Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur ausnahmsweisen Zulässigkeit der Beschwerdegegen einen gesetzlich unanfechtbaren Beschluß

 

Leitsatz (NV)

Die Geltendmachung der inhaltlichen Unrichtigkeit der finanzgerichtlichen Entscheidung rechtfertigt nicht die ausnahmsweise Zulässigkeit der Beschwerde gegen einen nach § 128 Abs. 3 FGO unanfechtbaren Beschluß.

 

Normenkette

FGO § 128 Abs. 3

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) gab dem Antrag der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) auf Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1979 bis 1981 (Streitjahre) zum Teil statt. Die Beschwerde ließ es nicht zu. Der Beschluß wurde den Antragstellern am 6. Oktober 1995 zugestellt.

Gegen den Beschluß wenden sich die Antragsteller mit der am ... beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Beschwerde.

Sie tragen vor, das FG habe § 180 Abs. 1 Nr. 2 b der Abgabenordnung (AO 1977) unzutreffend angewandt und entgegen dem Grundsatz von Treu und Glauben Verlustbeträge nicht anerkannt. Ferner habe es ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu Unrecht teilweise als unzulässig angesehen. Die Antragsteller halten die Beschwerde unter Hinweis auf den Beschluß des BFH vom 26. Mai 1977 V B 7/77 (BFHE 122, 256, BStBl II 1977, 628) für zulässig. Im Streitfall liege eine Sachgestaltung vor, bei der eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung ausnahmsweise anfechtbar sei. Denn der Beschluß des FG enthalte erhebliche verfahrensrechtliche und materiell-rechtliche Fehler.

Die Antragsteller beantragen, die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1979 bis 1981 in Höhe weiterer ... DM für 1979, ... DM für 1980 und ... DM für 1981 auszusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, ist unzulässig.

Gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) steht den Beteiligten gegen den Beschluß des FG nach § 69 Abs. 3 FGO über die Aussetzung der Vollziehung die Beschwerde nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Entscheidung über die Zulassung ist in die ausschließliche Zuständigkeit des FG gestellt. Im Streitfall hat das FG die Beschwerde nicht zugelassen. Der Beschluß des FG ist daher unanfechtbar. Die von den Antragstellern dennoch erhobene Beschwerde ist deshalb unstatthaft und muß als unzulässig verworfen werden.

Nach der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist die Beschwerde gegen eine Entscheidung, die -- wie hier -- nach dem Gesetz unanfechtbar ist, dann jedoch gegeben, wenn der Entscheidung jegliche gesetzliche Grundlage fehlt, insbesondere wenn eine Entscheidung dieser Art oder dieses Inhalts oder dieser Stelle oder aufgrund eines derartigen Verfahrens im Gesetz überhaupt nicht vorgesehen ist (BFH-Beschluß in BFHE 122, 256, BStBl II 1977, 628) bzw. wenn der Beschluß des FG unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist (BFH-Beschlüsse vom 25. Juli 1978 VII B 20/78, BFHE 125, 490, BStBl II 1978, 675, und vom 19. April 1989 II B 177/88, BFH/NV 1990, 576; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 128 Anm. 3; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 128 Rz. 80).

Die Antragsteller berufen sich für die Zulässigkeit ihrer Beschwerde zu Unrecht auf diese Ausnahme. Mit ihrer Beschwerde weisen sie nicht auf eine greifbare Gesetzeswidrigkeit des angefochtenen FG-Beschlusses in dem dargelegten Sinne oder auf schwerwiegende Verfahrensfehler hin, sondern machen die inhaltliche Unrichtigkeit der finanzgerichtlichen Entscheidung geltend. Derartige Mängel rechtfertigen nicht die ausnahmsweise Zulässigkeit der Beschwerde gegen den nach § 128 Abs. 3 FGO unanfechtbaren Beschluß des FG (s. a. BFH-Beschluß vom 25. September 1990 VII B 134/90, BFH/NV 1991, 470).

Es kommt hinzu, daß die Kläger mit ihrer erst am ... eingegangenen Beschwerde die mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 6. Oktober 1995 in Lauf gesetzte Beschwerdefrist von zwei Wochen (vgl. § 129 Abs. 1 FGO) versäumt haben, ohne daß insoweit Gründe für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgetragen wurden oder erkennbar sind. Nach der herrschenden Meinung müssen die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen wie Form- und Fristerfordernisse auch bei der außerordentlichen Beschwerde wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit eingehalten sein (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 54. Aufl., § 567 Anm. 7; Zöller/Gummer, Zivilprozeßordnung, 19. Aufl., § 567 Anm. 21, je m. w. N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 421471

BFH/NV 1996, 700

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