kläger – fehle. Unabhängig von dem Kriterium der Unmittelbarkeit gelte zudem, dass die Leistungsbeziehung zwischen ihm – dem Kläger – und der B. Partnerschaftsgesellschaft nicht der Aufsicht der öffentlichen Hand unterstehe. Das Kassenstaatsprinzip finde seine Grenze bei dem ersten privatwirtschaftlichen Unternehmen, welches nicht einer öffentlichen Kontrolle unterliege. Dies sei bei der B. Partnerschaftsgesellschaft der Fall. Die gegenteilige Auffassung führte dazu, dass eine Besteuerung in Deutschland stets eingriffe, auch wenn die eingeschalteten Subunternehmer und von diesen beauftragte Arbeitnehmer aus Drittstaaten stammten und nichts mit Deutschland zu tun hätten. Zudem sei insbesondere zu berücksichtigen, dass das Entwicklungshilfeprogramm nicht ausschließlich durch Deutschland, sondern außerdem durch die EU finanziert worden sei. Nach Ziff. 5 des Protokol...

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