Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977, wenn das FA bei Kenntnis nicht anders entschieden hätte

 

Leitsatz (NV)

Macht der Erwerber eines Einfamilienhauses nach Festsetzung der GrESt im Hinblick auf die Vergünstigung nach dem GrEStEigWoG geltend, er habe schon beim Kauf des Grundstücks die Absicht gehabt, das Haus zu einem Zweifamilienhaus umzubauen, so ist eine Änderung der Steuerfestsetzung nicht vorzunehmen, wenn das FA im Falle der Kenntnis der Umbauabsicht bei Erlaß des Bescheides die Steuer nicht niedriger festgesetzt hätte.

 

Normenkette

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 2; GrEStEigWoG § 1

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Der Kläger erwarb durch notariell beurkundeten Vertrag vom 21. September 1979 ein bebautes Grundstück, das als Einfamilienhaus bewertet worden war. Er beantragte die Steuervergünstigung nach dem Gesetz zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen vom 11. Juli 1977 (GrEStEigWoG). Zur beabsichtigten Nutzung teilte er mit, daß das Haus von ihm und seiner Mutter bezogen werde.

Das beklagte Finanzamt (FA) setzte Grunderwerbsteuer unter Gewährung des für den Erwerb von Einfamilienhäusern geltenden Freibetrages von 250 000 DM fest. Ein von dem Kläger wegen der Aufteilung der Gegenleistung auf das Grundstück und auf das mitverkaufte Inventar eingelegter Einspruch führte zur Herabsetzung der Grunderwerbsteuer auf . . . DM durch Abhilfebescheid vom 24. April 1980.

Am 19. Mai 1981 beantragte der Kläger, den Bescheid gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zu ändern und die Grunderwerbsteuer um 3 500 DM auf . . . DM herabzusetzen. Zur Begründung trug er vor: Er habe schon beim Kauf des Grundstückes die Absicht gehabt, das Haus zu einem Zweifamilienhaus umzubauen, was inzwischen geschehen sei. Diese Tatsache, die er damals nicht angeführt habe, sei für das FA neu. Ihn treffe kein grobes Verschulden daran, daß das FA seine Absichten erst nachträglich erfahren habe. Denn seinerzeit habe er diese Umstände angesichts der Haltung der Verwaltung noch für unerheblich gehalten.

Das FA lehnte den Antrag auf Änderung der festgesetzten Grunderwerbsteuer ab. Die von dem Kläger nach Zurückweisung des Einspruchs erhobene Klage hat Erfolg gehabt. Das Finanzgericht (FG) hat das FA verpflichtet, den Bescheid vom 24. April 1980 dahin zu ändern, daß die Grunderwerbsteuer dem Klagantrag entsprechend auf . . . DM festgesetzt werde. Die Umbauabsicht des Klägers sei eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache. Den Kläger treffe an dem nachträglichen Bekanntwerden auch kein grobes Verschulden. Der von ihm rechtzeitig gestellte Antrag auf Steuervergünstigung decke auch die erhöhte Steuervergünstigung für den Erwerb eines Zweifamilienhauses ab.

 

Entscheidungsgründe

Die vom FG zugelassene Revision des FA führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

Die Klage ist deshalb unbegründet, weil die dem FA nachträglich bekannt gewordenen Umbauabsichten des Klägers auch bei rechtzeitiger Kenntnis dieser Absichten nicht dazu geführt hätten, daß das FA den Erwerb eines Zweifamilienhauses angenommen und eine geringere Steuer festgesetzt hätte. Dies aber ist nach dem Beschluß des Großen Senats vom 23. November 1987 GrS 1/86 (BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180) Voraussetzung dafür, daß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 angewendet werden kann.

Daß das FA bei voller Kenntnis der Umbauabsichten bei Erlaß seines Bescheides vom 24. April 1980 nicht anders entschieden hätte, ergibt sich eindeutig aus dem Einführungserlaß des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen zum GrEStEigWoG (vgl. Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen 1977, 346). Nach Abschn. II 1.1. sollte die Frage, ob der Erwerb eines Ein- oder Zweifamilienhauses vorliegt, nach der baulichen Gestaltung des Gebäudes im Zeitpunkt des Erwerbsvorganges entschieden werden. Ohne Bedeutung war es nach der Verwaltungsmeinung, daß das erworbene Objekt erst durch Umbau zu einem Zweifamilienhaus umgestaltet werden sollte. Es ist nicht anzunehmen, daß das FA entgegen den Anweisungen in dem Einführungserlaß entschieden hätte, denn das erste Urteil des erkennenden Senats, in dem eine von der Verwaltungsauffassung abweichende Auffassung vertreten wurde, ist erst am 25. Juni 1980 ergangen (vgl. II R 21/79, BFHE 131, 93, BStBl II 1980, 728). Damit steht fest, daß keine geringere Steuer festgesetzt worden wäre, wenn dem FA die Umbauabsichten bereits vor Erlaß des Abhilfebescheides vom 24. April 1980 bekannt gewesen wären.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415711

BFH/NV 1989, 137

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